Mutterliebst (German Edition)
Tat.“
Doaks winkt ab. „Was auch immer.“
„Was ist mit den Tabletten?“, fragt Danielle.
„Dasselbe.“
„Rechtzeitig zur Anhörung?“
„So soll es sein.“ Er steht auf. „Und ein weiterer Grund, warum wir endlich von hier verschwinden und diesen Flieger erwischen sollten.“ Er deutet auf ihren Koffer. „Auf geht’s.“
Sie rührt sich nicht.
„Ich sage das nicht zweimal, Danielle.“ Es ist das erste Mal, dass er ihren Vornamen benutzt.
Sie erhebt sich. „Ich werde zurückkommen. Nachdem ich diese Adresse überprüft habe.“
„Oh, Gott verdammt noch mal. Frauen!“ Er setzt seinen Hut auf und greift nach dem Formular in ihrer Hand. „Geben Sie es mir schon.“
„Nein.“
Er marschiert auf sie zu. „Ich sagte, geben Sie es mir.“
Sie händigt ihm das Papier aus. „Es spielt keine Rolle. Ich kenne die Adresse auswendig.“
„Sieh mal einer an.“ Er stopft den Wisch in die Tasche seines Regenmantels. „Wenn wir nicht sowieso noch Zeit totschlagen müssten, würde ich das nicht machen. Jetzt platzieren Sie Ihren Hintern auf dem Sofa und lassen Sie ihn da, bis ich zurückkomme.“
Danielle setzt bereits an, mit ihm zu streiten, doch dann wirft sie einen Blick auf sein Gesicht und überlegt es sich anders. Er geht auf die Tür zu. Sie folgt ihm, wobei sie sich völlig nutzlos vorkommt. „Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht begleiten soll?“
Er wirft ihr einen stummen Blick zu.
„Doaks, ich …“ Die Worte stecken in ihrer Kehle fest.
„Ja, Sie schulden mir was, und wie.“ Seine Stimme ist barsch, aber in seinen Augen erkennt Danielle echte Zuneigung. „Tun Sie mir einen Gefallen, ja?“
„Natürlich.“
„Lassen Sie Ihr verdammtes Handy an und gehen Sie ran, wenn ich anrufe.“ Er kneift sie ins Kinn, zwinkert ihr zu und stapft dann den Gang hinunter. Sie schließt die Tür. Und wartet.
25. KAPITEL
Der Himmel ist genauso düster wie Doaks’ Stimmung. Starker Regen klatscht gegen die Windschutzscheibe und bedeckt sie wie eine zweite Schicht trüben Glases. Das Taxi bahnt sich den Weg durch verwahrloste Straßen. Die Reifen holpern durch tiefe Schlaglöcher und spritzen Wasser auf, das sich mit dem schmutzigen Strom vermischt, der zu beiden Seiten des Bordsteins dahinfließt. An jedem Stoppschild zieht der Fahrer die Straßenkarte zurate und späht durch die Sintflut, um auf Kurs zu bleiben. Reihenhäuser ragen hinter schiefen Bürgersteigen und überquellenden Mülltonnen auf. In dieser Gegend ist Schimmel sowohl ein Geruch als auch eine Farbe. Er kriecht aus dem Boden bis hinauf zu den Dachsparren.
Doaks kennt diese Häuser, diese Menschen. Es sind hart arbeitende Leute, die Angst davor haben, zu hoffen, die Dinge könnten besser werden, und noch mehr Angst davor, dass alle Hoffnung der Welt nicht ausreicht, um es Wirklichkeit werden zu lassen. Schließlich hält der Fahrer am Bordstein und zeigt auf ein Haus. Doaks bittet ihn, eine Weile zu warten. Er greift nach seinem Regenmantel, schlägt den Kragen hoch und rennt die Stufen zur Veranda eines alten Backsteinhauses hinauf, das genauso aussieht wie alle anderen. Dort angekommen, schüttelt er sich wie ein nasser Hund, dann hämmert er gegen die Tür. Keine Antwort.
Er legt die Hände an ein schmutziges Fenster und späht hinein. Um besser sehen zu können, wischt er mit dem Ärmel über die Scheibe, doch schnell muss er feststellen, dass der Schmutz nicht außen sitzt. Also kneift er noch angestrengter die Augen zusammen und erkennt ein trübes Licht in der Eingangshalle. Er drückt die Klingel. Während er wartet, betrachtet er die Veranden der angrenzenden Häuser, doch er sieht niemanden. Sind vermutlich alle bei der Arbeit, denkt er. Wenn es nicht so stark regnen würde, dann würden Kids in der Straße spielen oder alte Leute Zigarre rauchen – es wäre irgendjemand da, mit dem er sich unterhalten könnte.
Nachdem er fünf Minuten lang gegen die Tür gehämmert hat, flucht Doaks. Mittlerweile spürt er die Kälte bis in die Knochen. Er stampft mit seinem Absatz eine alte Zigarettenkippe in den Boden der Veranda hinein. Die Kippe zerbröselt und verteilt sich über das Holz. Noch einmal drückt er lang und ausgiebig auf die Klingel. So, er hat’s versucht. Eine Sackgasse, genau wie er ihr gesagt hat. Ein Blick auf die Uhr. Er hat noch mehr als genug Zeit, sie abzuholen und mit ihr zum Flughafen zu fahren.
Gerade als er sich umdreht und die erste Stufe hinuntergeht, hört er ein Geräusch hinter sich.
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