My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
Günther Jauch gerade aus dem Regenwald berichtete. Das heiÃt, er war natürlich nicht wirklich im Regenwald (und es waren auch nirgends irgendwelche Turakos zu sehen!). Stattdessen latschte Jauch in seinem grauen Anzug vor einer Fototapete mit schönen grünen Urwaldbäumen auf und ab. Und laberte davon, dass wir alle den Urwald retten könnten, wenn wir nur genügend Bier trinken würden.
»Dieses Bier«, klärte er den seiner Meinung nach offensichtlich strohdummen Rest der Bevölkerung auf, »und kein anderes!« Oder so ähnlich jedenfalls. Dazu hielt er eine Kiste Bier in die Kamera (für die ganz Dummen!), auf der groà der Name der Biersorte zu lesen war (auf der Kiste, nicht auf der Kamera).
Was ich nicht unbedingt logisch fand, weil die ganz Dummen ja unter Garantie nicht lesen können. Und also auch nicht wissen, ob sie nun das richtige Bier kaufen oder nicht. Die einzige Lösung, die mir für dieses Problem einfallen wollte, war, auf jede Flasche ein Bild von Günther Jauch zu drucken. Was die Firma aber wahrscheinlich ohnehin schon gemacht hatte. Weshalb ich mir meine Karriere als Marketing-Beraterin gleich wieder abschminken konnte â¦
»Der tut wenigstens was«, erklärte Alex flüsternd, nachdem sich Günther Jauch endlich wieder von der Leinwand verabschiedet hatte.
»Du meinst, er ist Alkoholiker?«, fragte ich mit gespieltem Entsetzen zurück.
(Der nächste Oscar geht an - Lulu!)
»Quatsch, natürlich nicht. Ich meine, er tut was für den Regenwald!«
»Indem er Bier trinkt?«
»Er trinkt es doch gar nicht«, klärte mich Alex umgehend auf (wie gesagt, Ironie ist nun mal nicht jedermanns Sache!). »Es geht darum, dass von jeder Flasche, die verkauft wird, 10 Cent als Spende für den Regenwald überwiesen werden, verstehst du?«
»Gut, dass du es mir noch mal erklärt hast«, flüsterte ich. Und dachte, dass es fast ein bisschen viel war, gleich zweimal mit Günther Jauch konfrontiert zu werden. Einmal mit dem auf der Leinwand. Und gleich noch mal mit der Schmalspurversion neben mir.
»Jauch erinnert mich übrigens irgendwie ein bisschen an deinen Vater«, erklärte Alex zu meinem Entsetzen als Nächstes. »Beide voll cool irgendwie.«
»Sag das bloà nicht meinem Vater«, warnte ich ihn. »Sonst kriegst du echt ein Problem, fürchte ich!«
Von hinten tippte mir jemand auf die Schulter.
»Ihr nervt! Geht es vielleicht auch ohne euer ständiges Gequatsche? Der Film fängt an...«
»Sorry, tut mir leid«, sagte Alex sofort und nahm mir jede Möglichkeit, dem Typen hinter uns mal eben zu erklären, dass jemand, der in einen Film wie »Bloody Hatchet« gehen würde, auf keinen Fall das Recht hätte, sich über irgendjemanden zu beschweren. AuÃer vielleicht über sich selbst!
Und ich sollte recht behalten. Mit dem Film, meine ich. Jeder, der auch nur halbwegs bei Verstand war, hätte eigentlich schon nach den ersten zehn Minuten wieder gehen müssen. Und er hätte auÃerdem auch noch mit faulen Eiern und matschigen Tomaten auf die Leinwand werfen müssen, die Sitzpolster zerfetzen, auf den Teppich kotzen, den Filmvorführer vierteilen, die Vorführkabine abfackeln und gleich am selben Abend noch eine Bombendrohung an den Produzenten schicken sollen. Und auÃerdem diejenigen, die das Kino nicht sofort verlieÃen, für »hundertprozentig nicht zurechnungsfähig« erklären.
Bedenklich war nur, dass tatsächlich keiner ging. Alle blieben brav auf ihren Plätzen sitzen. Na gut, dachte ich erst, vielleicht überlegen sie noch, wo sie so schnell faule Eier und matschige Tomaten herkriegen sollen. Aber das schien gar nicht unbedingt ihr Problem zu sein. Im Gegenteil, die meisten fanden den Film offensichtlich auch noch gut! Sie hingen mit offenen Mündern auf den Sitzen und tropften sich vor Aufregung mit ihrer eigenen Spucke die Knie voll. Und jedes Mal wenn wieder das Blut spritzte, stöhnten sie begeistert »Ahhh!« oder »Ohhh!«. Als wäre gerade Silvester und sie würden sich das Feuerwerk ansehen.
Okay, zugegeben, das Mädchen schräg vor uns drückte ihr Gesicht an die Schulter ihres Freundes und jammerte irgendwas wie »Igitt, ist das eklig!« (was der Freund, dem vor Begeisterung der Sabber aus dem Mund tropfte, aber gar nicht mitkriegte). Und irgendwo weiter vorne stand
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