Myrddin
Unterlagen ausgebreitet, die keine Beanstandung erkennen ließen. Bis auf die Ausweise von Kippenhahn und Bourke hatte er alle vorlegen können. Bourke hatte seine Papiere noch nicht zurückgegeben, und Kippenhahn war noch nicht wieder erschienen.
Die Zirkusfamilie lief auf dem Platz zusammen und stellte sich vor dem Wohnwagen Shenanns auf. Die Lowells waren noch im Wohnwagen, der Shenann gleichzeitig als Büro diente und Schaltzentrale seines Unternehmens war. Auf dem Platz standen Bourke, der Transvestit, die hagere Eaves, Raimann, Myrddin und zwei Wölfe, die der Seher an der Leine hielt.
Shenann trat als erster aus dem Wohnwagen und warf einen mißtrauischen Blick auf Myrddin und seine Wölfe. Ihm folgten die beiden Beamten. Sie hatten die Kopien oder die Originalpässe der gewerblich gemeldeten Mitglieder des Wanderzirkus. Und sie schritten die Reihe ab. „Sind das alle?“ fragte der Inspektor und jeder hatte bei der Frage ein schlechtes Gewissen. Eaves dachte sofort an Minus Thorpe, die noch in ihrem Wohnwagen saß. Ganapathy dachte an Kippenhahn und Shenann dachte an Myrddin, dessen Papiere er nicht hatte. Doch noch bevor irgend jemand etwas sagen konnte, war es Eaves, die erklärte, daß sie noch eine Freundin bei sich hätte, und der Inspektor griente, da er ein Schuldbewußtsein in allen Gesichtern sah, außer in dem von Myrddin, der selbstsicher lächelte.
„Deine Freundin kann ruhig im Wagen bleiben. Wir haben ja keinen Durchsuchungsbeschluß bei uns … Eaves, Jacqueline … wenn ich das richtig sehe“, sagte der Inspektor, indem er die Papiere durchblätterte, die er in den Händen hielt.
„Ja, Sir“, antwortete sie wie eine pflichtbewußte Staatsbürgerin.
Der Inspektor kam zu Bourke, sah ihn in einem schäbigen Kleid stehen und betrachtete ihn vom Scheitel bis zur Sohle. Dann stellte er seinen Namen fest und wanderte die Reihe zu Myrddin, neben dem die Grauwölfe saßen.
„Das ist …“, wollte Ganapathy erklären, als der Inspektor ihm zuvorkam und sagte, daß er lesen könne.
„Kippenhahn. Torrence Kippenhahn. Interessanter Name“, meinte er und Ganapathy schwieg. Shenann schaute ihn mißtrauisch an, aber niemand wagte dem Inspektor zu widersprechen. „Sie sind Dompteur … steht in Ihren Papieren …?“ fragte der Polizist Myrddin.
„Dann sollte es so stimmen“, meinte Myrddin unbeirrt.
„Haben Sie Ihre Wölfe auch schon dressiert? Schöne Tiere … Stehen gut im Futter …“
„Nein. Sie sind nicht dressiert.“
„Und in Ihren Unterlagen, Mister Shenann, habe ich keine Wölfe aufgeführt gesehen, für die Sie entweder Gewerbe oder Besitzsteuer bezahlen müßten“, meinte der Polizist.
„Die Wölfe gehören uns nicht …“, erklärte der Direktor zaghaft und feige.
„Das stimmt! Sie gehören uns nicht. Wir passen nur auf sie auf“, ergänzte Myrddin doppelsinnig.
„Trotzdem müssen sie eine Steuermarke haben, denn irgendwem werden sie ja wohl gehören.“
„Okay. Das wird erledigt“, sagte der Seher freundlich.
„Und Sie sollten sich Ihren Paß erneuern lassen, Mister Kippenhahn. Das Photo ist schon ein bißchen alt. Machen Sie das bitte bei der nächsten Gelegenheit“, bat der Polizist höflich, was Myrddin ihm zusagte.
Ganapathy atmete auf. Er hatte befürchtet, daß sich die Situation durch Myrddin nicht entspannen ließe. Doch sie ebbte geradezu durch ihn ab, da auch die Papiere von Raimann in Ordnung gewesen waren.
„Sie sagen, sie gehen morgen früh auf Tournee, Mister Shenann? Dann kann ich Ihnen nur viel Erfolg wünschen. Sollte etwas sein, habe ich Ihren Spielplan. Mal sehen, was aus der Klage wird und wie der Staatsanwalt den Lowell-Fall bewertet. Ach … und bringen Sie das mit den Hunden ins reine. Also dann … Gute Fahrt …“, sagte der Inspektor, grüßte zuvorkommend und ging mit seinem Kollegen über den schlammigen Parcours zurück zu seinem Auto.
Erleichterung war in den betretenen Gesichtern aufgestiegen, als hätte der Inspektor ihnen seinen Segen erteilt und ein gefülltes Besucherzelt in ihrer Saison vorhergesagt. Raimann dachte an den Polizisten, der wohl immer noch salutierend vor dem Auto stehen mußte, und er sah sich schuldbewußt um, da er jeden Moment eine Reaktion der beiden Beamten erwartete, wenn sie ihren Kollegen im feinen Cotton-Doppelripp stehen sehen würden. Und tatsächlich drang ein haltloses Lachen durch die Zugmaschinen über den Platz, das die anderen nicht verstehen konnten.
Als Raimann das Lachen
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