Mystery Thriller Band 224
der Sache gestern Abend kalte Füße bekommen haben könnte. Offensichtlich ein Irrtum.
Sie musterte ihn scheinbar skeptisch von oben bis unten, während ihr Herz wie verrückt hämmerte. „Nun, ich schätze mit einem Satz spitzer Ohren würdest du als Elb eine echt gute Figur machen. Allerdings“, sie grinste schief, „ist das hier das Einzige, was ich dir anbieten kann.“
„Um Gottes willen, was ist denn das?“ Er betrachtete das Kostüm, zu dem unter anderem spitz zulaufende Schuhe gehörten, und das mit unzähligen Schellen und Glöckchen verziert war, so als fürchtete er, es würde ihn jeden Moment angreifen. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“
„Wieso? Einen Gaukler zu spielen ist doch eine ehrenvolle Aufgabe.“ Mühsam schaffte sie es, ein Lachen zu unterdrücken, doch als er fragend eine Braue hob, brach es aus ihr hervor.
Schmunzelnd schüttelte er den Kopf. „So, so, du willst mich also veralbern? Aber ohne mich, meine Liebe“, sagte er und griff nach dem erstbesten Kostüm von der Stange neben ihr. „Wenn du nichts dagegen hast, ziehe ich das hier als Verkleidung vor.“ Er hielt das Outfit eines Outlaws in die Höhe.
Daphne nickte. Vor Lachen standen ihr Tränen in den Augen. „Alles klar, ganz wie du willst. Ähm … Du kommst beim Anziehen allein zurecht?“
„So sehr ich mich auch über deine Gesellschaft in der Umkleidekabine freuen würde, so wenig möchte ich bei dem, was mir bei diesem Gedanken durch den Kopf schießt, beobachtet werden“, entgegnete er grinsend. „Also, wo muss ich hin?“
Also doch! frohlockte Daphne innerlich, während sie nach außen hin scheinbar gelassen blieb. Sie nahm es als positives Zeichen, dass Louis mit ihr flirtete. Offenbar war er wirklich an ihr interessiert. Doch dies war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort, um das herauszufinden. Sie zeigte ihm den Weg zu den Umkleiden, wo ein ziemliches Gedränge herrschte.
„Geht das immer so zu?“ Er blinzelte verblüfft. „Das ist ja schlimmer als in jedem Taubenschlag!“
Daphne seufzte. „Das wäre ein echter Wunschtraum von mir! Aber ehrlich gesagt, ich rechne nicht damit, dass der Laden schon in den ersten Monaten so richtig brummen wird. Es wird sicher eine Weile dauern, bis genug Leute kommen, damit sich Dedmon House wirklich rentiert. Und rentieren muss es sich über kurz oder lang. Ich habe zwar zum Glück keinen finanziellen Druck, der mir im Nacken säße, aber wenn ich dauerhaft von der Sache hier leben will, muss ich irgendwann anfangen, auch Geld einzunehmen.“
„Schon klar.“ Louis nickte. „Ist schon eine Veränderung, was? Früher waren LARP-Events nur dein Hobby, jetzt musst du dir damit dein Brot verdienen.“
Widerwillig musste Daphne sich eingestehen, dass er recht hatte. Es bestand tatsächlich ein himmelweiter Unterschied darin, etwas rein zum Spaß zu tun oder aber beruflich, das merkte sie deutlich. Und ihr wurde klar, wie naiv es gewesen war, anzunehmen, dass sich Arbeit und Vergnügen so einfach verbinden lassen würden.
„Klar ist das ein Unterschied“, entgegnete sie. „Aber es macht auch Spaß, sich um die ganze Organisation zu kümmern – jedenfalls, wenn es sich gerade einmal niemand zur Aufgabe gemacht hat, mir Knüppel zwischen die Beine zu werfen …“ Unwillkürlich fragte sie sich, ob es ihr auch dann Spaß machen würde, wenn sie wirklich davon leben müsste, und zwar ohne den beruhigenden Gedanken an ihr Vermögen aus der Erbschaft. Wahrscheinlich, so gestand sie sich ein, wäre es dann kein so großes Vergnügen mehr …
„Na, dann kann ich nur hoffen, dass du das Liverollenspielen nicht schon bald satthast.“ Louis lächelte. „Ich für meinen Teil würde zum Beispiel nie in einen Freizeitpark gehen.“ Er schüttelte den Kopf. „Um Gottes willen, bloß nicht! Ich bin in so einem Teil aufgewachsen, meine halbe Kindheit lang war ich von als Piraten verkleideten Clowns und Akrobaten umgeben!“
Seine Worte gaben Daphne noch mehr zu denken, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass ihr Rollenspiele eines Tages nicht mehr gefallen sollten. Das Problem bestand vielmehr darin, dass sie kaum noch dazu kommen würde, selbst zu spielen. Dazu war sie viel zu sehr mit der Organisation beschäftigt.
So wie heute.
Sie musste sich darum kümmern, dass während des „Tags der offenen Tür“ für die Dorfbewohner alles reibungslos ablief. Wenn sie sich etwas nicht erlauben konnten, dann war es schlechte Publicity! Dafür, dass
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