MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
Gefühl, diesen Gentlemen fehle etwas. Aber Geld war es gewiss nicht.“
Mrs. Cunningham nickte nachdenklich, ehe sie das Thema wechselte. „Wir müssen einen Weg finden, das Schulgeld für Rupert aufzubringen. Eine gute Bildung ist für den Jungen das Allerwichtigste.“
Diese Überzeugung teilte Georgina. Zu Lebzeiten ihres Vaters hatte stets der ältere Harry im Mittelpunkt gestanden. Alle hatten gehofft, er würde eine glänzende Karriere beim Militär machen. Stattdessen war er, kaum 23 Jahre alt, bei Waterloo gefallen. Reverend Cunningham hatte den Tod seines Sohnes nie verkraftet. Seine beruflichen Aufgaben hatte er fast vollständig dem Hilfspfarrer überlassen. Und um die Familienangelegenheiten hatte er sich – wie sich nun herausgestellt hatte – offenbar auch nicht mehr gekümmert.
„Bestimmt können wir unsere Ausgaben irgendwie noch weiter einschränken“, sagte Georgina. „Ich werde mit Becky noch einmal die Haushaltsbücher durchgehen und …“ Sie unterbrach sich und schaute ihre Mutter erschrocken an. „Wir müssen die Harpers doch nicht entlassen?“
„Um Gottes willen! Becky und Daniel gehören praktisch zur Familie. Was sollten wir ohne sie tun?“ Ein entschlossener Ausdruck trat auf Mrs. Cunninghams Gesicht. „Ich werde noch heute an meinen Bruder James schreiben. Er hat uns seine Hilfe angeboten. Zwar fürchte ich, dass er, da er selbst gerade erst eine Familie gegründet hat, nicht allzu viel für uns tun kann. Doch leider ist er unsere einzige Hoffnung.“
„Was ist mit Onkel Arthur?“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber dein Vater war so fest entschlossen, den Kontakt nicht wieder aufzunehmen. Ich möchte mich nicht über seinen Wunsch hinwegsetzen.“
„Ja …“, murmelte Georgina. Dann wandte sie sich zur Tür. „Ich sollte mich jetzt wohl um Rupert kümmern.“
Zunächst allerdings begab sie sich in das Zimmer, das sie mit ihrer Schwester Katherine teilte, nahm das Hütchen ab, setzte sich an den Tisch und stützte das Kinn in die Hände. Ihr Gesicht spiegelte nacheinander eine ganze Reihe von Gefühlen wider. Denn sie focht einen harten Kampf mit sich selbst aus.
Seit drei Wochen bemühte sie sich nun, die vollständige Adresse ihres Onkels Sir Arthur Cunningham herauszufinden. Da er, wie sie wusste, irgendwo in Dunchurch lebte, hatte sie versucht, dort etwas über ihn zu erfahren. Möglichst unauffällig hatte sie sich an verschiedenen Stellen nach ihm erkundigt. Das war der Grund dafür, dass sie an den Markttagen stets so spät nach Hause zurückkehrte. Es war auch der Grund dafür, dass sie Rupert nicht so sorgfältig wie nötig beaufsichtigt hatte. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn das herabfallende Gepäckstück ihn getroffen hätte!
Immerhin war ihr an diesem Nachmittag der Zufall zu Hilfe gekommen. Bis dahin hatte sie über ihren Onkel nichts erfahren, was ihr wirklich weitergeholfen hätte. Doch gerade, als Rupert zur Poststation gelaufen war, hatte sie gehört, wie der Metzger seinem Laufburschen den Auftrag erteilte, das von Lady Cunningham bestellte Fleisch auszuliefern. Dann hatte er laut und deutlich Sir Arthurs Adresse genannt.
Nun konnte sie also den zweiten Teil ihres Plans in die Tat umsetzen. Allein war das jedoch unmöglich. Sie würde Kate um Hilfe bitten müssen. Hoffentlich gelang es ihr, ihre Schwester davon zu überzeugen, dass sie das Richtige vorhatte.
Die Gelegenheit dazu ergab sich erst spät am Abend. Denn als Kate mit vor Aufregung geröteten Wangen nach Hause kam, hatte sie viel zu erzählen. „Andrew war so stolz auf mich, weil es mir gleich beim ersten Versuch gelungen ist, wirklich gute Butter zu machen“, berichtete sie. „Seht nur, er hat mir ein Halstuch geschenkt. Ist es nicht wunderschön?“
Später – die Sonne war inzwischen untergegangen, und die Schwestern wollten sich zu Bett begeben – musste Georgina sich die Geschichte in aller Ausführlichkeit noch einmal anhören und das Halstuch erneut bewundern. Nachdem sie mehrmals betont hatte, wie hübsch es sei, ließ Kates Redeschwall nach. Jetzt konnte sie sich endlich nach dem Fremden erkundigen, den Radley in seinem Gig mitgenommen hatte.
Kate runzelte die Stirn. „Ach ja, Andrew erwähnte, dass er jemanden bei Blanchard’s Cottage abgesetzt hat. Einen Künstler, glaube ich, der das Cottage für ein paar Wochen gemietet hat.“ Sie schlüpfte aus ihrer Unterwäsche und zog das Nachthemd über den Kopf, wodurch ihre blonden Locken in
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