Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
Vom Netzwerk:
Myrddin, den er bei sich trug, während die Wölfe bei Hörn sitzenblieben.
    „Du bist ja ein waschechter Impressario, William … mit deinem Stab …“
    „Ja, man kann nie wissen, womit man sich durchzuschlagen hat“, erwiderte Myrddin tonlos, als hätte er sich diesen Satz vor langer Zeit zurechtgelegt und nur darauf gewartet, ihn einmal irgendwo anbringen zu können.
    „Das stimmt. Aber daß du das in deinem Alter noch nötig hast. Warum schaffst du dir diese prächtigen Tiere an, wenn du für sie nicht aufkommen kannst, frage ich mich.“
    „Ich meine, wir haben alle einmal bessere Zeiten gesehen, nicht wahr“, meinte Myrddin viel- und nichtssagend.
    „William, du hast wenige Antworten auf viele Fragen! Aber lasse dir die Tiere zeigen …“
    Sie waren über die nasse, sumpfige Wiese zu den Käfigen gelaufen, in denen die Tiere lebten. Eaves hatte die Läden zuvor heruntergeklappt und so konnte Myrddin den altersschwachen, doch schönen Bengaltiger sehen, der Shila hieß. Es gab noch den verängstigten Silberlöwen Jeff und die Schimpansen, die in ihrem Gehege wild umherturnten. Die Schimpansen sollten allerlei Namen tragen, die sich der Gemütslage Kippenhahns anpaßten und der sie durch ihre Namen lobte oder tadelte. Die Ponys waren müde, willenlose, gebrochene Kleinpferde, die Tauben fette, verfressene Vögel, denen die Menschen sagenhaft häßliche Schwanzfedern angezüchtet hatten, und die Ziegen hatten wie alle Ziegen, die Myrddin kannte, die schelmischen, großen Bernsteinaugen, die ein unverwüstliches Temperament offenbarten. Ziegen gaben ihre Absichten niemals durch die Augen preis – und so waren es für ihn die liebenswerten kleinen Hexenkünstler mit steifen, kurzen, stämmigen Beinen, die fortwährend ihre Bockigkeit manifestierten.
    Ganapathy zeigte ihm den leeren Wagen, in dem die Dromedare gestanden hatten und in den Hörn geführt werden sollte. Anschließend zeigte er ihm, wo sie die Vorräte für die Tiere aufbewahrten, die im gleichen Wagen deponiert waren, da man ihn in der Mitte nur unterteilt hatte. Ganapathy erzählte, was die Tiere in der Regel zu fressen bekämen und wie Myrddins persönlicher Tagesablauf aussehen würde, wann er die Fütterungen zu machen habe, und zum Schluß gingen sie zu Hörn und den Wölfen zurück.
    „Jacky und Alex werden dir in der ersten Zeit sicherlich helfen, und außerdem wird es eine Umstellung für die Tiere sein, wenn wir auf Tournee sind. Du mußt dich dann den Tieren und ihrer Verfassung etwas anpassen. Aber das wirst du schon hinkriegen, nicht? Und sage mir: du bist ein Puppenspieler. Ich dachte schon, die wären alle ausgestorben … oder verhungert …“, meinte Ganapathy freimütig. „Bei wem hast du gelernt?“
    „Bei keinem habe ich gelernt. Ich habe mir einfach nur viel Mühe mit meinen Puppen gegeben. Das ist alles“, erklärte Myrddin bescheiden.
    „Und wie machst du das, alter Freund?“ fragte der Clown und legte seinen Arm vertrauensvoll um Myrddin, dem die Menschennähe nicht gefiel, die er aber zu dulden hatte, um den Clown nicht zu erschrecken. „Spielst du mit den Puppen sonst auf der Straße …?“
    Die Frage war gut und deutete natürlich auf den Sachverstand hin, den Myrddin nicht besaß, und er war um eine Antwort verlegen.
    „Wo sich mir die Gelegenheit bietet“, meinte er und überlegte, wie er wohl auf den Straßen, die er kennengelernt hatte, mit seinen Puppen hätte spielen können. Oder ob es nur eine Fangfrage von Ganapathy gewesen war?
    „Und hast du Musik dazu? Oder erzählst du Geschichten? Wie machst du das, William? Du machst ja ein richtiges Geheimnis darum …“, lachte Ganapathy.
    Stimmt, dachte Myrddin, und andererseits durfte er keine Geheimnisse anklingen lassen.
    „Ja, mit Musik … und ich erzähle Geschichten“, antwortete er beiläufig.
    „Und …? Und was noch? Also für einen echten Puppenspieler bist du nicht sehr gesprächig.“
    Myrddin sollte also sprechen. Puppenspieler und fahrendes Volk schienen geschwätzige Leute zu sein. Also mußte er auch sprechen, damit er unter ihnen nicht auffiel oder sich in irgendeiner Weise von ihnen unterschied.
    „Ich kenne viele alte Lieder, Geschichten und Märchen“, stammelte er weiter und wiederholte sich nur.
    „Warte, William. Wir sprechen gleich weiter. Da kommt unser dynamischer Agent. Ein Arschloch allerersten Grades, sage ich dir …“ Der Clown schlug Myrddin auf die Schulter und ging zu dem Mann, der zwischen zwei Fahrzeugen

Weitere Kostenlose Bücher