Myrddin
auszunutzen, da er sie die Mathematik lehren konnte? Er dachte an Vivien und wünschte Palluck, daß er vorsichtiger sein sollte, als Myrddin es gewesen war. Leidenschaft jedoch gab es in Pallucks Blick nicht. Nicht die Lust, mit der Myrddin Vivien verschlungen hatte. Fehlte es Palluck an Liebe, oder war er weiser, als der gelehrt sehende Myrddin es in dieser Hinsicht gewesen war, da er mit den Menschen seine Schwierigkeiten gehabt hatte? Oder gab es neue Maßstäbe in der Welt, die heimliche Regeln zwischen alten Männern und jungen Frauen beinhalteten, so daß allen gegenwärtig war, daß man nicht füreinander gemacht sei? War es das gewesen, war Tralee beklagt hatte, als sie auf das Alter trank? Oder war Palluck wirklich nur ein väterlicher Freund Brians, der das Wachsen einer eigenen Tochter niemals erleben würde?
Palluck hatte etwas Besonderes an sich und Brian mußte ein bemerkenswertes Mädchen und ihre Freundschaft eine gute Freundschaft unter Menschen sein, die sich gegenseitig pflegte, selbst wenn die Zeit ein Paradoxon schien.
Myrddin beobachtete Brian, die zuvor gelehrig brav in ihre Aufzeichnungen vertieft war. Studenten hatten Schönheit in sich, da sie in einer Materie verloren waren. Sie waren in den Augenblicken des Lernens vollkommen selbstlos. Die Schönheit aber wich aus Brian, als sie Myrddin jetzt wieder frech ansah. Er spürte ihre innere Ablehnung und wußte nicht, womit er das verdient hatte.
„Patty, schließen wir Frieden …?“ fragte Myrddin, der Brian für sich gewinnen wollte.
„Nur, wenn Sie sich nicht länger an mir aufgeilen“, gab sie ihm patzig zurück, und Palluck mußte wider laut loslachen.
„Wie meinst du das?“ fragte Myrddin scharf, der das Gesagte nicht verstanden hatte.
„Ich bin nicht blöd, daß ich das nicht merke, wie Sie mich mit Ihren Blicken ausziehen …“, sagte das Mädchen und Myrddin erschrak. Er fühlte sich einerseits ertappt, andererseits mißverstanden. Die Respektlosigkeit Brians, die ihn zuvor gefreut hatte, verärgerte ihn jetzt, da sie gegen ihn gerichtet war. Sie war nicht höflich, sondern unverschämt dreist. Trotzdem versuchte er, ruhig zu reagieren, denn er wollte es sich mit der jungen Brian nicht verderben.
„Du täuschst dich, Patty Brian“, sagte er nur.
„Ach ja …? Ach, d’rauf geschissen, Mister …“, erwiderte sie ihm schroff.
„Du hast etwas gegen mich, nicht wahr?“ fragte Myrddin geduldig, obwohl er innerlich vor Zorn brodelte.
„Kann schon sein“, meinte sie lakonisch.
„Und was ist das, wenn ich fragen darf?“
„Komm. Laber mich nicht an. Du bist für mich nur ein ausgeflippter Alter …“
„Was ist es, das dich stört, Mädchen?“ fragte Myrddin sehr deutlich.
„Ihr Outfit paßt mir einfach nicht. Sie halten sich für was Besseres. Und ich mag keine Typen, die so sind wie Sie. Aber das ist doch scheißegal …! Old Jerry, ich geh jetzt, denn ich will nicht der beschränkten Tucke begegnen. Wir sehen uns … Bis morgen, okay?“ sagte Brian und Palluck lachte über den Zwist zwischen Myrddin und ihr, öffnete ihr die Tür, und sie ging, ohne sich noch einmal nach Myrddin umzudrehen.
Palluck setzte sich danach an den Tisch, trank den Whisky und fragte, ob er ihm Gesellschaft beim Trinken leisten wolle. Natürlich wollte Myrddin nicht, doch er bedankte sich für das Angebot, indem er sagte: „O, gerne. Selbstverständlich …“, um mit Palluck ungetrübt sprechen zu können. Außerdem war er innerlich erregt. Er hatte sich den Kontakt zu den Menschen nicht so schwierig vorgestellt.
„Die lassen sich nichts mehr vormachen, William. Das hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben. Die Jugend ist heute sehr frei und derb geworden“, meinte Palluck versöhnlich und wollte indirekt das Benehmen seiner jungen Freundin Myrddin gegenüber erklären und entschuldigen. „Aber sie haben ja auch recht. Keine Jobs, kaum noch ’ne Aussicht auf ein gutes Leben … und so weiter. Aber Patty ist ein gutes Mädchen. Sie ist ausgeschlafen und ziemlich clever, glaube ich.“
„Sie ist frech und unbändig“, erwiderte Myrddin.
„Und was ist verkehrt daran? Sie kann auf eigenen Füßen stehen, William … Was will man mehr? Sie läßt sich nicht von Kerlen anmachen und nimmt keine Drogen. Sie kommt in ihrer Freizeit hierher und lernt.“
„Ein bisschen mehr Achtung und Respekt vor dem Alter stände ihr gut, finde ich. Meinst du nicht auch, Jerry?“
„So ein Blödsinn. Damit kommt man heute nicht mehr
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