Myrddin
hätte, sollten sie am Bug auf ihn warten. Elwe flog zurück zu Caspar und Halvdan, die sich über den Erfolg des Unternehmens maßlos freuten.
Brian kam von der niedrigen Brücke des Schiffes, schaute über die Bordwand, sah Myrddin und Tralee auf den Eisschollen im Nebel stehen und wußte nicht, was sie angerichtet hatte.
„Wartet … hier ist eine Strickleiter. Irgendwo hier … muß so was sein …“, sagte sie und dann fiel auch schon eine leichte Leiter über Bord, die auf der Innenseite der Bordwand befestigte sein mußte. Myrddin zog zweimal kräftig an den Sprossen der Strickleiter und sah, daß sie hielt. Das war die Einladung, um die er Brian gebeten hatte, und noch bevor Tralee und Myrddin hochgeklettert waren, hörten sie das kindliche Weinen eines Mädchens. Patty Brian suchte ihre jüngere Schwester und fürchtete, daß sie sich durch den gewaltigen Aufprall verletzt haben könnte. Sie fand sie jedoch unversehrt und kam mit ihr an der Hand in den schmalen Gangbord zurück, die sich auf beiden Seiten des Schiffes zu dem Bug schlängelte.
„Kind, was hast du getan …?“ fragte Tralee bestürzt, als sie Brian sah und ihr bewußt wurde, daß sie auf einem Fischkutter stand, und Brian begann wie ihre kleinere Schwester fürchterlich zu schluchzen.
„Ich schwöre dir, ich weiß es nicht …! Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Und ich weiß nicht, was Sheannad hier macht. Das mußt du mir bitte glauben, Leslie …“, weinte sie und Tränen flossen über ihre Wangen und ergossen sich in ihrer Stimme.
„Das gibt es doch nicht, Patty. Was hast du dir dabei nur gedacht …?“ fragte Tralee außer sich. „Weiß du, in welche Gefahr du uns alle damit bringst? Weißt du das …? Was hast du nur angerichtet?“
„Ich weiß gar nichts mehr …! William … hilf mir doch“, flehte Brian weinend um Beistand in ihrer Not.
„Ich glaube, es ist fürs erste genug, Leslie. Es muß ein Schock für Patty sein. Glaubst du nicht?!“ nahm Myrddin das Mädchen in Schutz. „Ich finde es ganz großartig, was du für uns getan hast, Patty. Wirklich. Ich bin überwältigt. Du machst deinem Namen alle Ehre, auch wenn du das nicht hören möchtest. Hör auf zu weinen … es ist alles in Ordnung“, sagte er und sie vergoß jetzt erst recht alle Wasser ihrer Meere, als sie Myrddin in den Arm nahm und sie weinen durfte, solange sie wollte, da sie von ihm beschützt wurde.
„Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Bitte … bitte, glaube mir das, William … Ich habe keine Ahnung … Gar nichts weiß ich mehr …“, weinte sie an seiner Brust.
„Ist doch ganz egal, Patty. Du bist hier, du bist gesund und munter und du hast Großes vollbracht. Das können nicht alle Menschen von sich behaupten … und … und wir sind alle wieder zusammen. Ist das nicht wunderbar?!“ lobte Myrddin sie. „Und das ist das Boot von deinem Onkel … nicht wahr …“
„Ja … und der wird mich dafür erhängen, erschießen und den Fischen vorwerfen …“, weinte sie immer noch.
„Na, so schlimm wird es ja wohl nicht werden, oder? Immerhin bist du ja nicht allein“, meinte Myrddin auf seine freundliche Art.
„Hast du eine Ahnung …“, beruhigte sich Brian etwas.
Myrddin war begeistert, lobte ihr unfaßbares Geschick, hob ihr Verantwortungsbewußtsein hervor – das sie ihr eigenes Wohlergehen dem von Tralee und seinem untergeordnet hätte –, schmeichelte und sagte ihr, daß er ihr das niemals vergessen würde. Und Brian wurde ruhiger. Ihre kleine Schwester war verstört und Tralee konnte nicht fassen, auf dem gestrandeten Schiff von Charles Rhys zu stehen, das Brian gestohlen haben mußte. Myrddin versuchte ihnen einzureden, daß Brian selbst ein guter Teil des Bootes gehören würde, da Rhys ihr Onkel wäre, keine Frau oder Kinder hätte und folglich die beiden Brians als einzige Erbberechtigten in Frage kämen. Und sein Eigentum könne man nicht stehlen.
Für Tralees strenge Grundsätze war und blieb es aber ein Diebstahl. Es war ein weiterer krimineller Akt, der sie alle immer tiefer ins Unglück stürzen würde. Tralee konnte die Umstände in ihrem Verstand nur so wiegen, wie es die Menschen tun mußten, die nach ihnen fahndeten. Bei wohlwollendster Betrachtung und größtmöglicher Gnade eines Jugendrichters könnte die bedenkliche Energie Brians bisher noch als Jugendsünde beurteilt werden, meinte Tralee und wollte dem Treiben ein unbedingtes Ende setzen, das sie als gemeine und vorsätzliche
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