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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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aus der er gekommen war – und zum ersten Mal sah er das Haus. Es stand wie ein einzelner Zahn in einem verrottenden Kiefer am anderen Ende der Senke, aus der er gerade herauszuklettern versuchte.
    Das Haus sah verlassen aus, fast schon wie eine Ruine; die Fenster waren zerbrochen oder mit Holz vernagelt, und auf dem Dach fehlten Ziegel. An einer Ecke ragte ein merkwürdiger Turm auf, wie die Imitation eines Burgfrieds.
    Was für ein Ort war das? Und warum musste er von dort so dringend weg, als würde sein Leben davon abhängen? Tom wusste, dass irgendetwas in diesem Haus geschehen war.
    Etwas, das er selbst getan hatte? Oder etwas, das man ihm angetan hatte?
    Sein Kopf war leer, und jede Erinnerung war ausgelöscht vor Scham oder Schock oder aus Furcht vor Entdeckung …
    Das Geräusch eines vorbeifahrenden Wagens war so nahe, dass es ihn erschreckte. Instinktiv warf er sich zu Boden. Er hörte die Reifen auf einer feuchten Straße surren, konnte aber nichts sehen. Dem Geräusch der Autoreifen folgte der Lärm eines weiteren, schwereren Fahrzeugs, eines Lastwagens vielleicht. Tom vermutete, dass die Straße sich unmittelbar hinter der Reihe der Bäume und Sträucher befand, die wenige Schritte vor ihm waren und beinahe in Unkraut erstickten.
    Er wusste, dass er unentdeckt verschwinden musste und er sich vor dieser Straße in Acht nehmen musste. Aber warum hatte er solche Angst? Vor wem oder was lief er davon? Wieso konnte er sich nicht erinnern?
    Er blickte wieder zum Himmel. Die Wolken hingen tief, und ein blasses Licht leuchtete schräg vom Horizont herüber. Es konnte nicht lange nach Anbruch der Morgendämmerung sein, folglich hatte er die Nacht, zumindest einen Teil davon, in diesem Haus verbracht, hinter der halb verrotteten Tür, die in der leichten Brise in den Angeln pendelte.
    Was war in diesem Haus geschehen? Was hatte er getan?
    Der Gedanke, zurückzukehren und nach Antwort auf diese Fragen zu suchen, erfüllte ihn mit solchem Entsetzen, dass es ihm körperliche Übelkeit verursachte. Er stolperte weiter und scherte sich nicht darum, dass Blätter und Zweige ihm Gesicht und Hände zerkratzten und die Kleidung zerrissen. Er kämpfe sich den Weg fei, bis er die Straße erreichte. Er folgte ihr und nahm eher unterbewusst die leeren Lagerhäuser und abbruchreifen Fabrikgebäude mit ihren rauchlosen, wie Dolche in den Himmel ragenden Schornsteinen wahr, die von der Zersiedelung durch die nahe Stadt kündeten. Es war ein Ort, an dem die Menschen nicht mehr arbeiteten oder wohnten, sondern den sie nur passierten auf der Fahrt zu einem anderen Ort.
    Trotzdem hatte er Angst, gesehen zu werden, und so lief er weiter, von dem verrückten Gedanken besessen, dass er unsichtbar würde, wenn er nur schnell und lang genug liefe …

    Von einem bestimmten Punkt an musste er einen Blackout gehabt haben, weil er sich als Nächstes nur daran erinnern konnte, dass er die Augen aufschlug und sich in einem abgedunkelten Raum befand. Mit einem Ruck setzte er sich auf, orientierungslos, mit rasendem Herzschlag. Dann sah er die vertrauten roten Leuchtziffern der Digitaluhr neben seinem Bett. Sie zeigten 03 Uhr 30. Aber wie war er dorthin gekommen? Wie lange war er schon dort? Es war unmöglich, dass der Schrecken, den er soeben durchlebt hatte, bloß ein Traum gewesen war.
    Instinktiv drehte er sich um, wollte nach Clare tasten, doch ihre Seite des Bettes war leer. Wo war sie? Was war mit ihr passiert? Hatte Clare mit dem zu tun, wovor er geflüchtet war? Hatte er sie in diesem Furcht erregenden Haus zurückgelassen?
    Tom hörte ein Geräusch, dann Schritte. Er drehte sich um und sah Clare im Morgenmantel im Türrahmen stehen.
    »Tut mir Leid«, sagte sie, »ich wollte dich noch nicht wecken.«
    Mit einer Mischung aus Erleichterung und Furcht nahm er ihren Anblick in sich auf. »Was ist passiert … ?«
    »Julia hat geweint. Sie schläft jetzt.«
    »Ich meine … wie bin ich hierher gekommen?«
    Clare sah ihn verdutzt an. »Was meinst du damit? Du hast geschlafen.«
    »Nein. Ich … Ich war nicht …«
    Er schwang die Beine vom Bett und stand auf spürte aber nichts von dem scharfen, stechenden Schmerz, den er nach ausgiebigem Alkoholkonsum empfunden hätte. Seine Gedanken waren klar, seine Hände und sein Blick ruhig.
    »Tom, was tust du da?«
    Er nahm sein Hemd und die Jeans vom Sessel in der Ecke, wo er sie manchmal ablegte. Es war kein eingetrockneter oder feuchter Schlamm daran, auch nicht auf den Jacken und Sakkos in

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