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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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Reisen sein sollten und sich Obst und Gemüse selbst anbauen könnten? Das Getreide könnte man bei den Bauern erwerben und sich selbst der beste Bäcker sein. Was wäre es in der neuen Zeit für eine unfaßbare Aufgabe, den Mundschenk zu spielen, da bei solchen Eßgewohnheiten, wie er sie auf den Shetlands in der Irene Bay kennengelernt hatte, jedermann sein Gift in die Blechdosen bringen könnte und es keine Köche mehr gab, die man dafür hätte zur Rechenschaft ziehen können? Und waren möglichst giftige Nahrungsmittel, die keinen Geschmack mehr besaßen, der Preis für die Zeit, die der Mensch anderen zu geben hätte? Tatsächlich hatte die Menschheit mehr Zeit als damals, doch wenn sie sie nicht zur Verfügung stellen mußten, indem sie zu arbeiten hatten, verschwendeten sie das kostbare Kleinod, meinte er. Wie wäre es sonst möglich, daß es Nahrungsmittel in Metalldosen geben könnte, die ihren Markt fanden? Oder ergab sich daraus eines der Ziele der Zivilisation: die Zeit der Menschen durch Konservendosen fernzusteuern und sie ihren Spaß haben lassen, aber ihnen nicht mehr zu gestatten, eigenes Gemüse anzubauen, da derjenige, der Pflanz- und Erntezeiten der Mohrrübe kannte, sich mit großer Wahrscheinlichkeit schlechter kontrollieren ließe? Jede Mohrrübe bedeutet ein Stück Freiheit und mußte ein Stück gesundes Gemüse sein. Gab es Menschen, die anderen die Kenntnisse nicht mehr zugestanden, damit die geschnittenen Rüben in Dosen aus einer spendablen Hand auf den Markt gebracht, ihre Anbauumstände aber verschwiegen werden konnten? Und versprachen die eigenhändig gesäten und geernteten Mohrrüben schon zuviel der Unabhängigkeit von einer fremden, angeblich wohltuenden Hand?
    Myrddin hatte Appetit, und zwar nicht auf irgendeine Brühe, die es in Würfeln gab, die einfach mit Wasser zu übergießen waren, sondern auf richtiges Obst und Gemüse. Einmal hatte er einen Apfel probieren wollen, den Tralee mitgebracht hatte. Die Schale des Apfels war so ekelerregend glatt und wachsig gewesen, daß er nicht einmal den Geruch ertragen konnte. Sie hätte ihm ein Stück madigen Fleisches vorsetzen können, und er hätte es dem Apfel vorgezogen. Das, was die Menschen als Äpfel genossen, wäre vielleicht eine mutierte Abart von überdimensionalen Kirschkernen oder synthetischen Fruchtbällen, hatten jedoch mit seiner Vorstellung eines Apels nichts mehr gemein. Er hätte ihnen gerne einen einzigen von seinen Äpfeln gegeben, die er bei sich gehabt hatte – oder einen ursprünglichen, der noch auf Avalonis gewachsen war, damit sie verstehen lernten, was ein Apfel in Wirklichkeit war. Ihre künstlichen Schalenkugeln jedenfalls rochen nach beißenden Substanzen, die auch das Wasser verdorben haben sollten. Und Myrddin wünschte sich zurück zu seinem Apfelbaum auf Nordkvaloy, der ein solcher Zögling der Apfelbäume von Avalonis war, das in die Nebel getaucht ist – Äpfel, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen, erdfarben und stumpf, wie ihre Schale war. Und seine Nüsse hatte er ebenfalls dem Norden überlassen. Auch seinen letzten bedeutenden Sack mit Kräutern, Tinkturen und heilenden Alkoholen wie wohltuenden Destillaten hatte er nicht mehr bei sich. Wahrscheinlich war den Vanyar die Kostbarkeit seiner Fracht nicht klar gewesen. Wie sonst konnte man wegen eines Menschenlebens solche Schätze untergehen lassen , fragte er sich. Seine Reagenzien und seine Drogen wären ihm wichtiger gewesen als sein Leben, hätte er sein Bewußtsein auf der Nordsee nicht eingebüßt. Eriu hätte auf ihn acht gegeben, und er hätte auf seine Kräuter aufpassen müssen, die er jetzt nicht mehr besaß. Wahrscheinlich aber würde er sie bei seiner Reise nicht mehr brauchen können, meinte Myrddin und vertraute darauf, daß sich alles zusammenfügen werde, wie sich schon sooft für ihn alles von allein ergeben hatte, ganz ohne sein Dazutun.
    Er dachte an viele Dinge gleichzeitig und spürte unter den Bäumen auch endlich die Nacht in sich aufsteigen, rieb sich den Tagstaub aus den Augen und lehnte sich zufrieden an den Baumstamm, den er noch vor Jahren Buche genannt hätte. Diese Buche war krank, schwitzte einen eigenartigen Geruch und war aus einem schwachen Samen gewachsen. Myrddin setzte sich trotzdem an ihren Stamm, legte seinen Stab über seine Beine und döste vor sich hin, bis ihm endlich wieder einmal der Schlaf begegnete, grüßend seines Weges um den Stamm eines Nußbaumes bog und ihm für Augenblicke

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