Myrddin
Bourke hatten sie alle das Schauspiel miterlebt. Sie alle waren Teil einer Inszenierung geworden, die die Menschen an die Grenzen ihres Vorstellungsvermögens gebracht hatte. Ganapathy selbst hatte es nicht erlebt – und doch stand er zitternd in der Schar seiner ihn bewundernden Artisten. Myrddin holte ihm eine Flasche Sanddornsaft aus dem Wohnwagen, den die Vanyar für ihn gestohlen hatten und den er noch nicht ausgetrunken hatte. Dankend trank Ganapathy ihn und das Ensemble bestürmte ihn mit Fragen.
„Wie hast du das gemacht, Ganymed? In meinem ganzen Leben habe ich so etwas Tolles noch nicht gesehen“, meinte Eaves, und Ganapathy konnte sich nur an den traurigen Schmerz in seiner Brust erinnern, von dem er erfaßt worden war, als sein Luftballon zerplatzte.
„Warum hast du so etwas Schönes nicht schon früher gemacht? Es war phantastisch …“, staunte der ältere Lowell.
Shenann stahl sich nur in seinen Wohnwagen, während Ganapathy in dieser Nacht gefeiert wurde. Mit ihm wollte man zu anderen Ufern aufbrechen. Der Clown sollte mit seiner Nummer die Welt begeistern, die ehrwürdigen Bühnen der Metropolen erobern, und man selbst wollte ihm die Hemden bügeln, ihn managen und ihn so gut verkaufen, wie er sich verkaufen ließ. Auch der Gedanken, Myrddin und die Wölfe in seine Choreographie mit einzubeziehen, sei genial gewesen. Sie tranken, sprachen, erzählten und träumten. Sie träumten von einem größeren Zirkus, von einem dankbareren Publikum, und er Clown Ganymed ließ sich die Ehren gefallen, von denen er nicht wußte, wer sie verursacht hatte und wie sie verursacht worden waren. Man klopfte dem alten Mann auf die Schulter, kümmerte sich an diesem Abend nicht mehr um den Abbau des Zeltes, trank Bier, billigen Schnaps und Rotwein und hatte zum ersten Mal das Gefühl von einem möglichen Ruhm in sich, das sie sich betrinken ließ.
Der Zauberer war mit seinen Tieren und den Vanyar gegangen, da er an dem Gerede der Menschen nichts finden konnte und Gelage nicht mochte. Er kannte sie zu gut und wußte, in welchen Taumel sie geraten waren. Ihm waren Hörn, Akita und Pacis wichtig – und eine schnelle, sichere Reise nach Stonehenge.
Die beiden Wölfe, die die Vorstellung miterleben konnten, hatten Hörn von den Kräften ihres Myrddins erzählt und schwelgten anders als die Menschen in Anerkennung, bis Myrddin sie auslachte.
„Akita, hast du noch niemals Wind erlebt?“
„O Merlin, das habe ich. Aber ich habe noch niemanden gesehen, der ihn machen konnte“, sagte sie. „Und du, o Merlin, hast den Menschen Wind gemacht.“
„Das siehst du, weil du es so sehen möchtest. Aber niemand kann den Wind machen, glaube mir. Man kann ihn haben, man kann ihn befreien und lenken. Ich kann ihn zügeln und bändigen. Und ich kann ihn entfesseln, Akita. Aber der Wind macht sich allein“, schmunzelte Myrddin und hatte ihr erklärt, was sie nicht zu glauben bereit war. Sie glaubte, daß Myrddin sie schon richtig verstanden hätte und er sich ihr gegenüber nur bescheiden verhielt.
„Das war ein Zauberer, o Merlin. Und ich werde es Melchor erzählen, wenn ich es darf“, sagte sie unbeirrt.
„Falls es dich danach verlangt. Es stimmt, denn ich trank ein wenig von meinen Wassern und übte Macht. Doch sagt mir lieber, wie es euch geht? Fühlt ihr euch noch wohl, ihr beiden Wölfe? Ist die Menschennähe für euch noch zu ertragen?“ fragte Myrddin, da das Thema der Zauberei für ihn sehr unergiebig war.
Und die Wölfe erzählten ihm, wie sie die Menschen empfanden, daß sie sich durch Myrddin geschützt und sicher fühlten und daß sie mit ihm gehen wollten, bis er sie nach Schweden schicken würde. Die Menschen waren ihnen ungegenständlich geworden. Sie konnten sie nicht mehr durchschauen, da es freundliche, unfreundliche und verachtenswerte gab. Sie hatten das Differenzieren gelernt. Dem Dompteur trauten sie nicht und Shenann war einer der ungegenständlichen Menschen. Trotzdem genossen sie jeden Augenblick mit Myrddin wollten sich erst richtig besinnen können, wenn sie wieder in ihrem Skandinavien sein sollten. Der Trubel und die vielen Menschen verwirrten sie und ließen ihnen ihre Gedanken verschwimmen.
„Ja, so geht es mir auch, Pacis. Die Menschen machen einen krank und die meisten ihrer Belange sind tatsächlich lächerlich. Ich fühle ebenso. Es sind gräßliche Quälgeister, die sich nicht belehren lassen. Und je mehr es werden, desto mehr werden sie sich verlieren. Sie werden sich in den
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