Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
wütendem Zischen.
Landon lässt die Arme sinken und die Flutwelle ebbt ab.
Ryah liegt immer noch reglos am Boden. Sie ist nicht mehr wiederzuerkennen. Ihr blaues Haar ist versengt. Ich weiß nicht, ob sie noch lebt.
»Jetzt gehörst du ganz allein mir«, sagt Elissa und funkelt mich böse an.
Doch ehe sie mich erreicht, höre ich noch einmal das Wasser rauschen.
Neben mir kniet Landon auf dem Boden und konzentriert sich so stark, dass sein ganzer Körper zittert. Seine schlanken Arme erscheinen mir plötzlich ausgesprochen kräftig.
Das Wasser auf dem Boden beginnt zu blubbern, als würde Landon es mit seiner Energie aufheizen. Blasen steigen auf.
Ungläubig schüttelt Elissa den Kopf. »Was zum …«
Die Blasen platzen und kleine Wasserfontänen schießen in die Höhe. Sekunden später steht der halbe Raum unter Wasser.
Landon schlägt die Arme zusammen und steht auf. Jetzt formt er das Wasser zu einer wogenden blauen Wand. Sie schäumt und brodelt, während sie sich zu einem Kegel verformt, dessen Spitze sich Elissa bedrohlich entgegenneigt. Der Wasserkegel wird immer massiger, denn Landon zieht immer mehr Wasser aus dem überfluteten Nebenraum herein. Dann verformt sich der Kegel zu einem länglichen Gebilde, einem Speer aus Wasser, und Landon geht zum Angriff über. Er wirft die Arme nach vorn, der Wasserspeer schießt auf Elissa zu – und gefriert noch im Flug.
Vor meinen Augen verwandelt sich das Wasser in Eis, man kann das laute Knacken der Eiskristalle hören. Die Speerspitze glänzt wie Silber und ist tödlich scharf.
Elissa sieht sich hektisch nach einer Deckung um, doch da trifft sie das Eisgeschoss mitten in die Brust.
Ungläubig sieht sie an sich hinunter.
Eine Sekunde lang werden ihre Gesichtszüge ganz sanft. Ruhig. Friedlich.
Dann folgt eine heftige Explosion grünen Lichts. Die Fensterscheiben zerspringen, der Steg bricht ab und kracht zu Boden.
Landon schreit vor Schmerz. Sein ganzer Körper strahlt reines, weißes Licht ab und hüllt ihn ein wie einen Engel.
Binnen Sekunden schmilzt das Eis. Überall regnet Wasser herab.
Ich werde rücklings gegen den Beton geschleudert und beobachte ein Schauspiel von unglaublicher Schönheit: Energie erfüllt den Raum wie ein Schauer aus Sternen und ergießt sich in Rot und Blau und Grün über unseren Köpfen, und dann versinkt alles wie nach einem Feuerwerk in tiefstem Schwarz.
24
Als ich wieder zu mir komme, ist es still. Es ist die Art von Stille, die in den Ohren dröhnt wie ein Schrei oder ein tosendes Gewitter.
Ich schlage die Augen auf.
Der Schmerz schießt durch meinen Körper und durch die verbrannte Hand. Ich will den Arm bewegen, aber es fühlt sich an, als wäre meine gesamte rechte Seite zerschmettert.
Rauch hängt in der Luft und steigt mir in die Nase. Meine Lunge brennt, mein Schädel brummt vom Aufprall.
Ich drücke mich mit dem linken Arm hoch und komme wankend auf die Beine.
Alle anderen liegen am Boden.
Elissa ist unter den Überresten des Stegs begraben, ihre Beine sind unnatürlich verdreht. Unter ihr hat sich eine dunkle Blutlache gebildet.
Auf der anderen Seite des Raumes liegt Ryah, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Neben ihr regt sich Shannon und streicht sich das rote Haar aus dem Gesicht. Daneben liegt Turk, bewusstlos.
Ich humpele zu ihm. Hoffentlich ist er am Leben!
Er sieht so friedlich aus, als würde er schlafen. Sein Gesicht ist schwarz vom Ruß. Mit der heilen Hand wische ich ihm über die Stirn.
»Turk«, flüstere ich und rüttele ihn leicht an der Schulter. »Alles in Ordnung?« Ich streichele ihm über den Kopf und spüre die Stoppeln. »Hörst du mich?«
Ich drücke zwei Finger auf sein Handgelenk, um den Puls zu fühlen, aber vor lauter Aufregung weiß ich nicht, ob ich die richtige Stelle treffe. Schlägt sein Herz noch?
Ich sehe in sein hübsches Gesicht.
Flatternd öffnen sich seine Lider. »Aria?«, fragt er benommen.
»Du lebst«, sage ich.
»Scheint so.« Er holt tief Luft. »Elissa?«
»Sie ist tot. Oder schwer verwundet. Auf jeden Fall ist sie außer Gefecht gesetzt.«
Turk schüttelt sich. Farbe kehrt in seine Wangen zurück. Er starrt auf meine verbrannte Hand und streckt seine heilenden Hände aus.
»Nein, spar dir deine Kraft für Ryah.«
Shannon ist wach und hat sich über Ryah gebeugt. »Das sieht übel aus«, sagt sie.
Ryah ist am ganzen Körper verbrannt, sie blutet, und an einigen Stellen schimmern die Knochen durch. Ich kann den Anblick nicht ertragen und wende
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