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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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spätestens übermorgen mit euch den Polarkreis überschreiten. Also … auf in den Süden, in längere Tage und über den Horizont hinaus“, sagte er, band Hörn den Strick um den Hals, steckte ihm die Wurzel wieder ins Maul, setzte sich in seine HAMAMELIS, legte Carus auf seine Beine, bedeckte sich und ihn und sie trabten los.
    Stätten, an denen Blut vergossen worden ist, sind keine geeigneten Ruheplätze, dachte Merlin für sich, und der scharfe Frost hatte sie wieder in seine lange, winterliche Nacht aufgenommen.

VIII
    In einem Abstand von ungefähr einhundert Kilometern zu der norwegischen Küste liefen sie gen Süden. Der Frost war unvermindert hart und der Wind hatte sich gedreht. Er kam aus Nordwesten und Merlin ahnte einen Wetterumschwung, der ihnen irgendwann in den kommenden Tagen einen Schneesturm bringen sollte. Der Mond weilte länger am Himmel und auch die Sterne erzählten ihm, daß es ein eisiges Treiben geben werde. Mit Glück würden sie Rückenwind haben, der sie vorantrieb – und so würde ihnen der Sturm nur gefallen können.
    Das Wasser, das Merlin den Wölfen bereitet hatte, ließ sie mit ungeahnten Kräften über das Eis jagen. Nicht die kalte Luft schnitt in ihren Lungen oder schmerzte in ihren Kehlen – keine Adern platzten und die Tiere fühlten sich wie verwandelt. Sie hatten im Verhältnis zum ersten Tag ihr Tempo erhöht und jagten wie befreit durch die Landschaft, die keine war. Morgens sahen sie einen goldrötlichen Schimmer im Osten über dem Schnee, der sich im Laufe des Tages hellblau färbte und abends rot leuchtend wieder verschwand.
    Die Sterne funkelten so nahe, als wären sie nur der Staub ihres Dahinfliegens. Der Mond gab ihnen Licht, das sie kaum wahrnahmen, da sie auf ihre Stimmen hörten, den Atem des Vorläufers warm spürten und gegen ihre Gewohnheit während des enormen Laufens miteinander lachen konnten. Ihnen bliebe die Kraft, zu sprechen und sich Geschichten zu erzählen, die einem Läufer einfallen, der sich an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit befindet, die er nicht wahrhaben will.
    Sie mußten laut auflachen, wenn sie an die Szene dachten, als Merlin vor dem riesigen Eisbären gestanden und ihn in die Schranken gewiesen hatte. Besonders Akita wiederholte immer aufs neue die Worte ein großer Zauber und begann übermütig zu lachen.
    Diese Geschichte sollte noch Jahre nach ihrer Reise mit Merlin in den Wolfslagern erzählt werden, als die große Geschichte des tapferen Carus, der sich todesmutig gegen den mordlustigen Bären gestellt, seine Gefährten gewarnt und das Untier solange aufgehalten hatte, bis Hilfe herbeieilte. Er war es, der das Leben seiner Familie, eines Hirsches und des Sar Merodak rettete. In den huldigenden Erzählungen des Großen Carus spielte Sar Merodak nur die Rolle eines Nutznießers, der aufgewacht durch den Todeskampf des Carus mit seinem übermächtigen Gegner den Bären gerade einmal von hintern erschlagen konnte, da der starke Grauwolf diesen durch seine Angriffe und die tiefen Wunden, die er ihm zugefügt hatte, schwächte. Man erwähnte den Mut des Zauberers, der für einen Menschen beachtlich gewesen sei, doch der Verdienst und die Ehre galt Carus, der – als die Gefahr gebannt und der Bär erschlagen war – zusammenbrach, tödliche Blessuren hatte und nur deshalb überleben konnte, weil er ein Erlesener unter allen Wölfen war. Nach Wochen des Kampfes zwischen Leben und Tod hatte er sich das Leben erstritten.
    Sooft diese Geschichte in den späteren Jahren erzählt wurde und wo immer Melchor, Akita, Samael und Pacis sie hörten, widersprachen sie nicht, bestätigten gutmütig den Todesmut von ihrem Carus und lächelten ihn wohlwollend an.
    In Wirklichkeit lag Carus, in den Zugwind blinzelnd, auf dem Schoß Merlins unter einem warmen Fell und visionäre Bilder seines Unterbewußtseins gaukelten ihm erträgliche Eindrücke der Wirklichkeit vor, die ihn die tatsächlichen Schmerzen seiner Bauchwunde nicht spüren ließen. Er amüsierte sich über die ulkigen Tiere, die mit violetten Schwanzflossen durch ein weißes Meer ruderten, und lachte über tanzende Zwerggestalten, die im Schatten ihrer Läufe aus der Unterwelt krochen, um in der wirbelnden Gischt hinter dem Boot davonzufliegen. Er freute sich über die knorrige Eiche, an deren Stamm er liegen durfte und die ihre belaubten Äste wie ein Zelt über ihn breitete. Es bereitete ihm Vergnügen, die vier pinkfarbenen Fische mit den Wolfsköpfen um sich herumschwimmen zu

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