Myrddin
zählte. Die Eindrücke der Zeit waren verspielt nett, doch sicherlich nicht mehr von Interesse für ihn. Das Duschgel, das er sich genommen hatte, roch frisch – aber das, was einen irischen Frühling verheißen sollte, roch nicht anders als die schwüle Puderstube einer Maitresse, die sich für ihren Galan herausputzte. Mit dem Handtuch war er versucht, den Duft wieder von seiner Haut zu reiben, so lächerlich kam er sich vor, aber er blieb an ihm haften, und als er aus der Dusche kam, lachten die Wölfe und selbst die Vanyar bemerkten seinen Kummer, gingen aber nicht darauf ein, da ihre Nasen für die Gerüche der Menschen unempfindlich waren.
Myrddin jedenfalls war geduscht, hatte sich rasiert, ließ sich anschließend von Raimann neu einkleiden, bekam ein Hemd, einen Wollpulver und eine neue Jeans und sah nicht anders aus als der gelernte Hilfsarbeiter eines mickerigen Zirkusensembles, das von einem Master Anthony Shenann geleitet wurde.
Am späten Nachmittag kamen Bourke und Kippenhahn zu ihnen, die die Plakate als Vorankündigung an mehreren Stellen der Umgebung angebracht hatten. Eigentlich schien es Eaves zu spät dafür zu sein, da man bereits am folgenden Tag die erste Vorstellung geben wollte. Dennoch machten sie sich auf den Weg nach Blackburn, fanden ihre Spielwiese, stellten Scheinwerfer auf und errichteten noch am gleichen Abend das Zelt. Zwei große Masten wurden für die Dauer ihres Gastspieles von der Gemeinde geliehen. Und im Licht der Scheinwerfer arbeiteten sie ununterbrochen bis in den späten Abend.
Raimann schlug als erstes Holzpflöcke in den weichen Boden. Dann breiteten sie die Plane zwischen den Pflöcken aus und schoben die Masten mit einer Länge von jeweils gut fünf Metern unter die Plane. Über Seilwinden richteten sie die Masten auf und viele Zurufe und Anordnungen zeigten ein eingespieltes Team. Man hätte Myrddin nicht gebraucht. Die Masten wurden dann mit Stahltrossen am Boden verspannt. Danach richteten sie die Plane aus, indem sie zugfeste Schlingen, die an der Plane befestigt waren, um Holzpflöcke zerrten und Spannung in das künstliche Dach kam.
Raimann arbeitete, daß ihm der Schweiß vom Gesicht lief, um fand immer noch keine Zeit, um Myrddin Erklärungen zu geben, die Grundsätzliches zum Zeltaufbau betrafen. Die Kunststoffplane roch ekelerregend, als man sie ausgebreitet hatte. Doch der Geruch verflog, als das Zelt stand. Zum Schluß lief Raimann mit Myrddin um das Zelt, um die Seilspannungen zu prüfen, und Myrddin war von der Größe des Zeltes beeindruckt.
„Nichts groß … klein. Groß Zelt ist vier Zelt groß“, meinte Raimann verschwitzt.
„Ein großes Zelt ist wirklich viermal größer, meinst du?“ fragte Myrddin und Raimann verstand, daß ihn Myrddin korrigieren wollte, und wiederholte, was er gehört hatte. Dann wurden sie zum Abendessen gerufen. Hörn durfte unter freiem Himmel liegen, mußte allerdings an einen Pfahl gebunden werden. Die Ponys und Ziegen grasten angepflockt wie Hörn, und die Spielwiese in Blackburn war trockener, als ihr Winterlager jemals gewesen war.
Am darauffolgenden Tag errichteten sie die Tribünen aus Holzbänken, die man allerorts mieten konnte, und ein anderes Unternehmen brachte drei Fuhren Holzspäne, die sie über dem Wiesenboden unter der Zeltplane verteilten. Es war eine schwere Arbeit und Myrddins Hände taten von der neuen Tätigkeit weh.
Am späten Nachmittag kamen die ersten Neugierigen, begafften die wenigen Tiere und zogen enttäuscht wieder ab. Siebzehn kleine Kinder ritten auf den Ponys und Ganapathy rechnete die Einnahmen mit Kippenhahn ab, der geschworen hatte, daß es nur dreizehn Kinder gewesen seien. Ganapathy beließ es bei den Beteuerungen Kippenhahns und meinte, daß ihm Leute sympathischer wären, die ungeschickt lügen würden, weil sie nicht lügen könnten, und dabei zwinkerte er Myrddin zu.
Zu den ersten beiden Vorstellungen des Zirkus kam ein gemischtes Volk, entweder aus Langweile an ihrer einseitigen Unterhaltung oder auf der Suche nach einer schnellen Bekanntschaft, die man vor dem Fernseher nicht machen konnte – aber keinesfalls aus Interesse am Zirkus oder seinen lausigen Darbietungen, die trotzdem brav beklatscht wurden. Dabei machte die Seilakrobatik von Eaves den Jungen am meisten Eindruck, weil sie vom Seil herunterfiel, sich ihre Strumpfhose aufriß und ihr Ballettkleid an einer Stelle aufschlitzte, die Jungen zum Johlen bringen konnte.
Weinend lief Eaves aus der
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