Myrddin
wir gehen werden. Ich habe die Kraft in mir, alle Wege zu gehen, und Energien, um die Erde erhitzen zu lassen.“
„Entschuldige … aber was meinst du, wohin wir schließlich und endlich gehen werden?“
„Was glaubst du, Hörn?“
„Ich glaube dir.“
„ Touche …! Gut geantwortet, mein Freund“, lachte Myrddin und schlug Hörn auf den Hals.
„Was meinst du, wann sie kommen werden? Hast du sie diesmal im Gefühl?“
„Das kann ich nicht sagen. Es wird sehr bald sein. Ich bin das letzte Mal von ihnen überrascht worden. Ich weiß nicht, ob ich sie diesmal rechtzeitig fühlen kann. Aber der Himmel ist klar und ich trinke meine Wasser. Nur … sie selbst zu rufen wage ich nicht. Die Zeit, die verbleibt, will ich mit Akita und Pacis genießen. Die Gwyllons sollen kommen … und dann werde ich für sie bereit sein … und es wird schon sehr bald sein, befürchte ich“, meinte Myrddin und dann sprachen sie über die Wölfe, über die Vanyar, und die beiden Zeitwanderer waren froh über solche Freundschaften, die sie geschlossen und über Generationen gehalten hatten.
Als Akita und Pacis sich wieder zu ihnen gesellten, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zurück zur Grotte.
Am Abend stellte Myrddin abermals seinen Kristall in der Höhle auf, dessen weißblaues Blitzen in den Felsen zuckte. Wie unter einem hellblauen Regenbogen saßen sie vor der Welt beschützt, tauschten ihre persönlichen Eindrücke aus, die sie während der Reise gewonnen hatten. Ihre Eindrücke waren die Fresken der Wohnräume und Wandelhallen ihrer Geschichten und Abenteuer. Sie waren der Spiegel an den Wänden, in denen jeder etwas anderes gesehen hätte, sobald er hineinschauen würde, obwohl sie in denselben Räumen gewesen waren.
Die Wölfe verstanden den Nebel in dem Wald nicht. Er war anders als alle Nebel, die sie bisher erlebt hatte. Es schien ihnen ein Bodennebel zu sein, der jedoch nur in den Baumwipfeln lastete. Es war ihnen, als hätte er ihren Weg im Wald beschützt, und trotzdem hatten sie Witterungen in der Nase. Stimmen, die sonst durch den Nebel weit getragen wurden, erstickten in diesem. Sobald Pacis mit Akita hatte sprechen wollen, als sie im Wald auf der Jagd gewesen waren, hatte ihn das Gefühl beschlichen, daß er nicht laut genug rufen könnte, damit sie ihn hören würde – und doch hatte sie sein Flüstern schon verstanden. Das war den Wölfen unbegreiflich und sie baten Myrddin um eine Erklärung.
„Außerdem verstehe ich nicht, warum der Nebel in dem Wald hängt und wir in den Himmel über uns sehen können, o Merlin“, sagte Akita und schaffte ihrer Wißbegier Gehör.
„Und mir scheint es, o Merlin, daß dieser Nebel wie ein milchiges Wasser in der Luft steht“, fügte Pacis hinzu.
„Der Nebel ist ein guter Bekannter, nicht wahr, Merlin“, meinte Hörn, dem es an der Zeit schien, daß Myrddin den Wölfen seinen Nebel erklären sollte.
Myrddin jedoch schwieg zunächst. Der Nebel war immer seine einzige Festung gewesen. Er war die Wehren seiner Burg, die Zinnen seiner Türme und er war für ihn die Bewahrung seiner selbst, doch schließlich freute sich Myrddin, daß er Tiere um sich hatte, die nach ihm fragten.
„O ja, ich kenne ihn gut“, antwortete er versonnen. „Der Nebel ist so etwas wie mein Atem.“
„Du meinst, daß du ihn machst, o Merlin?“ fragte Akita.
„Ich kann ihn ebensowenig machen, wie ich mich oder meinen Atem machen könnte. Der Nebel ist um mich, wenn ich ihn brauche – und er entsteigt meinem Willen. Er entspringt meiner Macht, wenn ich ihn rufe.“
„O Merlin, du hast wahrhaft Macht über den Nebel?“
„Er ist ein Tor zu mir selbst. Er ist der letzte Begleiter der versunkenen Inseln und er ist für mich, was anderen Menschen ihre Häuser und Burgen, ihre Heere, Armeen und Schergen waren. Niemand kann ihn belagern und er schützt mich, indem er andere in die Irre führt, Pacis. Niemand hat einen Schlüssel zu ihm – und die offenen Tore waren den Menschen immer uninteressant. Wenn ich es nur wollte, würde er diejenigen in den Wahnsinn führen, die sich mir in finsteren Absichten nähern wollten. Der Nebel ist ein Teil meines Atems, in dem ich der Fährmann bin.“
Die Wölfe schwiegen. Sie konnten sich nicht vorstellen, daß der Mensch vor ihnen solche Kräfte besitzen sollte. Und falls er sie besäße, weshalb gebrauchte er sie nicht? Es könnte keine Gefahren für ihn geben, wenn er den Nebel rufen würde und vielleicht noch andere Kräfte besäße,
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