My Story - Streng geheim - Aller guten Jungs sind drei
seid ihr braun gebrannt! Ach, wie gut seht ihr aus! Ach, wie toll euch die Dirndl stehen!«.
Das ging, bis Hubertusâ Geduld zu Ende war. Er blickte sich um. »Alles schon besetzt?«
Klar, am langen Ersatztisch gabâs freie Plätze, aber am Ersatztisch saà meine Ma. Hubertus kannte sie nicht.
Emir legte den Arm um meine Schultern, Oma Sevde wackelte mit dem Zeigefinger und machte sofort ts, ts, ts. Dann marschierte sie los und alle folgten. Alle. Alle auÃer meinem Pa. Dem kugelten beinahe die Augen aus dem Kopf.
Allmächtiger!
Die Welt ging unter.
Eine Ohnmacht nahte.
Ich schloss die Augen.
Eine Ewigkeit später sagte Emir: »Zippi, du kannst deine Augen wieder öffnen. Alles ist gut.«
Ich machte die Augen auf. Da saÃen sie am langen Tisch; am einen Kopfende meine Ma, am anderen mein Pa. Dazwischen und gegenüber alle anderen.
Die Welt war nicht untergegangen. Weil sie sich tatsächlich noch im gewohnten Zustand befand, erwachte ich aus der gefühlten Ohnmacht und schritt an Emirs Seite mutig zum Tisch, an dem die geschlossene Gesellschaft Platz genommen hatte.
»Musstet ihr immer so schuften wie die da?« Markus deutete gerade auf die Aushilfsfrauen. Martas Markus ist fünfzehn. Er ist nie eine Hilfe. Wenn er nicht in der Schule ist, kickt er auf dem FuÃballplatz.
»Wir haben nicht geschuftet.« Marta freute sich wirklich über den Besuch ihrer Lieben. »Wir helfen gerne aus. Stimmtâs, Zippi?«
»MüÃiggang ist aller Laster Anfang.« Manfred, Martas Vater, betrachtete wohlwollend die groÃe Zahl der Gäste. Mit Hausarbeit beschäftigt er sich nicht gerne, viel lieber pflegt er seine Aura und legt blöde Tarotkarten für nette Nachbarinnen.
Oma Sevde studierte bereits die Speisekarte und lieà sich von Marta das Wort »Scheiterhaufen« erklären. Mathilde, Martas Mutter, sagte schon zum fünften Mal, wie sehr sie sich freue, dass ihre Tochter so schöne Ferien in der gesunden Bergluft erleben dürfe, mein Pa sagte nichts, meine Ma auch nicht.
Niemand hatte bemerkt, dass Michel, Martas neunjähriger kleiner Bruder, nicht am Tisch saÃ. Das fiel erst auf, als Yasmina mit den Getränken kam.
Da warâs auch schon zu spät.
Es knallte.
Ein Mal.
Zwei Mal.
Drei Mal.
Menschen schrien auf, lachten, schimpften, wischten Wasser von Jacken und Hemden, trockneten ihre Gesichter. Gläser und Flaschen waren umgefallen und Geschirr war kaputtgegangen.
Michel brüllte.
Ein stämmiger Mann in kurzer Lederhose, mit grünem Hut und grünen Kniestrümpfen schüttelte Michel, als wäre er ein nasser kleiner Kater.
Dann lieà er ihn los und Michel rannte davon.
Er sauste zum Brunnen, kletterte auf den aufrecht stehenden Teil, in dem sich auch das Wasserrohr befindet, setzte sich rittlings darauf und schrie: »Fang mich doch!«
Der Mann lachte und winkte ab.
Aber ein Hund wollte Michel fangen und schnappte nach seinem Bein. Michel zog das Bein an und - platsch!
Oma Sevde klatschte fröhlich in die Hände und fragte Mathilde, ob sie für Michel Kleider zum Wechseln dabeihabe.
Mathilde hatte nicht daran gedacht, schlieÃlich war Manfred der Hausmann, aber der hatte nur seine Tarotkarten eingesteckt.
Folgendes war geschehen:
Da Marta ihren Lieben Karten mit dem Foto der Jägeralpe geschickt hatte, wusste Michel vom Brunnen. Michel ist ein arbeitsscheuer, aber pfiffiger Junge und plante eine kleine lustige Einlage, die den Besuchstag durch Frohsinn und Heiterkeit auflockern würde.
Kaum war er hier heroben, erspähte er den Brunnen und schritt unverzüglich zur Tat. Im Nu füllte er drei Luftballons mit Wasser, knotete sie zu und legte sie auf drei Tische. Als die Gäste fragten, was er damit vorhabe, nahm er den Sticker mit der Aufschrift »Kleines Engelchen« von seiner Brust und hob ihn hoch. »Das werdet ihr gleich sehen!«, rief er und stach die Nadel in die Ballons. Er sprang so blitzschnell von einem Tisch zum anderen, dass die zum Bersten gefüllten Ballons platzten und das Wasser nach allen Seiten spritzte, bevor die Gäste auch nur einen klaren Gedanken fassen konnten.
Mathilde war alles furchtbar peinlich. Mir wäre es auch peinlich gewesen, aber ich hätte mich nicht entschuldigt. Ich hätte verlangt, dass sich Manfred, der Hausmann, entschuldigt. Er ist für die Erziehung der Kinder zuständig, schlieÃlich arbeitet
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