My Story - Streng geheim - Doppelt verliebt haelt besser
Schuhschachtel. Kann ja sein, dass Cas mal ein berühmter Dichter wird. Dann komme ich ganz groà raus, ich, Zippi, die sein Talent schon im Alter von dreizehn Jahren erkannt hat. Wow! Ich strich mir eine Besenhaarsträhne hinter die Ohren und drückte gerührt Casâ Hand. Fehlte nur, dass ich »Ich bin dein Musenkuss« gemurmelt hätte - aber so weit ging ich dann doch nicht. Man muss wissen, wann eine Sache peinlich wird, stimmtâs?
Das Leben ist echt verrückt.
Ich zum Beispiel gehe jeden Morgen mit dem Jungen zur Schule, in den ich nicht verliebt bin. Meine beste Freundin Marta hat denselben Schulweg wie Emir. Das ist der Junge, mit dem ich zusammen bin. Marta ist heimlich in Cas verliebt und findet Emir konkurrenzlos blöd. Das ist doch total verrückt! Aber so ist das Leben.
Marta findet an Caspar einfach alles toll. Sie liebt seinen Namen: Caspar-Friedrich von Veldthirsch. Ich finde ihn aufgemotzt.
Sie liebt das Haus, in dem er wohnt. O. K., das kann ich verstehen. Es ist riesig, es ist schick und elegant eingerichtet - aber wenn ich den weiÃen Teppichboden sehe, bekomme ichâne Gänsehaut. Mann, wie unpraktisch!
Marta bewundert seine Schwester Constanze. Ehrlich gesagt, Constanze ist zu einem Viertel vernünftig, die verbleibenden drei Viertel sind pure Zickigkeit. Wenn wir uns treffen, liegen wir uns nach fünf Minuten in den Haaren. Haare - wenn ich nur daran denke! Constanzes Mähne ist ein Traum: lang, glatt, dicht und von diesem Blond, das noch kein Chemiker in die Tube bekam. Constanzes Haare sind das Gegenteil von meinem Besen. Ich gebâs ja zu, dass ich ihr die Haare ungern gönne und deshalb vielleicht ein ganz kleines bisschen ungerecht bin. Aber welcher Mensch ist schon fehlerlos?!
Zurück zu Marta. Wie gesagt, sie liebt alles an und um Cas herum. Dass seine Familie Knete ohne Ende, ein Ferienhaus und eine Jacht am Mittelmeer hat, ist in ihren Augen die gigantische Sahnehaube auf dem Luxuspaket namens »v. Veldthirsch«. Das Dumme ist nur, dass Cas nichts von ihr wissen will. Er findet Marta - und damit hat er absolut recht - schlicht unromantisch. Dabei ist Marta tatsächlich der ultimative Gegensatz zu ihm und damit vielleicht doch passend?! Zumindest wenn es stimmt, dass sich Gegensätze anziehen.
Bis jetzt ist von einer solchen Anziehung aber nichts zu sehen oder zu fühlen. Ich musste Cas sogar - Hand aufs Herz! - schwören, meiner besten Freundin nichts von seinen Gedichten zu verraten. Ich hab nichts verraten; es ist das einzige Geheimnis, das ich vor ihr habe.
Davon abgesehen wissen wir alles voneinander.
Als meine Mutter an dem fürchterlichen Sonntagmorgen nicht mehr da war und auch nicht mehr zurückkam, heulte ich mich tage- und nächtelang bei ihr aus. Seit der Zeit ist ihre Familie so was wie eine Ersatzfamilie für mich.
Unser Gymnasium kam in Sicht. Wir mussten uns beeilen, um noch vor dem Läuten zum Unterricht zu kommen,
legten einen schnelleren Gang ein und rasten schlieÃlich - die Flure waren schon schülerleer - ins Klassenzimmer.
Wie jeden Morgen schüttelte Marta vorwurfsvoll den Kopf. »Was ist? Warum seid ihr so spät dran? Hast du dich jetzt in Cas verliebt? Hast du ihn geküsst?«
»Vergiss es. Meinst du, ich will Stress mit Emir?«
»Warum bist du dann -«
In diesem Augenblick hatte Holzapfel, unser Mathelehrer, seinen Auftritt. Er knallte die Klassenarbeitshefte auf den Tisch, schaute streng in die Runde, räusperte sich und knurrte: »Leute, mit euch gehtâs bergab.«
Ich zuckte die Schultern und flüsterte Marta zu: »Das sagt er doch immer.«
Tatsächlich hatte ich eine glatte Eins. Ich kann nichts dafür; die Schule fällt mir leicht, und weil wir, Marta und ich, so günstig sitzen, dass sie von mir abschreiben kann, hatte sie, obwohl Mathe ihr Horrorfach ist, eine Zwei minus.
Zwischen uns beiden herrscht ein ausgeglichenes Gebenund-Nehmen-Verhältnis: Sie profitiert von meinen guten Noten (wofür ich nichts kann), ich profitiere von ihrer Familie (wofür sie nichts kann).
Marta ist die Hilfsbereitschaft in Person. Als Holzapfel nämlich die Aufgaben an die Tafel schrieb und dabei den Lösungsweg entwickelte, kritzelte ich meiner besten Freundin eine Botschaft: »Brauche einen Ferienjob. Hilfst du mir?«
Sie nickte sofort.
»Gleich heute Nachmittag?«
Sie hob den Daumen, was bedeutete, dass wir gemeinsam
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