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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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waren stets wachsam. Sie beobachteten aus ihren graugrüngelben Augen die Menschen eingehend und schwiegen.
    „William … Passen auf Tiere. Towenz nix gut. Schlagen und schrei’n auf Tiere. Machen kaputt. Du Tiere … schön Tiere“, meinte Raimann und dachte voller Bewunderung an die Wölfe und Hörn, denen er ein Kompliment aussprechen wollte.
    „Ja, es sind sehr schöne Wölfe, Alex. Grauwölfe. Danke, ich werde auf sie aufpassen“, meinte Myrddin und sah die ehrliche Fürsorge Raimanns für die Tiere, die ihm noch nicht einmal gehörten.
    „Torrence ist wirklich ein widerlicher Zeitgenosse“, erzählte Ganapathy, der trotz seines Alters sehr feinsinnig, gepflegt und eine aparte Erscheinung war. Er hatte ergrauendes, dichtes Haar, das er ähnlich wie Myrddin trug, das nur nicht ganz so glatt und glänzend war. Der Clown hatte eine scharfe Nase und schmale Lippen, eine hohe Stirn und ein feinfaltiges Gesicht. Ganapathy stand auf, stützte sich auf die Tischkante und imitierte Kippenhahn auf seine unvergleichliche Weise, wie nur große Künstler es konnten.
    Wollen die Racker heute nicht wie ich … dann will ich auch nicht, wie sie wollen“, näselte er und strich sich mit der Hand durch die Haare. „Wo haben wir denn die Pomade gelassen …? Huch … Staub auf den Epaulettchen …“, und er wischte sich mit einer Hand den imaginären Staub irgendeiner Arena von seinen Schultern, strich sich noch einmal durch die Haare und sagte dann: „So, und nun … nun machen wir euch Feuer unter’m Arsch, Scheißvieh …“ womit Ganapathy seine Privatvorstellung beendete. Sie mußten über die kleine private Kostprobe von Ganapathys Kunst lachen.
    „William, Torrence Kippenhahn ist ein Fatzke, der sich für unwiderstehlich hält. Er hat aber alle Tiere auf dem Gewissen und nicht die geringste Ahnung, was in anderen Lebewesen vorgeht, die sich nicht ihre Haare pomadisieren. Seine Dressur hat immer etwas von einer Safari an sich …“, erklärte Ganapathy.
    „Und weshalb ist er dann noch bei euch?“
    „Wir kriegen keinen Besseren. Niemand, der Verstand hat, schließt sich in diesen Zeiten einem untergehenden Gewerbe an. Wir sind immer insolvent und Karriereaussichten kann ich auch nicht bieten. Die guten Dompteure, die es noch gibt, sitzen in den Staatsmanegen oder arbeiten für die Filmstudios und bekommen gutes Geld. Unsere Zeiten, William, sind vorbei. Wir haben alles gegeben, was wir konnten, und trotzdem den Anschluß verpaßt“, meinte Ganapathy. „Aber … nichtsdestotrotz … wir werden reisen, haben ein Frühstück und sind nicht kleinzukriegen, was, Jacky!“ meinte er fröhlich. „Wir haben unseren eigenen Zirkus, können gehen, wann immer wir wollen, und wir haben schon vier Spieltermine“, sah er es positiv und wußte, das ihnen der Zirkus schon nicht mehr gehörte, da die eigentlichen Akteure der freien Zirkuswelt die Banken waren.
    „William, wo hast du gelernt?“ erkundigte sich Eaves. Sie war eine junge Frau von achtzehn Jahren, sah magersüchtig aus, hatte sehr kurzgeschnittenes Haar und dunkelblaue Augen. Ihre feinporige Haut schimmerte wie eine Fischschuppe.
    „Meinst du das Puppenspiel? Das habe ich mir selbst beigebracht.“
    „Und woher hast du die Tiere? Ich habe noch keinen Menschen mit einem Hirsch und Wölfen zusammenleben sehen.“
    „Ach … den Hirsch habe ich großgezogen. Als junges Tier habe ich ihn gefunden, und dann ist er mir über den Kopf gewachsen. Und die Wölfe …“, zögerte er, „… die habe ich von einem Seemann erstanden, der junge Wölfe aus Skandinavien mitgebracht hatte. Er muß sie schlecht behandelt haben. Darum lassen sie keinen Menschen außer mir an sich heran“, log Myrddin, doch hatte er eine plausible Antwort gefunden, die den anderen gut zu gefallen schien.
    „Das sind bildschöne Hunde. Wie sie so ruhig dasitzen können …“, schwärmte Eaves für die Wölfe.
    „Das sind sie ganz gewiß“, und alle drehten sich zu ihnen herum.
    „Es ist schon neun Uhr. Mein Gott, wie die Zeit vergangen ist“, meinte der Clown. „Auf geht’s! Wir haben noch einiges zu tun. Ich geh gleich rüber zum Alten. Und du, William, du gehst mit Alex“, sagte Ganapathy. „Wir sehen uns dann zum Mittagessen wieder. Du wirst dich bei uns schon einleben, glaub’s mir.“ Er klopfte mit seiner Faust auf den Tisch, stand auf, öffnete die Tür und verschwand.
    „Gut Mensch, Ganymed … Wilam. Hier nix machen …“, meinte Raimann und tippte mit seiner

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