Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Seitenlängen von 72 m und einer Höhe von 50 m immerhin noch der größte Ziegelhaufen der Welt. Seit dem Baubeginn im Jahr 1790 hatte König Bodawpaya viele tausend Sklaven und Kriegsgefangene an der Errichtung des riesigen Stupa arbeiten lassen, der insgesamt eine Höhe von 152 m erreichen sollte (der heute höchste Stupa der Welt erhebt sich mit 127 m im thailändischen Nakhon Pathom). Da die Arbeiten jedoch nach dem Tod Bodawpayas 1819 eingestellt wurden, blieb nur die Ziegelbasis zurück, die aber immerhin schon ein Drittel der geplanten Höhe erreicht hatte.
20 Jahre später ereilte ein Erdbeben das gewaltige Monument und beschädigte es schwer. An allen vier Seiten sind aber noch die vierschichtigen Türstürze über den Portalen zu erkennen. Die Terrasse sollte rundum mit braunen, hellbraunen, cremefarbenen und grünen glasierten Ziegeln verkleidet werden. Manche dieser Ziegel sind in einem kleinen Gebäude vor der riesigen Ruine ausgestellt. Am Fluss lässt sich ein einst 30 m hohes Paar von weiß getünchten
chinthe
-Figuren entdecken. Sie sind aus Ziegelsteinen gebaut und ebenfalls von starkem Verfall gezeichnet, da ihnen das Erdbeben von 1838 stark zugesetzt hat. Einige Foto-Impressionen s. eXTra [ 5801 ] .
Monument des Größenwahns
Sogar vom 20 km entfernten Amarapura aus sollte die neue Pagode von Mingun zu sehen sein: Das kolossale Bauvorhaben symbolisiert den Höhepunkt der Konbaung-Dynastie, denn in der Folgezeit fiel die Macht schrittweise an die Kolonialherrschaft der Briten. Als erstem der birmanischen Könige war es Bodawpaya nach über 350 Jahren gelungen, Rakhine zu erobern und den magischen Mahamuni-Buddha in das Kernreich zu entführen. Von Größenwahn gezeichnet, plante er die Eroberung Siams, Chinas oder sogar Indiens. Doch schon seine 1785 nach Phuket entsandte Streitmacht verwickelte sich in langjährige, schwierige Kämpfe, die gerade mal die Süd-Provinzen sichern konnten. Der Kaiser von China indes besänftigte ihn 1790 mit der Übersendung von drei Enkeltöchtern und einem Zahn Buddhas. So verlegte Bodawpaya seinen Aktivismus in den spirituellen Bereich und engagierte sich fortan beim Bau von Pagoden. Zur Aufbewahrung der Zahn-Reliquie beschloss er, das mit rund 150 m höchste Heiligtum der Welt zu bauen.
Letztendlich verbrachte der König 20 Jahre damit, sein Mammutprojekt voranzutreiben und verlegte dafür sogar seinen Wohnsitz für einige Zeit auf eine Flussinsel. Westliche Besucher wunderten sich schon damals, dass das Dach und die tragenden Säulen der Reliquien-Kammer aus Blei gefertigt wurden. So hatte sie dem großen Erdbeben von 1838 wohl auch nicht allzu viel Stabilität entgegenzusetzen und stürzte ein, wie noch heute jeder am lang gezogenen Riss des Ziegelwerks erkennen kann. Indirekt hat der Kolossalbau auch zum Niedergang der Konbaung-Dynastie beigetragen: Dass Bodawpaya ungeheure Scharen an Zwangsarbeitern aus Rakhine zum Pagodenbau nach Mingun verschleppt hatte, trug dazu bei, die dortige Bevölkerung den Briten in die Arme zu treiben, so dass der Erste britisch-birmanische Krieg nicht mehr lange auf sich warten ließ.
Pondaw-Pagode
Nur wenig weiter stromabwärts steht am Flussufer im Schatten eines gewaltigen Mango-Baums das 5 m hohe Modell der Mingun-Pagode, das einen anschaulichen Eindruck von Bodawpayas Plänen vermittelt. Gleich dahinter erstrahlt die weiße Settawya-Pagode, die auf das Jahr 1881 zurückgeht und die erste Pagode gewesen ist, die König Bodawpaya in Mingun errichtet hatte. Im Inneren ist ein marmorner Fußabdruck von Buddha ausgestellt, der eigentlich in die gigantische Mantara Gyi-Pagode eingemauert werden sollte.
Mingun-Glocke
Mit einer Höhe von 3,7 m, einem Umfang von 15 m und einem Durchmesser von 5 m (am untersten Rand) gilt dieser Bronzeguss als größte, funktionstüchtige Glocke der Welt. Übertroffen wird sie lediglich von der Glocke im Moskauer Kreml, die jedoch gesprungen ist und daher den ursprünglich bestimmten Klang verloren hat. Bodawpaya ließ die Riesenglocke 1808 für sein Mammut-Projekt gießen. Der Glockengießer wurde nach Vollendung seiner Arbeit getötet, damit er nicht noch einmal ein derartiges Meisterwerk erschaffen konnte. Beim Erdbeben von 1838 stürzte die 90 t schwere Glocke mitsamt ihrem
tazaung
nieder, jedoch ohne dabei Schaden zu nehmen. Die Einheimischen klettern gern unter sie, um den dumpfen Ton zu hören, wenn außen jemand mit einem Holzknüppel dagegen schlägt.
Hsinbyume-Pagode
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