Myrddin

einsehen, daß du mit deinem Stab nur sehr schwer als Trickser durch die Lande streifen kannst – eher als ein Pilgervater …“, lachte Caspar.
    „Sage mir, wo er ist. Habt ihr ihn mitgebracht?“ fragte Myrddin, dem für Augenblicke alles andere vollkommen nebensächlich geworden war.
    „Ja. Er liegt sicher verwahrt zwischen den Felsen“, freute sich Elwe mit Myrddin.
    „Das bringt mich auf einen ganz anderen Gedanken, Freunde. Morgen früh, sobald es dämmert, will der Mann noch einmal in die Bucht gehen und sehen, ob er nicht weitere Gegenstände von meiner Habe finden kann. Offensichtlich reisen die Menschen heute anders als noch zu meinen Zeiten.“
    „Wir haben sich reisen sehen, Myrddin, so dass du nur noch von einem Packesel übertroffen worden wärest, so beladen, wie du warst“, erinnerte ihn Halvdan. „Tu also bitte nicht so, als wärest du weiser als diese Menschen, oder ich nenne dir noch unerfreulichere Prädikate für deine Reisegewohnheiten …“
    „Es stimmt. Auch ich war beladen wie ein Esel. Jetzt habe ich aber nur noch meinen Stab, euch, die Tiere und mein Buch. Jedenfalls sind die Menschen hier auf der Suche nach meiner Vergangenheit. Legt den Stab sichtbar in die Bucht, und der Mann wird ihn wie zufällig finden. Er wird ihn dann herbringen und mich fragen, ob es meiner sei. Dann werde ich so tun, als erinnerte ich mich, und werde ihm erzählen, daß ich auf Reisen nach Britannien bin, zu den fahrenden Leuten, und mir so mein Brot verdiene.
    „Meinst du wirklich, daß sie es dir glauben werden?“
    „Mit entsprechender Überzeugungsgabe werden sie es mir schon glauben, das verspreche ich dir, Halvdan.“
    „Und wir …? Sollen wir heimlich mit dir mitreisen?“ erkundigte sich der praktische Caspar etwas enttäuscht über die Unreife von Myrddins Gedanken. „Das ist ein merkwürdiger Plan, finde ich.“
    „Wartet …! Wir können es auch so machen, daß ich ein Puppenspieler bin. Genau …“, strahlte Myrddin, der jetzt alle Gedanken zusammenbringen wollte. „Ich bin ein Puppenspieler. Daher kenne ich auch die Gedichte und Geschichten, die ich den Menschen erzähle. Und in diesen lasse ich meine Puppen tanzen. Was meint ihr?“
    „Wie ich es verstehe, sollen wir dann deine Puppen sein, Myrddin? Meinst du nicht auch, daß du es dir ein wenig einfach machst?“ fragte Elwe.
    „Nein! Ich werde ihnen weismachen, daß ich eine besondere Kunst und Gabe im Puppenspiel besitze, indem ich euch tanzen lasse. Und glaubt mir: wenn sie eure Gesichter sehen, werden die Menschen verzaubert sein wie von keiner Schönheit in ihrer Welt. Und ihr … ihr müßt euch nur leblos stellen …“, brachte Myrddin seinen Gedankenschluß vor. „Ihr legt euch auf die Steine und an den Strand … am besten zum Stab … und er wird euch morgen finden, mitbringen, du und ich werden ihm dann die Geschichte von dem Puppenspieler auftischen, der auf seiner Reise nach Britannien ist. Ist das nicht brillant …!“
    „Falls dir die Menschen das glauben sollten, freue ich mich heute schon auf Tirion, Myrddin“, sagte Caspar zweifelnd.
    „So sind sie eben, die Menschen.“
    „Wir sollen also deine Puppen sein …?“ fragte Halvdan ungläubig.
    „… und wir können die Tage miteinander verbringen, ohne daß die Menschen mißtrauisch werden. Ich kann von ihnen lernen, da ich ihr Vertrauen gewinnen kann, und sie studieren“, erklärte Myrddin.
    „So lustig diese Idee auch sein mag, so hat sie doch eine gewisse Logik, da ich die Menschen so einschätze wie du, Myrddin. Der Gedanke allein ist so unwirklich, daß sie ihn glauben müssen, meine ich. Wollte sich jemand eine Lüge ausdenken, würde er ihnen kein phantastisches Märchen erzählen wollen. Und diese Geschichte muß in ihren Ohren wie ein Märchen klingen“, sagte Elwe und sie berieten sich dann, wo sie sich am geschicktesten hinlegen sollten.
    Sie beklagten sich, daß sie nicht mehr fliegen dürften, es sei denn, ihr Puppenspieler William Myrddin ließe sie fliegen. Und bis dahin sollten sie tapsig laufen, als hingen ihre Gliedmaßen an unsichtbaren Fäden.
    Myrddin erklärte ihnen die Bauweise von Marionetten und sie versprachen, diese steifen Bewegungen zu üben. Ansonsten hätten sie zu sitzen, wo sie ihr Meister hinsetzte. Der Seher versprach ihnen wenigstens, sie immer auf den Horizont schauen zu lassen, damit sie sich nicht langweilten.
    „Ich erinnere mich an ein Spiel von euch, Elwe“, sagte Myrddin.
    „O ja … sage uns, an welches