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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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sie es untereinander abgesprochen und als wollten sie nur ein Schauspiel für ihn aufführen, das ihn verwirren sollte, den Zauberer. Er würde sich aber unter keinen Umständen verwirren lassen, das hatte er sich vorgenommen.
    Kaum daß Brian verschwunden war, taperte eine dickliche Frau mit kurzen Schritten über die knarrenden Dielen. Bishop war mittelgroß und speckig, trug enge Hosen, die an ihren Oberschenkeln kneifen mußten, eine geschmacklose, stramme Bluse, hatte graues, lockiges Haar, das sie sich selbst eingedreht haben mußte, und ein breites Gesicht mit eng zusammenstehenden Augen unter dichten Augenbrauen. Ihre Mundwinkel waren nach unten gezogen und ihr Blick streifte sofort durch die Baracke wie der Blick eines Jägers in seinem Jagdrevier. Er weilte erniedrigend einen Augenblick auf Myrddin und verweilte dann feindselig auf Palluck.
    „Ich dachte, du hättest dein Flittchen Tralee noch im Bett. Aber du tust besser daran, deine Läuse mit alten Männern zu teilen. Ich wollt mal nach dem Rechten sehen. Sagst du mir, wie der Penner auf deiner Pritsche heißt, Oldie?“ fragte sie zynisch.
    Palluck hatte seit Jahren kein Wort mehr mit Bishop gewechselt, hörte ihre Beleidigungen, doch konnte sich ihrer nicht erwehren.
    Myrddin spürte die ablehnende Haltung der Frau gegen sich, die in den Tiefen eines blanken Menschenhasses keimte. Sie sah ihn falsch grinsend an. Am liebsten hätte sie ihn aus dem Bett geworfen. Sie machte eine häßliche Grimasse, die sie wohl für eines ihrer freundlicheren Gesichter halten mochte, dachte Myrddin, der Bishop ebenso wenig begrüßt hatte wie sie ihn. Und eigentlich nahm der Seher das Begrüßen der Menschen sehr genau.
    „Haben wir einmal auf ’ne andere Rechnung gesoffen, Alterchen, was …! Wie ihr mich ankotzt … Ihr hängt den ganzen Tag nur an der Pulle …“ Sie lief durch die Baracke, schaute in die Schränke, sah die leeren Flaschen und Palluck warf einen hilflosen, um Verzeihung bittenden Blick zu Myrddin. Der Seher erwiderte ihn strahlend und wunderte sich nur über das Gebaren der Frau, für das er kein Verständnis aufbringen wollte. „Wenn ich mich nicht kümmern würde, wo wärst du alter Asi heute, wenn nicht in der Gosse? Man hätte dich mitsamt deiner stinkenden Bude auf den Müll geworfen, wo du hingehörst“, sagte Bishop so laut, daß es der für sie fremde Myrddin hören mußte. Sie wollte sich dadurch vor ihm den Anschein eines sozialen, barmherzigen Menschen geben, der unter einem rauhen Ton einen nützlichen Kern besaß, den sie wahrhaft nicht hatte.
    Sie sollte besser Bauern fangen, als mich zu beleidigen versuchen , dachte Myrddin.
    „Und Andrew wird das ganz und gar nicht gefallen, daß du das Pack jetzt zu dir holst. Du kannst doch auch bei uns ein Gläschen trinken … Hat doch kein Mensch was dagegen …“, log sie und wolle gerade an den zweiten Schrank gehen, als Myrddin ihr einen guten Morgen wünschte und sie nach ihrem Namen fragte. Für ihn war es nur eine formal-höfliche Begrüßung und er ahnte, daß er die Freundschaft von Palluck gewinnen könnte, würde er dem Treiben dieser Frau in seiner Baracke ein Ende setzen, gegen die sich der Trinker aus irgendeinem Grund nicht wehren konnte – so gebildet er andererseits auch sein mochte.
    Bishop war nicht darauf vorbereitet, von jemandem angesprochen zu werden, da sie seit Jahren keinen Ton mehr in der Hütte Pallucks gehört hatte, bis auf das Schnarchen des Trinkers, wenn sie manchmal gekommen war. Tralee, die in ihren Augen das schlimmste Gift gewesen war, hatte sie gut in den Griff bekommen, indem sie sie ausfällig beschimpfte, und Palluck selbst war für sie wirklich der, der ihrer plumpen Art völlig ausgeliefert war. So überrascht Bishop auch war, antwortete sie Myrddin trotzdem.
    „Bishop heiße ich … Mistress Bishop, du lumpiger Kerl“, sagte sie, von Myrddin und seiner schleimigen Art angewidert. Wahrscheinlich hatte sie sich in ihrem Leben darüber geärgert, daß es nicht nur Mistress Bishops in der Welt gab.
    „Angenehm, Bishop … äh, Mistress Bishop. Guten Tag“, erwiderte der Zauberer erstaunlich freundlich und Palluck öffnete vor Staunen seinen Mund. Wie nur konnte Myrddin auf eine Herabwürdigung seiner Person eingehen, überlegte er. „Ich heiße Mister William Myrddin. Nicht Shakespeare … oder Flittchen … oder Lump, sondern ergreifend schlicht: Mister William Myrddin. Probiert es doch einmal. Es ist gar nicht so schwer“, meinte Myrddin

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