Mystery Thriller Band 224
während des Cons selbst alles funktionierte, waren Jack und Amber verantwortlich. Den Plot selbst – also den Handlungsverlauf – hatte Daphne in mühevoller Kleinarbeit entwickelt. Umso mehr bedauerte sie es, dass sie nicht dabei sein konnte, um zu beobachten, wie die Geschichte bei den Spielern ankam.
Aber so war das nun einmal, wenn man die Verantwortung trug: Man konnte sich nicht überall die Rosinen herauspicken. Hin und wieder musste man auch in den sauren Apfel beißen und Aufgaben an andere delegieren, um die man sich gern selbst gekümmert hätte.
Daphne ließ Louis bei den Umkleiden zurück und überprüfte noch einmal, wie es überall voranging. Die Zeit flog dahin, und schon trudelten die ersten Neugierigen ein, die sie persönlich begrüßte. Während sie einen kurzen Rundgang machte, trafen bereits die nächsten Gäste ein – sehr viel mehr an der Zahl, als sie es je für möglich gehalten hätte. Offenbar waren Brenda, Michael und George mehr als erfolgreich gewesen mit ihrer Strategie, über die Kids und Jugendlichen Zugang zu den Erwachsenen zu bekommen. Wenn es so weiterging, würden ihre Vorräte an Grillfleisch, Saucen und Getränken schon bald zur Neige gehen.
Gegen sechzehn Uhr schickte sie Emma los, um im Ort Nachschub zu besorgen, da bereits die letzten Steaks auf dem Grill lagen, der Strom von Besuchern indes nicht abriss. Nina und Louis, die beide am Grill standen, hatten so viel zu tun, dass sie nicht einmal Zeit fanden, sich gegenseitig anzuzicken. Louis sah in seinem Outlaw-Kostüm zum Anbeißen aus. Zu einer engen schwarzen Hose trug er ein löchriges, ausgefranstes Shirt und eine Lederweste. Schwere schwarze Boots rundeten das Outfit ab.
Daphne konnte den Blick kaum von ihm abwenden, während sie sich mit dem Mädchen am Getränkestand unterhielt, um in Erfahrung zu bringen, ob auch dort etwas fehlte. Da vernahm sie plötzlich einen empörten Schrei. „Also, das ist doch …! Dass die es wagen, sich hier blicken zu lassen!“
Daphne drehte sich um – und für einen Moment fühlte es sich an, als habe man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Wut kochte in ihr hoch, doch sie schluckte sie herunter und ging auf die beiden Männer zu, die soeben mit einer Gruppe von skeptisch dreinblickenden Leuten eingetroffen waren.
„Bürgermeister Cooper und Mr Dawson – was für eine Überraschung!“, sagte Daphne höflich, aber distanziert. „Womit haben wir es verdient, dass Sie unserer Veranstaltung den Glanz ihrer Anwesenheit gönnen? Haben Sie noch einmal über alles nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie es gern einmal mit dem Liverollenspielen versuchen möchten?“
Dawsons Mundwinkel zuckten, die Miene des Bürgermeisters blieb kalt.
„Aber keineswegs“, sagte Cooper. „Mr Dawson und ich sind bloß hier, um den Stein des Anstoßes persönlich in Augenschein zu nehmen.“ Missbilligend blickte er sich um. „Sieht alles ein bisschen marode aus, wenn Sie mich fragen. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie Sie den Prüfer dazu gebracht haben, Ihnen diese Bruchbude behördlich abzunehmen.“
Obwohl Daphne innerlich brodelte, blieb sie nach außen hin gelassen. „Das, was Sie gerade so charmant als marode bezeichnet haben, ist genau der Effekt, den wir uns gewünscht haben. Aber lassen Sie sich vom äußeren Schein nicht trügen: Mein Baustellenleiter hat streng darauf geachtet, dass alle behördlichen Vorgaben ohne jede Diskussion eingehalten wurden.“
„Dann haben Sie doch sicher nichts dagegen, dass wir uns persönlich davon überzeugen, oder?“ Dawson lächelte listig. „Dies ist doch eine öffentliche Veranstaltung, nicht wahr?“
„Bitte, schauen Sie sich ruhig überall um“, erwiderte Daphne. „Sie werden keinerlei Anlass für Beanstandungen finden, davon bin ich fest überzeugt. Soll ich Sie herumführen?“
„Nein danke. Wir möchten uns lieber selbst einen Überblick verschaffen.“
Daphne nickte, blieb aber sicherheitshalber lieber in der Nähe der Männer, als diese mit ihrer Besichtigung starteten. Was mochten sie im Schilde führen? Grundlos hatten sie sicher nicht den Weg aus dem Ort auf sich genommen.
Die beiden trennten sich, was es Daphne schwer machte, sie weiter zu verfolgen. Sie beschloss, an Jonas Dawson dranzubleiben, da dieser ihr um einiges verschlagener und gerissener erschien als der Bürgermeister mit seinem blasierten Gehabe. Wenn von einem der Männer potenziell Gefahr ausging, dann von Dawson.
Louis
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