Mutterliebst (German Edition)
schildern, an das sie sich erinnern kann. Vielleicht macht es dann irgendwann klick. „Sie ist eine Witwe, die die Ausbildung zur Ärztin durchlaufen hat, aber nie als solche gearbeitet hat. Stattdessen wurde sie Krankenschwester. Oh, und ich weiß, dass sie sehr gut mit Computern umgehen kann. Sie hat sie sehr oft benutzt, als sie noch Krankenschwester war. Ihr Sohn, Jonas, hatte schwere psychische Probleme. Er wurde in Pennsylvania geboren.“ Ihre Stimme verstummt.
Jojanovich blickt sie traurig an. „Es tut mir wirklich leid, Miss Parkman. Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.“
Danielle seufzt. Wortlos geht sie auf ihn zu und schüttelt seine Hand. Als sie sich niedergeschlagen von Marcia verabschiedet und den langsamen Abstieg zur Straße beginnt, wirbeln ihre Gedanken nur so durcheinander. Was jetzt? Alles, was ihr noch übrig bleibt, ist eine kaum lesbare Adresse in Chicago, die sie auf dem Rand eines Dokuments von Maitland gefunden hat. Sie weiß nicht mal, ob es etwas mit Jonas zu tun hat. Wenn ihr Besuch bei Jojanovich ein Omen ist, dann handelt es sich auch dabei wieder um eine Sackgasse. Warum sollte Marianne eine Einweisung für Jonas gefälscht haben? Gott allein weiß, dass er eine psychiatrische Einrichtung wirklich brauchte. Der Arzt muss lügen. Oder er will einfach in nichts hineingezogen werden. Doch wenn er Jonas einfach nur nach Maitland überwiesen hat, warum sollte er dann Angst vor einem Behandlungsfehler oder Ähnlichem haben? Danielle kennt die Antwort, ehe sie die Frage ganz zu Ende gedacht hat. Weil jeder jeden für alles verklagen kann. Das hier ist Amerika.
Sie winkt sich ein Taxi und wickelt sich fester in ihren Regenmantel. In der Ferne brauen sich dunkle Wolken zusammen. Während sie den Fahrer anweist, sie ins „Whitehall“ zu bringen, klingelt ihr Handy. Sie schaut aufs Display. Es ist Doaks. Er muss glauben, dass sie in ihrem Apartment sitzt und exakt das tut, was er ihr aufgetragen hat: die beiden ihren Job machen lassen. Sie ignoriert den Anruf.
Sie kann einfach nicht mit leeren Händen zurückkehren.
24. KAPITEL
Danielle betritt in dem Moment die Hotellobby, als der Himmel die Schleusen öffnet. Der Mann an der Rezeption reicht ihr mit einem leisen Lächeln den Messingschlüssel zu ihrem Zimmer und erkundigt sich höflich, wie ihr Tag war. Sie murmelt irgendeine Antwort und fragt, ob Nachrichten für sie eingegangen seien. Es gibt eine von Max. „Ruf mich an.“ Woher weiß er, in welchem Hotel sie sich aufhält? Sie schüttelt den Kopf. Im Moment kann sie nicht mit ihm reden, nicht ohne auch nur den Hauch eines Beweises gefunden zu haben, der ihren impulsiven Flug nach Chicago rechtfertigen würde. Und schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass ihre Dummheit sie ins Gefängnis bringen könnte, von wo aus sie ihn niemals retten kann. Sie bringt es auch nicht über sich, ihm zu sagen, dass es nicht ausreicht, Fastow die Schuld für den Mord zu geben, weil Max das nur eine regelrechte Gefangennahme in Maitland einbringen würde – vermutlich für Jahre. Georgia hat gestern angerufen und Danielle hat ihr erklärt, warum sie sich in Chicago aufhält. Georgia war entsetzt, dass Danielle ein solches Risiko eingegangen ist, aber sie hat versprochen, ihren Aufenthaltsort nicht preiszugeben. Sie hat ihr außerdem versichert, dass es Max gut geht, doch Danielle hat der Stimme ihrer Freundin angehört, dass Max’ Verfassung nicht die beste ist. Sie ist sich sicher, dass er mittlerweile panisch ist, weil sie sich nicht mehr in seiner Nähe befindet. Rasch schickt sie ihm eine SMS, in der sie ihm sagt, dass sie ihn liebt und ihn bald anrufen wird.
Eigentlich will sie nur eins: nach oben gehen, in einem heißen Bad versinken und die Hoffnungslosigkeit vergessen, die nun ihr Leben bestimmt. Der Fahrstuhl ist leer. Das leise Surren der gut geölten Maschinerie wirkt wie ein Metronom auf ihre Nerven. Als sie ihr Stockwerk erreicht, fühlt sie sich völlig erschöpft. Sie steckt den Schlüssel ins Loch, dreht ihn und betritt ihre Suite. Die Vorhänge sind zurückgezogen. Sie streift Schuhe und Jacke ab. Die Kombination aus trübem Nachmittag und dem flauschigen Teppich unter ihren Füßen macht sie plötzlich schläfrig. Da sie zu müde ist, um sich auch nur ein Bad einzulassen, geht sie gleich ins Schlafzimmer hinüber. Ehe sie es erreicht, hört sie etwas. Es scheint aus dem Wohnzimmer zu kommen. Sie bleibt stehen. Lauscht. Nichts. Als sie sich wieder auf den Weg zum
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