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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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Stockwerk, wobei ihre Augen erneut gierig nach dem Geldschein in seiner Hand lugen.
    „Nicht so schnell, Schwester.“ Er steckt den Zwanziger wieder in seine Tasche und steht auf. „Zeigen Sie mir das erst mal. Wenn es nichts wert ist, behalten Sie Ihre fünfzig Piepen, und ich mache mich vom Acker. Capito? “
    Die alte Lady funkelt ihn zornig an, erhebt sich aber unsicher von ihrem Sessel. Scotch und alte Knochen sind keine gute Mischung, um in Bewegung zu kommen. Sobald sie sicher auf den Füßen ist, schlurft sie langsam voran, während Doaks ihr nach oben in ein Schlafzimmer folgt, das gerade mal groß genug ist, um eine Matratze zu beherbergen und nicht viel mehr. Sie deutet auf den Wandschrank. Er öffnet die Tür und schaut hinein. Der Schrank ist vollgepackt mit Kleidern, die nach dem Lavendelzeug stinken, das alte Ladys so lieben. Doaks schiebt das Durcheinander auf dem Boden mit dem Fuß zur Seite.
    „Haben Sie eine Leiter?“ Er schwitzt bereits wie ein Hafenarbeiter. Die Luft in diesem Raum ist seit 1928 nicht mehr bewegt worden. Sie zeigt in die Ecke. Er stapft rüber und stellt einen wackligen Stuhl unter die Öffnung in der Decke des Wandschranks, die so niedrig ist, dass er schon im Stehen seinen Kopf in den Speicher stecken kann. Es ist stockdunkel bis auf die Lichtstreifen, die durch ein paar Löcher im Dach fallen. Stöhnend versucht er, seinen untrainierten Körper durch die Speicheröffnung zu hieven. Nach mehreren kläglichen Versuchen und ausgiebigen Flüchen gelingt es ihm schließlich. Der Gestank, der ihm entgegenschlägt, ist eine Mischung aus Rattenkot, Schimmel und Fäulnis. „Großartig.“
    „Da oben ist irgendwo ein Lichtschalter“, ruft die alte Frau. „Setzen Sie sich nicht drauf.“
    „Das sagt sie mir jetzt“, murmelt Doaks. Er tastet nach rechts und nach links, doch er stößt nur auf Schmutz und verrottetes Holz. Er streckt die Hand ein bisschen weiter aus und entdeckt einen Schalter, der an einem alten Balken angebracht ist. Er drückt ihn. Nichts. „Haben Sie eine Taschenlampe?“
    Offensichtlich hatte auch die alte Lady nicht sonderlich viel Zutrauen in die antike Glühbirne. Während er sich da oben durch Rattenscheiße kämpft, hat sie doch tatsächlich eine anständige Taschenlampe zutage gefördert. Ihr dritter Wurfversuch schafft es bis zu seinem Knie, sodass er blitzschnell zugreift. Er schwitzt so stark, dass richtige Schweißbäche über seinen Rücken strömen.
    „Zuerst der verfickte Regen und jetzt ein verdammtes Inferno“, flucht er. Er würde zu gern Sevillas sehen, wie der hier oben auf Händen und Knien rumrutscht, von Fledermauskacke bedeckt oder was auch immer das hier ist. Während er den Lichtkegel hin und her schwenkt, tauchen die hässlichen Silhouetten von ein paar Ratten und eine bewegliche Wand aus Kakerlaken auf und verschwinden in der Dunkelheit. Er kann nicht behaupten, dass ihm das Geräusch krabbelnden Ungeziefers in der Dunkelheit sonderlich behagt.
    Sein Handy klingelt. „Fick dich, Rachel“, schnauzt er. Rasch fischt er das Telefon aus der Tasche und klappt es auf. „Was?“
    „Ich bin’s, Danielle.“
    „Und ich dachte schon, es wäre die Königin von Saba“, knurrt er. „Ich stecke hier knietief in Rattenscheiße.“
    „Haben Sie irgendwas gefunden?“
    „Nein, genau wie ich Ihnen gesagt habe. Ich hoffe, Sie haben Ihr Zeugs gepackt, denn wir brechen in einer Stunde auf.“
    „Bitte, Doaks, versuchen Sie Ihr Bestes“, fleht sie. „Es ist die einzige Spur, die wir haben.“
    „Dann hören Sie auf, mich zu stören“, versetzt er. „Ich gebe dem Ganzen hier noch zwei Minuten, und dann bin ich draußen.“ Er klappt das Handy zu und schiebt es wieder in die Tasche. Dann lässt er den Lichtstrahl über den Boden wandern und entdeckt drei Kartons. Er leuchtet in den ersten hinein. Alte Fotos einer jüngeren Version der Frau von unten. Das Alter ist nicht gerade sanft mit ihr umgesprungen. Der zweite Karton zerfällt, als er versucht, ihn zu öffnen. Er rückt zu der letzten Box vor und nimmt den Deckel ab. Darin befindet sich ein merkwürdiges Sammelsurium. Alte Portemonnaies, einzelne Schuhe ohne Gegenstück, ein Regenschirm, der kaum noch Speichen hat. Er findet ein rotes Lederhalsband mit einer kleinen schwarzen Box daran und hält es ins Licht. Es ist eins dieser raffinierten Elektrohalsbänder für Hunde.
    Doaks’ Frustration wird immer größer. Hier oben ist nichts außer einem Haufen Müll, den jeder wegwerfen

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