Myrddin
Mensch mit einem Tier sprechen durfte.
„Na komm, mein Guter. Wir bringen dich zu deinem Wagen und dann werden wir sehen …“, sagte er zu Hörn, als Raimann neben ihm stand und ihn zur Eile anhielt.
„Komm … fix kommen, William …“, meinte er und lief über den sumpfigen Wiesenplatz voraus zum Dromedarwagen. „Wenn Tier nix Kamel … dann viel Problem. Tier nix Papier …“, versuchte er zu erklären.
Hörn war aufgestanden und lief Myrddin zu dem Wagen hinterher, in dem die Dromedare gestanden hatten. Es war ein hoher Gitterwagen, der ihm genügend Raum bot. Aus einer Gittertür wurde ein Schekel geschraubt, das Gitter zur Seite geöffnet und ein Trittbrett unter dem Wagen hervorgezogen, das den Tieren als Aufgang dienen sollte.
„Komm, Hörn, mein Guter. Ich bin bei dir“, sagte Myrddin, der von Raimann nichts zu befürchten hatte, da er die Sprache nicht ausreichend verstand. Und Hörn lief mit traurigen Augen in den Käfig, als sei er als Schlachtvieh verkauft worden. Akita und Pacis konnten seinen Schmerz verstehen, durften sich aber nicht an den Hirsch wenden. Die schwere Gittertür fiel hinter ihm zu und Hörn hatte seine Freiheit verloren, stand auf durchgetretenen Holzdielen und hatte einen weltfremden Glanz in seinen Augen. Raimann schraubte den Schekel wieder vor die Tür, öffnete den schweren Holzladen des Wagens und sagte freundlich:
„Jetzt sehen … gut Tier … müssen sein …“, und Myrddin merkte, wie sehr ihm die Tiere am Herzen liegen mußten. „William … tun als arbeiten. Polizei … nix gut. Arbeit gut. Kommen … Alex zeigen …!“
Er lief zu seinem Wagen voraus, in dem Geräte aufbewahrt wurden. Besen, Harken und Schaufeln lagen auf dem Boden. Unzählige Flaschen mit den unterschiedlichsten Reinigungsmitteln standen in der Ecke und Raimann erklärte, daß das seine Manege sei. Er gab Myrddin einen mit Wasser gefüllten Eimer, einen Schrubber und einen Lappen und goß eine Reinigungsflüssigkeit in den Eimer.
„Waschen Autos, William. Ich zeigen …“ Er schloß sein Reich wieder, nachdem er sich selbst einen Eimer, Putzlappen und einen Schlauch genommen hatte.
Die Wölfe verfolgten jede Handbewegung von Raimann und Myrddin und saßen artig an seiner Seite, wie er es ihnen gesagt hatte – manchmal saßen sie so dicht bei seinen Beinen, daß er fast über sie gefallen wäre.
Raimann hatte oft zu ihnen hingesehen und bedachte sie mit Kommentaren wie gut Hund … schön Tier …, während Myrddin von ihm die höheren Weihen des Autowaschens erhielt. Mit einer seifigen Flüssigkeit, deren Ausdünstungen in seinen Augen und auf den Schleimhäuten brannten, schäumten sie die Zugmaschinen ein und der Staub und Schmutz wurden in dem Schaum gebunden. Dann wurde er abgewaschen. Es mußte ein ätzendes Lösungsmittel sein, das so etwas vermochte, dachte er, und sie waren in vollem Gang, schrubbten die Windschutzscheiben mit ihren Lappen, als ein Polizeiwagen kam und genau vor der Zugmaschine hielt, an der sich Raimann und Myrddin zu schaffen gemacht hatten.
Zwei Beamte in Zivil stiegen aus. Ein dritter uniformierter Polizist blieb zuerst noch im Wagen sitzen, schaute dann zu ihnen herüber und stieg erst aus, als die anderen beiden zwischen den Zugmaschinen hindurch über den Parcours zu den Wohnwagen gelaufen waren.
Es war ein heller, strahlender Morgen. Der Himmel verriet keinen Witterungsumschwung, als die Sonne in ihrem leuchtenden Gold über den Bergen von Northumberland aufging.
Raimann sah Myrddin verstohlen an, da das Polizeiauto direkt hinter ihnen stand. „Arbeiten … nix sehen … nix hören … lachen, William … dumm machen …“, flüsterte er zu Myrddin, und der Zauberer verstand, was der Mechaniker meinte. Falls der Polizist kommen sollte, wäre es klüger, sich nicht um ihn zu kümmern. Und wie auf jeden Menschen, so wirkten auch auf diesen Polizisten die Grauwölfe wie ein Magnet, als er sie sah.
Er stieg aus seinem Fahrzeug aus, kam etwas näher heran, war insgesamt eine unauffällige Gestalt in einer dunklen Uniform, die er an ihren Säumen strammzog, als er langsam schreitend Myrddin und Raimann inspizierte, die ihm die Rücken zugekehrt hatten und die Zugmaschine eifrig schrubbten. So schlenderte der Polizist hinter ihnen auf und ab.
„Sind die zahm?“ fragte der Polizist, ohne daß sich Myrddin oder Raimann zu ihm umdrehten.
Die Wölfe blickten den sonderbaren Polizisten seelenruhig an und waren an der Seite Myrddins entspannt, obwohl
Weitere Kostenlose Bücher