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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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Gestrandeten. Und solche kaputten Typen, wie sie sie nennen würde, mochte sie nicht. Die wollten nur Fürsorge erhalten, ein warmes Bett und ein Dach über dem Kopf haben, und sei es auch nur für ein paar Tage. Menschen, die das Mitleid anderer erregen wollten, indem sie Gebrechlichkeit, Krankheit, Versehrtheit und widrige, übernatürliche Umstände vortäuschten, mochte sie grundsätzlich nicht. Sie hielt Myrddin für einen abgetakelten Säufer, der sich an Palluck heranmachen wollte und seine Gutmütigkeit ausnutzen würde. Doch sie sagte ihm, daß sie Palluck suchen gehen wolle, als Myrddin sie zum Bleiben anhielt.
    „Und wozu soll das gut sein?“ fragte sie barsch.
    „Ich könnte vielleicht deinen Namen erfahren, aus dem du bisher ein Geheimnis gemacht hast, und erfahren, was du hier tust.“
    „’tschuldigung … Ich bin Patty. Patty Brian“, antwortete sie ihm kurzsilbig.
    „Angenehm, Patty … Patty Brian. Da trägst du einen großen Namen“, sagte Myrddin.
    „Ääääh … was …? Wieso …?“ fragte sie abweisend.
    „Ich denke an den König Brian von Erin, der …“, versuchte Myrddin ihr zu schmeicheln, um mit ihr ins Gespräch zu kommen.
    „So ein Spinner bist du also“, unterbrach sie ihn. „Ich werde mal lieber Jerry suchen.“ Sie sprang auf, zog sich ihren Mantel über und verschwand augenblicklich nach draußen.
    Brian hatte ein Temperament, das er bei einem Mädchen nicht vermutet hätte. Sie hielt ihn für einen Spinner, weil er die alten Zeiten angesprochen hatte. Sollte er daraus lernen, daß die Vergangenheit nichts mehr wert war? Räumten sie deshalb den Alten keinen Platz mehr ein, wie es Tralee gesagt hatte, weil die Alten ein Teil der Geschichte waren? Myrddin selbst hatte die letzten Jahrhunderte verschlafen, wollte seine Lücken ausfüllen, und er war sich sicher, daß ihm auch Patty Brian dabei helfen würde, ob sie es wolle oder nicht. Das war Myrddin einerlei. Außerdem war sie respektlos, und das schien ihm ein sicheres Zeichen der Gegenwart zu sein. Ihre Sprache war nüchtern, kalt, abweisend und von Mißtrauen geprägt. Brian kämpfte einen Kampf in dieser Welt, die er verstehen wollte, und er fühlte ihre Angst vor Schwäche, die Furcht vor der Verletzung der weichen, formbaren Persönlichkeit, die jeder Mensch haben mußte. Sichrlich würde sie sich auf keinen schwächlichen Glauben verlassen, der bisher keinen rechten Platz gefunden hatte. Wahrscheinlich waren die Maximen des modernen Lebens weder auf Glauben noch auf Vertrauen untereinander aufgebaut. Vielleicht lag der Zivilisation ein neues Dogma zugrunde, dachte er. Und das schien ihm nur wahrscheinlich, da Brian die Achtung der Jugend gegenüber älteren Menschen gefehlt hatte.
    Myrddin aber fühlte sich den Menschen überlegen, denen er die Bilder vorspielen konnte, wie er wollte. Tralee war ein anderer Mensch. Sie hatte etwas von einer Wölfin, etwas von Akita. Sie witterte und ließ sich dann von einem unbeirrbaren Gefühl leiten, das er jedoch in Grenzen weisen wollte – in Grenzen weisen mußte. Denn er wollte und durfte nicht erkannt werden, da er andernfalls in Schwierigkeiten geraten würde, denen er dann nur noch mit Macht begegnen könnte.
    Dennoch würde ihm die kleine Brian von der Gegenwart erzählen, doch er würde ihr nicht weh tun wollen. Und hätte er sie erst einmal überzeugt, würde sie wie ein Quell aus sich heraussprudeln. Keinesfalls wollte er ihr gegenüber Mitleid erregen, da die Jugend das Mitleid noch nicht beherrschte. Mitleid wäre für dieses Fräulein noch kein Grund, um auf ihn einzugehen, erkannte Myrddin treffend. Er müßte sie faszinieren, und dann wären sie wahre Freunde. Doch was hatte Palluck an sich, das dieses Mädchen zu ihm kommen ließ? Was war es, das Menschen an ihn band? Er war ein alter Trinker. Was konnte ein Mädchen an einem Trinker begeistern? Würde er die Beziehung zwischen Brian und Palluck erkennen können, überlegte er und zweifelte nicht im Geringsten daran.
    Und da war noch etwas: das Zeitinstrument am Handgelenk von Tralee. Es ging so schnell, daß er es kaum wahrgenommen hatte – aber sie hatte ein Instrument an ihrem Unterarm, daß ihr die Zeit zu verraten schien. Myrddins Zeit war in seinem Puls und sie hatte sie stets verfügbar um ihr Handgelenk. Er hatte von solchen Instrumenten gehört, sie aber niemals zuvor gesehen. Und er nahm sich vor, vorsichtig einen Blick darauf zu werfen, sobald sie wieder zurück war.
    In diesem Moment polterten

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