MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
werden? War es wirklich wichtig, wohin er am Tag ihrer Entführung verschwunden und warum er so lange fortgeblieben war? Zählte nicht viel mehr, dass er zurückgekommen war? Auch wenn er wahrscheinlich nur da war, um ihrer Mutter eine Erklärung für die Geschehnisse zu geben … Das war schon allerhand für einen gesellschaftlich so weit über ihrer Familie stehenden Gentleman.
Ich kann Templeton nicht zum Vorwurf machen, dass ich so dumm war, mich in ihn zu verlieben, gestand sie sich seufzend ein. Natürlich hatte er ihre Schwäche ausgenutzt, um ein wenig mit ihr zu flirten. Allerdings hätte er sie jetzt, da alles vorbei war, nicht länger duzen sollen!
Sie entfernte ein paar Zweige und Blätter vom Saum ihres Rocks, zupfte ihr Haar noch einmal zurecht und verließ den Abstellraum.
Im Flur wartete Templeton auf sie.
„Ich habe mein Bestes getan, um einigermaßen ansehnlich zu erscheinen“, erklärte sie. „Aber normalerweise würde ich niemanden in diesem Kleid empfangen.“
„Du siehst sehr hübsch aus“, beruhigte er sie. „Und ich bin dir wirklich dankbar dafür, dass du meine Bitte erfüllst.“ Dann fasste er sie bei der Hand und führte sie in den Salon.
Auf dem Sofa saß zu ihrem Erstaunen ein älterer Herr und unterhielt sich angeregt mit ihrer Mama.
Templeton zog Georgina mit sich. „Ich möchte dich Lord Ruscombe, meinen Vater, vorstellen. Vater, dies ist Miss Cunningham.“
Sogleich erhob der Gentleman sich. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Mein Sohn hat Ihre Klugheit, Ihren Mut, Ihre Tapferkeit und auch Ihre Schönheit sehr gelobt.“
Sie errötete vor Verlegenheit, aber auch vor Wut darüber, dass Ned offenbar über ihr schreckliches Erlebnis mit Carstairs gesprochen hatte. „Mylord“, begrüßte sie den Gast, „bitte, verzeihen Sie mir, dass ich so vor Sie trete. Ihr Sohn hat mir zu verstehen gegeben, die Sache ließe keinen Aufschub zu.“
Ruscombe lächelte. „Sie sehen bezaubernd aus, meine Liebe. Bitte, setzen Sie sich zu mir, damit wir uns ein wenig unterhalten können.“ Dann wandte er sich Templeton zu. „Möchtest du dich unterdessen um diese andere Angelegenheit kümmern? Ich bin sicher, Mrs. Cunningham kann dir bei der Suche nach Master Rupert behilflich sein.“
„Natürlich, gern.“ Mrs. Cunningham nickte ihrer Ältesten ermutigend zu und verließ den Raum.
„Nehmen Sie Platz“, forderte der Earl Georgina noch einmal freundlich auf. „Und schauen Sie nicht so ängstlich. Ich beiße nicht.“
Das entlockte Georgina trotz ihrer Nervosität ein Lächeln. Sie setzte sich zu Lord Ruscombe und nutzte die Gelegenheit, ihn eingehend zu betrachten. Er sah gut aus, und man konnte sich leicht vorstellen, dass sein Sohn ihm im Laufe der Jahre immer ähnlicher werden würde.
„Ich war sehr erstaunt, als Edward mich um Hilfe bat“, begann der alte Herr. „Nach meiner Erfahrung hat noch nie jemand am Wort eines Latimer gezweifelt.“
Georgina biss sich auf die Unterlippe, beschloss dann aber, einfach die Wahrheit zu sagen. „Leider war er nicht ehrlich zu uns, Mylord.“
„Sie haben natürlich recht, ihm seine dumme Maskerade zum Vorwurf zu machen. Doch wie er sagte, weigern Sie sich, seine Entschuldigung zu akzeptieren – was bedeutet, dass Sie ihn für einen Lügner halten.“
„O nein!“, rief Georgina erschrocken aus. „Ich …“ Es war nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. „Ich konnte es einfach nicht ertragen, mir seine Erklärung anzuhören“, gestand sie schließlich.
Mit gerunzelter Stirn musterte Ruscombe ihr Gesicht. Nach einer Weile nickte er. „Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Sehen Sie, wir Latimers sind alle ein wenig … unkonventionell. Edward hat sich gegen meinen Wunsch den Dragonern angeschlossen, um gegen Napoleon zu kämpfen. Als er endlich zurückkehrte, habe ich ihn gedrängt, sich schnellstmöglich eine Gattin zu suchen. Der Fortbestand der Familie ist von großer Bedeutung für uns.“
„Ja, das verstehe ich. In Ihren Kreisen ist das sicher besonders wichtig … Doch Ned, pardon, Lord Templeton … Also er hat mir gegenüber behauptet, dass er diese überlieferten Sitten verabscheut. Deshalb …“ Sie unterbrach sich und sprudelte dann entrüstet hervor: „Er hätte beinahe meine Freundin Nell geheiratet, nur weil es sich um eine passende Verbindung handelte!“
Der Earl lachte. „Das glaube ich nicht. Soweit ich weiß, hat noch kein Latimer eine Vernunftehe geschlossen. Auch ich habe mich damals
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