My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
tatsächlich eine Frau auf und brachte ihr weinendes Kind nach drauÃen. Ich hörte noch, wie sie an der Tür empört schimpfte: »Das ist doch nicht wahr! Der Film ist ohne Altersbegrenzung, das heiÃt doch wohl, dass er für Kinder freigegeben ist, oder?«
Ich hätte ihr das mit der Altersbegrenzung natürlich erklären können, aber andererseits fand ich, dass man als Eltern ein paar grundlegende Dinge durchaus selber wissen sollte! Also dass zum Beispiel die Alterbegrenzung weniger etwas damit zu tun hat, ob ein Film nun besonders brutal ist oder nicht, sondern viel mehr damit, ob Sex in dem Film vorkommt. Und Sex kam in diesem Film nun mal nicht vor, so einfach war das.
Konnte ja auch gar nicht vorkommen. Weil immer wenn es so weit war und die Möglichkeit bestanden hätte, dass die Schauspieler sich vielleicht gleich küssen würden (oder sich die Klamotten vom Leib reiÃen und Jane und Tarzan spielen), umgehend das Bild ausgeblendet wurde. Und als Nächstes sah man nur noch, wie das kleine blutige Beil zum Einsatz kam!
Wenn ich es richtig verstanden habe, ging es übrigens darum, dass so ein Typ mit langen, fettigen Haaren sich an allen rächen wollte, die ihm zufällig über den Weg liefen. Warum, blieb irgendwie offen. Aber jedenfalls hatte der Typ als Kind mal ein Beil im Wald gefunden und damit metzelte er jede Menge Frösche und Mäuse nieder. Und einmal ein Kaninchen, das aber sowieso schon halb tot war. Später kamen dann Menschen dran. Aber so ungefähr nach dem fünften Mord war mir klar, dass ich nur noch rausmusste! Aus dem Kino, meine ich.
»Ich gehe«, sagte ich und schlich mich aus der Reihe. Ich weiÃ, ich hätte natürlich eigentlich erst noch mit faulen Eiern und matschigen Tomaten werfen müssen, aber ich war mir nicht ganz sicher, ob ich damit nicht womöglich die geballte Empörung des fasziniert glotzenden Publikums auf mich gezogen hätte. Und soweit ich in dem flackernden Licht sehen konnte, gab es einige Typen mit langen, fettigen Haaren unter den Zuschauern. Und auÃerdem hatte ich ja auch so was wie die Verantwortung für Alex...!
Alex schlich hinter mir her. Die halb volle Popcorntüte lieà er auf seinem Sitz zurück. Anscheinend war ihm der Appetit ebenso gründlich vergangen wie mir. Jedenfalls sah er verdächtig grün um die Nase aus, und wahrscheinlich hätte es ohnehin nicht mehr lange gedauert, bis er seine Meinung zu »Bloody Hatchet« dem Teppichboden vor seinen FüÃen mitgeteilt hätte.
»War natürlich alles nicht echt, war alles nur Ketchup und so«, erklärte er mir, als wir vor dem Kino standen.
»Oder jede Menge Turacin«, sagte ich in dem müden Versuch, ihn ein bisschen aufzumuntern (oder mich?).
»So viel Turacin gibtâs gar nicht«, antwortete Alex mit leiser Verzweiflung in der Stimme.
Ich war kurz davor, ihn tröstend in die Arme zu nehmen! Ich meine, er tat mir mindestens genauso leid, wie ich mir selber leidtat, und geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid und so. Aber Alex schaffte es ganz locker, jede gerade aufkeimende Sympathie für ihn mit einem einzigen Satz unwiderruflich plattzumachen. Wobei es in diesem Fall kein Satz war, sondern eine simple Frage. Zu simpel allerdings!
»Sag mal«, fragte Alex, »was bedeutet âºBloody Hatchetâ¹ eigentlich?«
»Oh Mann«, stöhnte ich, »na was wohl?«
»Keine Ahnung. Deshalb frage ich ja...«
»Mann, Alex! Worum ging es denn in dem Film? Ãberleg doch mal!«
»Na ja, also... um so einen Typen, der voll durchgeknallt war.«
»Gut! Weiter!«
(Sollte Jauch aus Altersgründen jemals in Pension gehen, wäre ich garantiert keine schlechte Nachfolgerin! Allerdings bezweifelte ich, dass Alex tatsächlich die Million abräumen würde...)
»Also einfach so ein Typ eben, der alle plattgemacht hat. Meinst du das?«
»Auch, klar. Aber überleg doch mal, was ganz zu Anfang war...«
»Ah! Du meinst, als er noch ein Kind war!«
(Alex würde die Million nie abräumen, so viel war sicher. Aber ich gab nicht auf. Noch nicht...)
»Genau. Und was ist da passiert?«
»Da hat er erst kleine Vögel plattgemacht. Und dann jede Menge Mäuse. Und einmal ein Kaninchen. Und dann...«
(Alex würde wahrscheinlich schon an der 50-Euro-Frage scheitern!)
»Jaja, ist ja gut. Aber noch vorher. Ganz zu
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