Myrddin
darüber freute, nun auch von Carus anerkannt zu werden.
Und wahrhaft schämte sich Carus seiner vorschnellen Überlegungen und seiner abweisenden Gedanken. Er bedauerte insgeheim sein feindseliges Verhalten gegen Merlin. Wedelnd stand er neben dem Seher, der ihn streichelte. Und Carus konnte sein zweites Leben kaum begreifen. Pacis und Samael waren erstaunt, wie schnell Carus genesen war. Sicherlich hatte er Kraft verloren und es würde dauern, bis er wieder der bekannte ausdauernde Läufer wäre. Dennoch stand er allein auf seinen Beinen, konnte wieder gehen und nannte sie nicht mehr wölfsköpfige Schwanzflosser, was sie ihm verziehen hatten, da er Traumbildern erlegen war. Und es schien ihnen wie ein Wunder.
Merlin meinte, daß es noch etwas dauern würde, bis Carus mit ihnen laufen könnte, und daß er solange bei ihm im Boot bleiben müßte. Dann holte er Fisch und Brot für die Wölfe und gönnte sich selbst neben einigen Nüssen auch Honig. Keinen der Wölfe verlange es nach Honig, bis auf Carus, der neugierig einmal probieren wollte und der Geschmack daran fand.
Seit dem Bärenkampf war Merlin ein guter Freund, für den Carus ein Leben geben würde, und Akita amüsierte sich immer noch über die Geschichte des Nanok mit dem Erbsenhirn. Albern lachend erzählte sie sie ausführlich Carus, der sie in dieser Weise nicht erlebt hatte.
„Und wäre ich nicht gewesen, hätte alles ganz anders kommen können“, erwähnte Carus stolz.
„Ja, hättest du deinen Dickkopf nicht gehabt, wären uns Sorgen um dich erspart geblieben“, meinte Melchor.
„Dafür haben wir jetzt einen sippeneigenen Schamanen, der für uns das Wetter rufen kann“, lachte Akita. „O großer Carus, was sagt dein Bauch? Wie wird die Jagd?“ witzelte sie und Melchor und die anderen mußten mitschmunzeln. Carus war verlegen. Er wagte sich nicht zu verteidigen, legte seinen Kopf beschämt zwischen die Pfoten und schaute in die Augen seiner großartigen Familie, die ihn aufgenommen und ihm seinen Eigensinn zu verzeihen hatte. Die lange Narbe auf dem Bauch tat nicht weh, aber sie juckte schrecklich. Merlin hatte es ihm verboten, sich mit seinen scharfen Krallen zu kratzen, und rieb die Narbe täglich mehrmals mit dem Arnika-Alkohol ein. Es half, änderte aber nichts an dem Jucken, wenngleich sie sich schnell heilend zusammengezogen hatte und straffte. Die Narbe entstellte ihn nicht. Selbst die geprellten Rippen taten ihm nicht mehr weh, und Merlin war für Carus zumindest ein großer Heilkundiger.
Noch in der Nacht, nachdem sie das Brot und den Fisch gegessen hatten, holte Merlin den magischen Elfenkristall aus dem Beutel, schmolz wieder Schnee und ließ sie das geschmacklose Kräuterwasser trinken, in das er kurze Zeit den Wurzelstock hineingelegt hatte, den Hörn tagsüber wie Priem zwischen Kiefer und Wange behielt. Die Wasserzubereitung war ein unglaubliches Schauspiel, dem sie gerne beiwohnten, und Merlin schien es für seine Aufgabe zu halten, die Tiere zu bedienen und für ihr Wohl zu sorgen. Das Blitzen und Funkeln in dem Kristall war so erstaunlich für sie, daß sie die feindliche öde Eiswüste um sich herum vergaßen und jeden Tropfen des Wassers genossen.
Als Merlin den Kristall eingepackt hatte und dieser wieder in dem Beutel an seinem Eschenstab hing, entfernte sich der Zauberer von den anderen, wie es zuweilen seine Art war, sah in die fernen Sterne, blickte um sich, sah die ersten Wolken aus dem Westen heranziehen und schaute wieder in den Süden zu Orion und Cetus, dann in den Osten, der hinter dem Horizont Norwegen verbarg. Anschließend kam er zu Hörn und den Wölfen zurück.
„Wir haben einen guten Weg hinter uns und sind weiter, als ich dachte“, freute sich Merlin. „Dort im Osten liegen Vendesund und Solstad.“
Mit Ortsnamen konnten die Wölfe nichts anfangen. Sie hatten sich entschieden, ihn wenigstens bis Südskandinavien zu bringen.
„Das heißt, Freunde: wir haben fast die Hälfte unseres gemeinsamen Weges hinter uns gebracht, haben den nördlichen Polarkreis nach Süden überschritten, und das in nicht einmal vier Tagen. Das hätte auch ich nicht für möglich gehalten“, erklärte Merlin stolz.
Den Wölfen war es unheimlich, wie spielerisch sie den Weg gemeistert hatten und wie wenig sie von den Anstrengungen merkten.
Merlin ging zu Melchor und wollte die Tatzen des Wolfes ansehen. Trotz des scharfen Frostes und des Eises waren sie nicht aufgesprungen – noch nicht einmal eingerissen. Es waren
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