Mutterliebst (German Edition)
innerlich zusammen, wenn sie daran denkt, wie Tony wohl auf ihre einseitige Anordnung reagieren wird. Sie ist dankbar, dass sie nicht da sein wird, wenn er herausfindet, wo sie sich aufhält – und was sie tut. Georgia musste schwören, Tony zu erzählen, sie läge krank im Bett.
Gerade als sie sich mit einer Tasse Kaffee hinsetzt, klingelt ihr Handy. Sie greift danach und schaut auf das Display: Max. Ihr Herz pocht voller Panik. „Sweetheart, ist alles in Ordnung?“
In seiner Stimme liegen Zorn und Angst. „Was tust du in Chicago? Wie konntest du mich hier allein lassen und weggehen, ohne mir etwas zu sagen?“
„Max, es ist alles in Ordnung. Warte, woher weißt du, dass ich in Chicago bin? Hat Tony es dir gesagt?“
„Sevillas?“, schnaubt er. „Ich habe dich mit meinem GPS lokalisiert.“
„Welchem GPS?“
„Wir haben beide GPS – auf unseren iPhones, erinnerst du dich?“ Seine Stimme klingt grimmig. „Würdest du jetzt bitte aufhören, um den heißen Brei zu reden, und mir sagen, was du da treibst?“
Danielle schüttelt den Kopf. „Ich suche nach Beweisen. Für die Anhörung.“
„Warum Chicago?“, fragt er. „Sevillas hat mir von diesem Fastow erzählt, und ich habe ihn weiter überprüft.“
Sie verbringt die nächste halbe Stunde damit, Max davon zu überzeugen, dass sie rechtzeitig zur Anhörung zurück sein wird, dass es wichtig ist, dieser Spur in puncto Marianne nachzugehen, und dass er all seine Informationen zusammentragen und Sevillas zumailen soll. Falls sie nichts herausfindet, ist kein Schaden entstanden, und sie können sich voll und ganz auf Fastow konzentrieren, komme, was da wolle. Sie drängt Max, seine Nachforschungen fortzusetzen und die Augen offen zu halten, vor allem hinsichtlich Fastow. Sie hofft, dass ihn das ein wenig von seiner Angst vor der Anhörung und der Möglichkeit, dass sie es nicht rechtzeitig zurück schafft, ablenken wird. Im Geiste macht sie sich eine Notiz, Georgia anzurufen und sie zu bitten, heute so viel Zeit wie möglich mit Max zu verbringen. Wenn er seine Mutter schon nicht bei sich haben kann, dann zumindest die zweitbeste Lösung.
Jetzt tigert sie erneut durch den Raum und wartet darauf, dass ihre Straftat nicht umsonst war. Ihr zerwühltes Bett ist ein deutlicher Beweis für eine weitere schlaflose Nacht. Sie zwingt sich, auf der glatten Ledercouch Platz zu nehmen und eine Zigarette anzuzünden. Der Rauch schmeckt bitter. Gerade als sie die Augen schließt und anfängt, sich zu entspannen, klingelt ihr Handy von Neuem. Sie blickt auf das Display und nimmt den Anruf an. „Hallo?“
„Miss Talbert?“
„Am Apparat.“
„Hier ist Marcia, Dr. Jojanovichs Sprechstundenhilfe.“
„Ja, Marcia“, erwidert sie. „Vielen Dank, dass Sie so umgehend zurückrufen.“
„Nun“, entgegnet die Frau. „Da Sie behauptet haben, Ihr Fall sei dringend, hat sich der Doktor bereit erklärt, Ihnen gegen 12.30 Uhr ein paar Minuten einzuräumen.“
„Das ist großartig.“ Sie greift nach Stift und Block, die auf dem Couchtisch liegen. „Wenn Sie mir kurz eine Wegbeschreibung geben könnten.“
„Kommen Sie in die 5896 Polanski Avenue. Es ist am nordwestlichen Ende der Straße, vierter Stock“, erklärt die Sprechstundenhilfe. „Oh, und der Doktor hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, dass Sie alle Krankenakten mitbringen sollen, die Sie haben, da Sie eine neue Patientin sind. Er will sie durchgehen, bevor er selbst eine Akte anlegt.“
„Natürlich“, versetzt Danielle. „Ich bringe alles mit, was ich habe.“
Danielle sitzt auf dem Rücksitz des Taxis und schaut aus dem Fenster. Die glitzernden Geschäfte der Michigan Avenue lassen sie schnell hinter sich und fahren in die eher deprimierenden Stadtviertel von Chicago, bis sie ein schmales, baufälliges Gebäude erreichen. Das Messingschild über der Türklingel ist angelaufen, die Buchstaben kaum noch lesbar. Boris Jojanovich, Arzt. Sie drückt einen schäbigen Knopf. Die blecherne Stimme, die sich meldet, klingt wie die einer Achtzigjährigen. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Hier ist Miss Talbert. Ich habe einen Termin beim Doktor.“
„Oh, ja“, erwidert die Stimme. „Ich lasse Sie rein.“
Irgendwo in der Nähe der Türklinke erschallt ein Summen wie ein elektrischer Rasierer, der kurz davor steht, den Geist aufzugeben. Danielle drückt fest gegen die Tür, die sich schwerfällig bewegt und dann mit einem lauten Knall hinter ihr zufällt. Eine Liste der Mieter ist mit Tesafilm
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