Myrddin
über die er noch nicht gesprochen hätte?
Und Myrddin antwortete auf die Fragen von Akita, die sie nicht auszusprechen gewagt hatte.
„Weißt du, Akita, mein Leben hat keinen eigentlichen Wert an und für sich. Es kann wertvoll durch die Taten und die Zeit werden, die ich erleben durfte. Aber das Leben an und für sich ist ein leerer Raum, ein unbeschaffener Kosmos um uns herum. So, wie wir nicht aufhören zu leben, hören wir auch nicht auf zu sterben. Macht über das Leben …? O ja. Ich besitze sie. Und es ist mit ihr wie mit den Teichen, den altweibernen Weihern, an deren Ufern man steht und deren Tiefe man nicht erwägen kann, Pacis. Je tiefer du dich in ihnen ergehst, desto schneller wachsen ihre Ufer zu einem Moor zusammen. Das ist die Macht, die ich besitze und die ich in mir trage. Den Teich habe ich gefunden und ich stehe an seinen Ufern – sehe die Haseln und die Eschen, auch die Hainbuchen, die Weiden und die Erlen. Ich sehe die Brandenten und Haubentaucher auf ihm. Doch Frösche wird es nicht geben, keine Mücken und keine Fische. Die Silberperlen der Nacht traufen in ihn und ich stehe an seinen Ufern, wasche mein Gesicht und meine Hände von meinem Tageswerk, das mich das Wasser pflegen ließ. Es dankt mir mit den kräuselnden Nebelschwaden, die über seine schwarze Haut tanzen, und mit einem Eichenstamm, an dem ich mich ausruhen kann. Es läßt mich gehen und heißt mich willkommen, wann immer es mich nach ihm verlangt. Ich gehe um den schwarzen See, schöpfe das Gänsekraut aus ihm, spüre den torfigen Boden unter meinen Füßen und wasche mich. Und wenn ich seiner Wasser bedarf, so bin ich eingeladen.
Pacis, was währen soll, bedarf der Pflege – und ich nehme mir die Zeit, da ich sie lebe. Mein Teich … er würde verlanden, wenn ich ihn an seinen Quellen schöpfte, ohne mich um seine Ufer zu sorgen. Und ich werde die Kraft seiner Wasser in vollen Zügen genießen, sobald sich mein Weg erfüllt. So ist es mit der Macht, dem Zauber und der Magie. Und so ist es mit dem Leben, das ich mit der Pflege meiner Weiher anreichere, und den leeren Räumen, die ich durch meine Arbeit fülle …“, sagte er sehend vor sich hin und schaute dann Akita in die Augen. „Und außerdem trage ich manchmal gerne das, was als Mensch in mir wohnt. Ich spüre die Widrigkeiten, die mich ärgern. Ich erschöpfe mich überzeugt, weil sich Menschliches erschöpfen läßt. Und ich verschwende manchmal meine Zeit, weil ich sie verschwenden möchte – obwohl ich sie im eigentlichen Sinn nicht verschwenden kann, da sie mir noch nicht begegnet ist. Zuzeiten ist es besser, vor Zorn zu brüllen, denn sich durch Zauberei und Magie einen Weg zu ebnen. Dabei sehe ich der Menschheit in ihre Herzen und in ihren wunden Verstand. Wollte ich ebnen, räumte ich immer etwas aus dem Weg … und glaube mir: ich möchte nicht in der Wüste meiner Macht leben müssen. Mein Alter trägt den Wunsch, sich an Hindernissen und Flickwerk zu erfreuen, sofern sie nicht bedrohlich sind und den Verstand verklären oder betören zu beginnen. Das eine oder andere wäre schon leichter, wenn es wäre, wie ich es haben wollte. Aber ich sehe mich als Mensch, und wenn ich zaubere, so nur dann, um meine Gefährten vor dem zu schützen, was auch ich als Mensch zu empfinden in der Lage bin. So könnt ihr es verstehen, hoffe ich.
Was mir wichtig ist, das seid ihr, denn auch mit euch fülle ich meine Räume. Und manchmal bin ich mir selbst viel zu wichtig, weil ich gerne den armseligen, verhungernden und müden Menschen in mir lebe, um die Art der anderen Menschen zu erfassen. Dadurch werde ich wohl nicht reicher, sondern lerne dabei nur, euch umso mehr zu schätzen und zu lieben …“
„O Merlin, ich kann es so verstehen, wie du es gesagt hast“, sah Akita ihre Frage umfassend beantwortet und es war ihr nicht wohl, da sie nicht sagen konnte, ob sich Myrddin durch sie zu einer Aussage verpflichtet fühlte. Sie konnte ihm glauben und vertrauen und sie zog Parallelen zu ihrer eigenen Art – zu ihrem Wolfsein – und fragte sich, ob sie, falls sie Macht besäße, diese nicht wirklich verschwenden würde. Außerdem war sie jung und neugierig. Sie wollte die Welt und sich selbst in ihr als Wölfin erproben. Sie wollte so viel von den Dingen der Menschen verstehen lernen, wie sie nur aufnehmen konnte, da sie ihre Sippe in ihrem Leben besser schützen wollte, als es den meisten Wölfen gegen die Menschen gelungen war.
„Und Merlin … du weißt gewiß, daß
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