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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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kommen.“
    „Passen Sie auf“, versetzt er. „Hier ist der Deal – kein Bullshit. Ein siebzehnjähriger autistischer Junge wurde ermordet oder beging Selbstmord in einer psychiatrischen Klinik in Iowa. Der Junge hat hier gelebt. Ich versuche, einiges über die Mutter herauszufinden.“
    Sie schaut auf, wie ein Papagei, der auf ein Leckerli wartet. „Was kümmert es Sie?“
    „Ich vertrete einen anderen Jungen, der sich im selben Krankenhaus aufgehalten hat und dem der Mord zur Last gelegt wird“, erklärt er. „Ich glaube nicht, dass er es getan hat. Deshalb versuche ich, ein paar Informationen zu dem toten Jungen auszugraben, um zu beweisen, dass er sich selbst getötet hat. Also, was können Sie mir sagen? Wie lange haben sie hier gelebt? Hat sie irgendwas zurückgelassen?“
    Die alte Lady grinst. „Was springt für mich dabei heraus?“
    Die Überraschung besteht eher darin, dass sie nicht schon früher gefragt hat.
    „Was halten Sie denn für fair?“ Er hält eine Hand hoch. „Nicht völlig verrückt, sondern fair.“
    Sie streckt ihre dünnen Arme aus. „Schauen Sie sich um, Mister. Ich bin eine alte Frau ohne Geld, Familie – nichts.“ Sie tippt sich mit dem Finger gegen die Schläfe. „Abgesehen von dem, was hier oben drin ist und den paar Kröten, die ich durch die Vermietung dieses lausigen Besitzes für eins der großen Tiere Downtown bekomme. Jetzt verraten Sie mir mal, was daran fair ist?“
    „Zwanzig Dollar.“ Eigentlich hat er vor langer Zeit aufgehört, echtes Geld zu bezahlen, um sich die traurigen Klagen alter Frauen anzuhören. Was auch immer er ihr gibt, wird bereits ein Loch in ihre Leber brennen, bevor er aus der Tür ist.
    „Fünfzig“, kontert sie, wobei ihre Augen gierig funkeln.
    „Einverstanden.“ Er fischt zwei zusammengeknüllte Zwanziger und einen Zehner heraus und drückt sie ihr in die Hand.
    Sofort schiebt sie die Geldscheine unter den Träger ihres schäbigen Nachthemds. „Ich würde sie ja hier verstauen …“, sie deutet dorthin, wo ihr Dekolleté einmal gewesen war, „… aber sie würden gleich auf dem Boden landen, sobald ich aufstehe.“
    „Schießen Sie los.“
    „Die Frau hat nur Ärger bedeutet“, beginnt sie. „Hat mit ihrem verrückten Kind vor etwa zwei Jahren hier gewohnt. Braunes Haar, schicke Klamotten, Unmengen Make-up – aufgetakelt bis zum Gehtnichtmehr. War immer zu spät dran mit der Miete. Ich war so dumm und hab es ihr durchgehen lassen.“ Sie zuckt die Achseln. „Der Junge, wissen Sie. Er hat mir leidgetan. Wie auch immer, sie hatte den ganzen Tag Leute von der Kirche hier. Die haben sich um den Jungen gekümmert, während sie irgendwo Downtown gearbeitet hat. Dieses Kind war total verstört. Hat immer merkwürdige Geräusche von sich gegeben und sich ständig gekratzt. Nach ungefähr einem Jahr ist sie abgehauen.“
    „Wissen Sie, wo sie hin ist?“
    „Nee.“ Sie schenkt Doaks einen weiteren Schluck ein. „Weiß ich nicht, und es ist mir auch egal. Hab schwer eins aufs Dach gekriegt von dem Besitzer, das kann ich Ihnen sagen.“
    „Hat sie irgendwelche persönlichen Dinge hier gelassen?“
    Die alte Frau johlt. „Ha! Sie hat mir einen Haufen Dreck dagelassen – das hat sie getan. Die Bude war völlig hinüber.“
    Er seufzt. „Hat sie irgendwas dagelassen, worauf ihr Name steht? Schecks, Rechnungen, Notizblöcke?“
    Ihre Augen verengen sich wie bei einer Katze, die ihre Beute beobachtet. Er spürt förmlich, wie seine Brieftasche zu brennen beginnt. Er wird ihr noch mehr Geld geben müssen, um weiterzukommen, aber er muss es ihr nicht leicht machen. Langsam zieht er einen weiteren Zwanziger aus seiner Brieftasche. „Für nichts gibt’s nichts. Sie bekommen das erst, wenn Sie mir etwas liefern, das ich von hier mitnehmen kann. Und damit meine ich nicht alte Stiefel oder Haarklammern. Ich meine etwas, worauf ihr Name steht – etwas, das ich verwerten kann.“
    „Da ist nicht viel“, gibt sie zu.
    „Nicht viel wovon?“
    „Ich habs Ihnen doch gesagt“, erwidert sie. „Sie ist hier abgehauen und hat mir einen Haufen Müll hinterlassen: schmutzige Klamotten, vergammeltes Essen in der Küche, all der Dreck, den ich für sie beseitigen konnte.“ Sie fährt mit der Hand durch die Luft und deutet auf alles und nichts. „Das Meiste hab ich dem Müllmann rausgeworfen – alte Papiere, Rechnungen, solches Zeugs. Aber ich hab immer noch einen Karton mit ihrem Kram oben auf dem Speicher.“ Sie zeigt in Richtung oberes

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