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Muttersohn

Muttersohn

Titel: Muttersohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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betete es jetzt. Er spürte, dieses Gebet musste jetzt sein. Nach diesem Nachmittag. Eine Art Wiedergutmachung für seine Seele. Und so betete es in ihm:
    Irrlicht, nur dir folge ich.
    Nur im Irrlicht ertrage ich die Welt.
    Von nichts als vom Irrlicht ist meine Welt erleuchtet.
    Jedes andere Licht ist Dunkelheit.

14.
    Jetzt wusste Percy, wohin mit der Urne. Zu Mutter Fini. Und durfte sich darüber wundern, dass ihm das beigebracht werden musste. Zu Fuß nach Stuttgart.
    Dann meldete sich aber Fred. Und Percy spürte das Wort, das Mutter Fini gebraucht hatte. Wenn eine Notwendigkeit nach der anderen erlebt wird, kommt man sich geleitet vor. Ja, dann auch noch Fred. Der schon in der ersten Minute sagte, dass er nur komme, um zu verhindern, dass Percy noch einmal einem Meckmann zum Opfer falle.
    Lieber dir, sagte Percy.
    Stimmt, sagte Fred.
    Percy saß mit ihm, dick vermummt, sechs Stunden unter den schon blattlosen Platanen auf der früheren Patiententerrasse und sagte, der Rhein sei Zeuge und das reglose Ungetüm der Bäume drüben am anderen Ufer auch, er brauche, wenn er darauf reagiere, dass Fred auftaucht, Zeugen.
    Zähl mich dazu, sagte Fred.
    Keinesfalls, sagte Percy, du bist schuld, dass ich, was ich jetzt sage, sagen kann. Und erzählte ihm, was er inzwischen, also seit der Talkshow, erlebt und erfahren hatte und was das mit ihm gemacht hatte.
    Zuletzt waren die Jollynecks dran. Katze. Und dass er, Percy, seit dem das Fernsehen als Weltzustand verstehe.
    Fred sagte: Bravo. Und, sagte er, jetzt pass auf. Sepp Murr, der Kameramann, und Nikolaus Angerpointner, der Tonmann, beide habe er im Ort untergebracht, er und die zwei waren bei den Jollynecks. Katze hatte sich mehr als einmal gemeldet, energisch und erpresserisch, wenn Fred Friedrich nicht reagiere, mache er den Film mit ORF oder ARTE oder BBC . Also sind sie hin, haben sich alles vorführen lassen und haben gedreht, der Film läuft nächste Woche. 27 Minuten, Titel: Hasse deinen Nächsten statt dich selbst. Die haben toll mitgemacht. Motorradparaden, Sprechchöre, schärfste Monologe. Der Schluss im Chor: Das Leben ist eine Überanstrengung. Wie der Film im Sender akzeptiert und abgelehnt und wieder akzeptiert und noch einmal abgelehnt wurde, bis er dann endgültig angenommen war, das beweist Fred, dass der Film keinen unbeteiligt lässt. Katze habe übrigens immer wieder von Percy gesprochen, ja, fast geschwärmt. Nicht vor laufender Kamera, aber so, im Gespräch. Er habe sogar gesagt, erst als er Percy in der Talkshow gesehen habe, sei er von der Idee heimgesucht worden, sich an Fred Friedrich zu wenden. Was Percy da entwickelt habe, sei klasse, nur falsch gepolt. Und Fred schloss: Wenn Percy den Jollynecks-Film sehen wird, wird er sagen, dass darauf mit einem Percy-Film geantwortet werden muss. Das habe er auch denen im Sender gesagt. Er habe denen die Talkshow vorgespielt. Als Gegenprogramm. Das natürlich der Ausarbeitung bedarf in einem Film. Deshalb ist er da. Mit Sepp Murr und Nikolaus Angerpointner. Die warten nur auf das Signal. Das Milieu hier, spitze.
    Percy sagte, ob hier gedreht werden kann, entscheidet allein Elsa Frommknecht. Frag sie heut Abend. Aber noch eine Frage: Du lernst Motorrad?
    Fred zog das rechte Hosenbein hoch. Da schau. Wenn ich fünfmal den Starthebel drücken muss, bis das Bike anspringt, schlägt es sechsmal zurück. Und immer gegens Schienbein.
    Und warum, fragte Percy.
    Ach weißt du, sagte Fred, wenn du einen Film machst, musst du dich anstecken lassen. Du musst ansteckbar sein. Das kannst du nicht heucheln. Er hat als Fünfzehnjähriger eine alte Yamaha 250 gehabt. Von seinem älteren Bruder. Der war weg. Im Keller die Yamaha. Fred durfte nicht fahren damit. Also hat er sie auseinandergenommen. Nachher nicht mehr zusammengebracht. Dann kommt der Bruder zurück. Fährt inzwischen eine Honda 500. Will die Yamaha verkaufen. Aber die liegt in hundert Stücken im Keller. Gab eine furchtbare Geschichte. Seit dem ist Motorrad ein Traum von ihm. Ein schmerzlicher.
    Ach Fred, sagte Percy.
    Fred sagte: Ja?
    Percy sagte: Schrecklich, was man alles nicht weiß vom anderen.
     
    Am Abend die Versammlung im Empfangssalon der Abtswohnung, die jetzt Elsas Wohnung war. Kirki, Massimo, Innozenz, Elsa, Sandra und Percy. Und eben Fred. Percy erbat die Zustimmung der anderen, dass Fred dabei sein dürfe.
    Fred trug vor, dass er auch einen Film drehen wolle über die Akademie für Unvollendete. Elsa zögerte. Sie sei inzwischen tief in den

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