Myrddin
Vormittag die Landschaft zu durchstreifen – zu einem Fluß zu gehen, der sich vor ihnen durch ein flaches, hügeliges Tal schlängelte. Der Ribble hatte keine perlenden, sprudelnden Wasser, selbst zu dieser Jahreszeit nicht, doch er war die Bewegung in einer starren Landschaft, die die Menschen anzog. Myrddin nahm seinen Hirsch und die Wölfe mit, die er frei laufen ließ, sobald sie aus dem Blickwinkel der Wagen waren. Raimann war ein Verbündeter, der von ihm lernen wollte und eine bemerkenswerte Auffassungsgabe besaß.
Myrddin und Raimann waren die beiden Hilfskräfte des Zirkus und mußten sich zusammenraufen, wie sich das einfache Volk immer schon durch seine Interessen zusammenzutun hatte. Außerdem war Myrddin auf ihn und auf sein handwerkliches Geschick angewiesen, da er in seinem Leben noch kein Zirkuszelt aufgebaut hatte. Er konnte sich noch nicht einmal vorstellen, was eine Manege war.
„Nix schwer, William … leicht. Holz schlagen Erde … und Seile“, hatte Raimann ihm erschöpfend erklärt. Und Myrddin erklärte ihm, daß es nix nicht gebe, und brachte ihm die richtigen Begriffe bei. Sie streiften durch das Flußtal, hingen ihren Gedanken nach und Myrddin war für Raimann ein großer, persönlicher Gewinn.
„Gut sein du hier, William. Gut auch Ganymed. Ganymed freuen glauben“, meinte er und Myrddin dachte wieder über die Menschen nach.
Ganapathy schenkte den Menschen seine Zeit, seine Gesundheit und sein Leben. Den Clown zu spielen war die Passion seines Lebens. Es war seine Berufung. Er ordnete sein Leben der Freude anderer unter und verlor sich in den Menschen, die um ihn waren. Je mehr Myrddin darüber nachdachte, desto mehr schien es ihm, als stehle der Clown den Menschen die Zeit, um sie ihnen zu verdoppeln, und er war auf den ersten Auftritt des Clowns gespannt – gespannt auch auf die Reaktionen der Menschen. Er holte Hörn und die Wölfe heran, nahm sie wieder an die Leinen und ging mit Raimann zu den abgestellten Wagen. In einem von ihnen wollte Eaves sie bewirten.
„Du William … neue Sachen von Mladinska“, sagte Raimann, als sie vor dem Wohnwagen von Eaves standen. „Nichts gut. Sein alt. Kaputt … neu von Mladinska.“
„Das heißt: Deine Kleidung ist alt und nicht mehr gut , Mladinska“, lehrte Myrddin ihn, dem die Kleidung völlig gleichgültig war, die er trug. Das Hemd von Palluck war die Frucht eines miserablen Webstuhls und der Troyer war zerschlissen. Seine kräftigen Jeans hatten noch die Erde des Coed Celyddon an sich und die Schuhe, die ihm Brian gegeben hatte, erfüllten ihren Zweck. Natürlich war seine Kleidung heruntergekommen, sah er sich die anderen an. Aber es störte ihn nicht.
„Nach Essen … du und ich … Sachen suchen“, meinte Raimann und Myrddin war damit einverstanden.
„Alex, das ist eine gute Idee“, rief Ganapathy durch das offene Fenster, da er die letzten Worte der Unterhaltung mitbekommen hatte. „Wir machen aus William nicht nur einen Herb Rhine, sondern wir machen aus ihm den einzigartigen Derwisch DINI , der auf seinem Hirsch in die Manege geritten kommt, beschützt von seinen beiden Wölfen, flankiert von ihnen auf beiden Seiten … was für ein hinreißendes Bild“, lachte der Clown, als Raimann und Myrddin den Wagen betraten und sich ihren Platz suchten, nachdem die Wölfe ihren gewohnten Platz an der Wand eingenommen hatten.
„Nicht schlecht“, meinte Myrddin. „Stinken muß ich ja schon wie ein Derwisch … oder eine faule Morchel“, gab er zum besten.
„Und an deinem Kinn sprießt der Sonnentau“, ergänzte Ganapathy. „Du solltest dich aber wirklich waschen und dich ein bißchen herrichten, bevor wir nach Blackburn fahren. Die Menschen reagieren etwas allergisch auf uns, obwohl sie sich einige ihrer Sehnsüchte von uns erfüllen lassen wollen. Wir sind für sie dreckiges Gesindel und versuchen gerade deshalb meist sauber und adrett zu erscheinen, um ihnen dieses Vorurteil zu nehmen, William. Wir gießen ihnen kein Öl in ihre Feuer. Auch zu Tisch erscheinen wir gewaschen und nicht schweißgebadet. Verstehe das bitte nicht als Kritik, sondern einfach nur als Bitte. Es ist eine Geste der Höflichkeit, die wir als Wertschätzung dem anderen erbringen. Nach dem Essen kannst du dich in meinem Wagen duschen. Ich zeige dir wo. Und rasieren kannst du dich auch“, sagte Ganapathy in freundlichem Ton.
„Gerne“, meinte Myrddin und das Thema war für ihn abgeschlossen.
„Eaves hatte Nudeln gekocht und eine Soße
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