Myrddin
eine Bedeutung für ihn besessen hatte. Was ihm geblieben war, waren die Vanyar, von denen Caspar immer noch vermißt wurde. Es war sein Eschenstab, an dem nur noch ein Lederbeutel hing, da der zweite von den Gwyllons mitgenommen worden war. Es war ein Buch, dem bisher niemand Interesse geschenkt hatte, und es waren Hörn, Akita und Pacis, die treuesten seiner Freunde, die er sich wünschen konnte.
Myrddin war, als hätte er in seinem Leben etwas versäumt, als wolle er es in vollen Zügen in der verbleibenden Zeit neu erleben, und wenn er darüber nachdachte, so mußte er lachen. Trotzdem blieb das Gefühl und bedrückte ihn zuweilen. Wenn nicht er in seinem Leben die Gelegenheit gehabt hätte, seine Dinge zu erledigen, welcher Mensch hätte sie haben können, der nur einige Jahrzehnte in der Welt lebte und dann erneut leben konnte, wiederkehrte, als würde eine Welle den in den Sand geschriebenen Namen eines Menschen überspülen, der dann seinen Namen wieder und wieder in den Sand schreiben durfte, so lange, bis er in die Anderwelt eingehen würde.
Myrddin war bereits auf seiner Reise und hatte keinen Namen mehr, den er in den Sand zeichnen könnte, weil seine Ozeane austrockneten, seine endliche Zeit gekommen war und er in den Raum entlassen werden sollte – mit seinem Hörn und einem einzigen, kleinen, unscheinbaren Lederbeutel, der noch an seinem Stab hing.
Ganapathy hatte die Gegenstände Myrddins bewundert. Vor allem die Puppen hatte sich der Clown angesehen und feststellen müssen, daß er solche Puppen niemals zuvor gesehen noch jemals von ihnen gehört hatte. Und er hatte in seinem Leben viel gesehen und noch mehr gehört, denn war sein Leben nicht dem Antlitz alles möglichen schlechthin gewidmet? Umso mehr verwunderten ihn solch herrliche Puppen, und es entzückten ihn die Gesichter der Marionetten, die wohl Elfen darstellen sollten, vor denen er einige Male stundenlang wie hypnotisiert saß.
Über die Durchgangsstraße waren sie nachts gut vorangekommen. Es hatte keinen Gegenverkehr gegeben und so waren sie einen Tag zu früh in Blackburn angekommen, erkundeten die Lage ihrer Spielwiese und zogen dann am frühen Morgen in die Nähe von Whalley auf das Land, um ungestört von Menschen und einem dichten Verkehr zu sein, der die Tiere nur nervös machen würde.
Myrddin wollte sich an seine vorübergehenden Arbeiten gewöhnen und machte sich mit Eaves und Raimann zu den Tiergehegen auf, öffnete die Läden, damit die Tiere frische Luft bekamen, fütterte sie und säuberte die Gehege, falls nötig. Er durfte Hörn herauslassen, mit der Weisung allerdings, daß er in seinem Käfig bleiben oder angepflockt werden müßte, würde man sich auf Spielwiesen aufhalten und Menschen zur Besichtigung der Tiere erwarten. Man wollte das Publikum nicht erschrecken.
Beim Frühstück, das Eaves nach dem ersten Rundgang mit Raimann und Myrddin zubereitet hatte, war bereits das Lampenfieber zu spüren, das Künstler vor ihren Auftritten plagte. Ganapathy und die Freundin von Eaves waren neben Myrddin die einzigen, die Ruhe bewahrten. Bourke wurde mit Kippenhahn nach Blackburn und Bolton geschickt, damit sie ihre Ankündigungsplakate auf die ihnen zugewiesenen Werbeflächen kleben konnten. Die Lowells waren wortkarg und holten sich nach dem Frühstück einige Keulen aus ihren Wagen, mit denen sie jonglierten. Das Jonglieren mit Keulen, Ringen, Bällen und Fackeln, war zu einem festen Bestandteil ihres Körpers geworden. Trotzdem übten sie es, warfen sich die Keulen zu und konnten bis zu vierundzwanzig Ringe in der Luft fehlerlos kontrollieren. Ihre technische Geschicklichkeit überraschte Myrddin.
Eaves hatte sich nach dem Frühstück ein Seil genommen, auf den Boden gelegt und balancierte auf ihm hin du her, drehte sich und sprang dann verhältnismäßig unbeholfen. Shenann war wie gewöhnlich nicht zu sehen, wenn es kein Publikum gab oder ihn seine Schaltzentrale nicht vor Probleme stellte, die er allein nicht lösen konnte und sie anderen in die Schuhe schieben wollte.
Raimann, Ganapathy und Myrddin saßen zusammen mit den Wölfen im Wohnwagen von Eaves bei einem Kaffee – Myrddin hatte ein Glas Wasser. Sie standen mit ihren Wagen abseits der Hauptstraße auf einem Seitenstreifen, hatte die Tür geöffnet und genossen die laue Brise, die hereinwehte. Es war ein strahlend schöner Tag und der Wetterbericht des BBC versprach auch noch ein schönes Wochenende. Endlich einmal hatten sie wieder neue Perspektiven. Sie
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