My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht
sie zeigt mir prompt wieder den Daumen, aber diesmal nach unten. Mein Herz fängt an zu rasen. Hab ich es mir nur eingebildet, dass ich gut war? Mich Tagträumen hingegeben?
Plötzlich reiÃt Kim mit einem winzigen Grinsen beide Daumen hoch. Reingelegt, scheint sie zu sagen. Unwillkürlich muss ich lachen.
Isa schnaubt und tippt sich an die Stirn. »Das war höchstens âºSterbender Schwanâ¹ als Kuh verkleidet«, blafft sie, was ihr strafende Blicke der Jury einbringt.
Die Jury bespricht sich kurz, dann räuspert sich Marion.
»Nach allem, was wir bis jetzt von euch gesehen haben, kommen leider nur drei Kandidatinnen in die letzte Runde: Kim, Isa und Nele. Die andern Mädchen können sich wieder umziehen gehen. Vielen Dank für euer Interesse.«
Wir drei schauen uns an. Diesmal bin ich froh, dass ich die Letzte bin und sehen kann, was die beiden anderen vortragen. Kim fängt an, sie hat, wie ich sofort merke, auch die Julia vorbereitet. So ein Mist!
Zum Glück hat sie sich wenigstens eine andere Stelle ausgesucht.
Sie tritt vor die Jury und fragt sehr leise etwas, was dann abgelehnt wird. Als Marion meinen fragenden Blick bemerkt, erklärt sie noch einmal laut: »Natürlich sollt ihr alle flieÃend Englisch können, für die Ausbildung an unserer Schule aber müsst ihr zuallererst flieÃend Deutsch können. Das sind leider die Bestimmungen, die für diese Schule gelten.«
Kim nickt und beginnt:
»Hin...ab toh flameee-iinhaftes Geee-iiispann
Ssu pöbuss eh Woou-ung â¦
Bereits hier wird sie unterbrochen. Als sie wieder zu Isa und mir zurückkommt, versucht sie zwar, uns anzulächeln, aber ich sehe Tränen in ihren Augen schimmern. Spontan lege ich den Arm um ihren zarten Oberkörper und flüstere: »Shit happens«, was Isa, die schon am Aufstehen ist, dazu bringt, mir ein verächtliches »Verlogene Zicke!« zuzuzischen.
Ich bin gespannt, welche klassische Rolle Isa vorbereitet hat. Penthesilea? Medea? Pandora? Oder ganz übel: etwa die Julia?
Isa präsentiert etwas ganz anderes, etwas, von dem ich noch nie gehört habe, eine Frauenrolle aus Molières »Der eingebildete Kranke«. Ihre Figur heiÃt Angelique und ist die Tochter des eingebildeten Kranken.
»Ein jedes verfolgt, wenn es heiratet, seine besonderen Ziele. Ich, die ich nur einen Gatten will, um ihn wahrhaft zu lieben und ihm mein ganzes Leben zu weihen, muss Ihnen gestehen, dass ich nach einem solchen mit aller Vorsicht suche. Es gibt freilich Personen, die sich einen Mann nehmen, nur um der Aufsicht ihrer Eltern zu entgehen...«
Isa macht das ziemlich gut. Man vergisst, dass sie im Trikot dasteht, sie wird wirklich eine ganz andere Frau. Ich hoffe, ich bete, dass sie ihren Text vergisst, sich verspricht, krächzt, irgendwas - aber nichts dergleichen passiert.
Sie darf reden und ich habe den Eindruck, die Jury war hingerissen, sowohl von der originellen Wahl als auch von ihrem Vortrag.
Als sie zu uns zurückkommt, blitzt sie mich siegessicher an. »Am besten, du versuchst es erst gar nicht«, flüstert sie und lächelt dabei, als würde sie so etwas wie good luck sagen.
Kim schaut ratlos zwischen uns hin und her.
Ich stehe auf, habe plötzlich wieder bleischwere Waden und unter meinem Gips pocht es. Jetzt, Nele, jetzt gib wirklich alles! Du hast es schon so weit geschafft.
Wie war noch meine erste Zeile?
Lieber Gott, nein - ich weià sie nicht mehr, ich weià meine erste Zeile nicht mehr, das ist doch unmöglich, das darf doch nicht wahr sein! Beruhige dich, Nele, beruhige dich, versuche ich, die aufsteigende Panik zu bekämpfen. Sie wird dir gleich wieder einfallen.
Ich trete vor die Jury und habe den vollkommenen Blackout.
Erwartungsvoll schauen mich die Prüfer an, glauben hoffentlich, das gehört zu meiner Show. Und plötzlich fällt mir eine Zeile ein, zwar nicht die allererste, aber immerhin eine.
»Oh holder Romeo«, sage ich sehr leise, greife mir an die Brust und spüre den Glücksbringer von Ix. »H⦠h⦠holder Romeo«, werde ich lauter, »wenn du mich liebst...«
Und während ich das sage, denke ich daran, wie Ix mir so zärtlich die Schuhe ausgezogen hat, wie sanft seine Hand meinen Fuà umfasst hat, und ich wiederhole, obwohl es so nicht im Text steht:
»Oh holder Romeo, wenn du mich liebst:
Sagâs ohne Falsch! Doch dächtest du, ich sei
zu
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