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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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seinem Schrank. Auf dem Regal darunter standen seine Schuhe in Reih und Glied – ein Anblick, den man gerne sieht. Was hatte er mit diesen zerrissenen und verschmutzten Dingern gemacht, die er getragen hatte?
    »Tom?«
    Clare trat hinter ihn, und er drehte sich um. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Ich bin durch diesen verwilderten Garten gerannt, durch Schmutz und Dreck …«
    »Liebling, du hast geträumt.«
    »Nein, das war kein Traum … ich bin von diesem Haus weggelaufen …«
    »Von diesem Haus?«
    »Nein … ein Haus, das ich noch nie gesehen habe. Irgendwas ist da passiert. Aber was? Ich weiß nur, dass ich unbedingt verschwinden musste …«
    »Es war bloß ein Albtraum. Komm wieder ins Bett.«
    »Es war nicht bloß ein Albtraum. Ich … hatte wieder getrunken.«
    »Oh, so ein Traum.« Ihr Morgenmantel öffnete sich, als sie ihn umarmte und ihren weichen, warmen Körper an seinen drückte. »Ich weiß, dass es dich manchmal noch verfolgt, aber du bist nüchtern . Gibt es einen besseren Beweis, dass alles bloß ein schrecklicher Traum gewesen ist?«
    »Aber es war so verdammt echt …«
    »Komm wieder ins Bett.« Sie nahm seine Hand und ließ ihren Morgenmantel zu Boden gleiten. »Ihr beide, du und Julia«, sagte sie, als sie unter die Decke schlüpfte, »ihr habt nur schlecht geträumt.«
    Er nahm sie fest in die Arme und sagte nichts.

7
    Als Susan das nächste Mal zum Babysitten kam, fragte Clare sie nach Melanie. Doch Susan kannte keine Melanie, noch hatte sie den Namen jemals in Julias Gegenwart benutzt, soweit sie sich erinnern konnte. Aber da Julia ihn nie wieder erwähnte und begeistert auf ihren eigenen Namen reagierte, anstatt darauf zu bestehen, jemand anders zu sein, vergaßen Tom und Clare die Sache schließlich.
    Fast ein Jahr lang.
    Tom war in New York, um an einer Konferenz beim Fernsehsender WNET teilzunehmen. Er wollte eine Reihe von Interviews mit verschiedenen Künstlern führen – Schriftsteller, Maler, Komponisten – und sie befragen, wie sie aufgewachsen waren. Den Fernsehleuten, mit denen Tom sich traf, gefiel die Idee, und sie erteilten ihm einen Auftrag für sechs Sendungen. Gerade als Tom den schlanken schwarzen Büroturm in der Dreiunddreißigsten Straße West verließ, in dem WNET seinen Sitz hatte, klingelte sein Handy. Es war Clare.
    »Bist du noch in der Konferenz, Schatz?«
    »Nein, ich bin auf dem Weg zum Bahnhof. Was gibt’s?«
    »Erschrick jetzt nicht, aber Julia ist im Krankenhaus.« Tom blieb wie angewurzelt stehen. Jemand rempelte ihn von hinten an und fluchte, doch er achtete gar nicht darauf. »Was ist passiert?«
    »Die Ärzte wissen noch nicht genau, ob es eine Allergie ist oder ob sie was Verkehrtes gegessen hat. Ihr war übel, und sie hatte Fieber. Linda hat mich angerufen, und ich bin gleich nach Hause gefahren.« Linda war das Kindermädchen, das sie drei Monate zuvor eingestellt hatten, als Clare wieder in Teilzeit in ihren Job eingestiegen war.
    »Aber sie ist im Krankenhaus?«
    »Die Ärzte wollen sie über Nacht beobachten.«
    Tom ging weiter, das Handy ans Ohr gepresst. Er merkte an Clares Stimme, dass sie ihm etwas verschwieg.
    »Und sie sind sicher, dass es nichts Ernstes ist?«
    »Ganz sicher. Julia ist nur ein bisschen überdreht.«
    »Was meinst du mit überdreht?«
    Er hörte, wie sie zögerte. »Sie war ein bisschen … durcheinander.«
    »Durcheinander?«
    »Sie wusste nicht, wer ich bin. Sie sagte immer wieder, dass sie zu ihrer Mami will. Sie hat mich nicht erkannt.«
    Tom winkte ein Taxi heran und bat den Fahrer, ihn so schnell wie möglich zur Grand Central Station zu bringen. Eigentlich sollte er mit einem Verleger zu Mittag essen, der die Künstlerinterviews in Buchform herausbringen wollte, nachdem Tom den Vertrag mit dem Fernsehsender unter Dach und Fach hatte, doch Tom beschloss, den Verleger anzurufen und ihm sein Problem darzulegen.
    Als er zum Bahnhof kam, stellte er fest, dass in zwanzig Minuten ein Zug fuhr. Während er wartete, hinterließ er eine Nachricht bei der Assistentin des Verlegers und rief dann Clare zurück.
    »Kannst du reden?«
    »Ja. Ich bin bei ihr, aber sie schläft. Warte, ich gehe nur eben aus dem Zimmer …«
    »Ist Bella da?«, fragte Tom. Bella Warne war Julias Kinderärztin.
    »Bella war hier. Sie kommt später noch einmal, wenn sie neue Untersuchungsergebnisse hat.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Dass sie die schlimmsten Erkrankungen ausschließen kann … Hirnhautentzündung oder Viren, die das

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