Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
sich wie das Wasser in den Kanälen – weich und doch kraftvoll.
»Wow!«
Turk grinst. »Cool, oder?«
Ich weiß nicht, ob es am romantischen Plätschern des Regens liegt oder an unserer gemeinschaftlich erworbenen Stoppelfrisur, aber Turk ist mir plötzlich unendlich sympathisch. Ich fühle, dass ich ihm vertrauen kann – mehr als Hunter.
In diesem Moment brummt mein TouchMe. Eine Nachricht von Kyle.
Ein Termin für Verhandlungen ist vereinbart. Wir treffen uns morgen Früh um sieben vor dem Belvedere Castle. Komm allein.
»Wer hat dir geschrieben?«, fragt Turk. »Hunter?«
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Hör mal, Turk …«
»Ja?«
»Ich muss dir was sagen.«
Seine Augen funkeln vor Neugier. »Ach?«
»Ich weiß, wie eng du mit Hunter befreundet bist. Aber du darfst ihm nicht verraten, was ich dir jetzt erzähle. Versprochen?«
Turk zuckt unbehaglich mit den Schultern. »Wie kann ich dir das versprechen, wenn ich gar nicht weiß, worum es geht?«
Der Regen wird stärker. »Dann vergiss es einfach.«
Turk kommt näher und atmet geräuschvoll aus. »Na schön. Ich habe zwar noch nie Geheimnisse vor Hunter gehabt, aber ich gebe dir mein Wort, dass ich ihm nichts verraten werde. Es sei denn, du planst irgendwas völlig Durchgeknalltes – wie zum Beispiel von einer Brücke in den Horsten zu springen. Das würde nämlich wehtun. Und du würdest dabei draufgehen. Mit ziemlicher Sicherheit.«
»Nein, nichts dergleichen. Es ist nur … Mein Bruder will sich unter vier Augen mit mir treffen.«
Turk wirft verzweifelt die Hände in die Höhe. »Dann wäre es doch besser, du würdest von einer Brücke springen! Du darfst dich auf keinen Fall mit Kyle treffen, Aria! Er ist gefährlich. Er ist eine tickende Zeitbombe. Hunter wird das ganz und gar nicht gefallen.«
»Ich weiß«, sage ich. »Deshalb erzähle ich es ja auch dir.«
»Ziemlich uncool«, murmelt Turk. »Ziemlich uncool, mich da reinzuziehen.«
»Wir treffen uns morgen Früh um sieben am Belvedere Castle«, fahre ich unbeirrt fort. »Und ich möchte, dass du mir Rückendeckung gibst.«
Turk schüttelt ungläubig den Kopf. »Aria, dein Bruder ist verrückt und gewalttätig – und immer noch auf Stic. Du kannst ihm nicht trauen.«
»Ich weiß. Aber er hat angerufen und mich um dieses Treffen gebeten. Ich habe gesagt, ich würde kommen, aber nur, wenn er sich im Gegenzug mit Hunter und Thomas trifft.«
»Ach, deshalb hat er Hunter angerufen! Jetzt ist mir alles klar.«
»Ich weiß, wie sehr sich Hunter gegen ein Abkommen sträubt«, sage ich, »aber er hat zugestimmt, sich mit Kyle und Thomas zu treffen. Das ist immerhin ein Anfang. Und damit überhaupt Verhandlungen stattfinden, musste ich in ein Treffen mit Kyle einwilligen. Das war Teil der Abmachung.«
Turk starrt nur in den Regen.
»Bitte, Turk. Du hast es heute doch selbst gesehen: Die Menschen leiden und sterben, wenn wir nichts unternehmen. Wenn auch nur die kleinste Chance besteht, diesem Krieg ein Ende zu setzen …«
»… musst du sie nutzen«, beendet Turk meinen Satz.
»Ja«, sage ich. »Genau. Bitte , komm morgen mit!«
Seine Miene wird versöhnlicher. »Okay.«
»Okay – was?«
»Ich gebe dir Rückendeckung«, sagt Turk. »Auch wenn ich das alles immer noch für eine ganz dumme Idee halte. Aber du musst keine Angst haben. Ich werde da sein.«
Ich kann nicht schlafen, denn ich bin nervös und mache mir Sorgen. Was soll ich Kyle sagen? Wird er auf mich hören oder kommt er nur, weil er mich auf seine Seite ziehen will?
Schließlich krabbele ich aus dem Bett, ganz leise, um Ryah und Shannon nicht zu wecken, gehe ans Fenster und schaue hinaus auf das nächtliche Manhattan. Ich muss an den Ausblick denken, den ich vom Balkon meiner Eltern hatte: an die majestätischen Wolkenkratzer und die Fassaden, die silberne Brücken spiegeln, an die hohen Lichttürme, randvoll mit gespeicherter mystischer Energie, gelb, grün und weiß pulsierend.
Hier in der gefluteten Stadt unter den Horsten ist nichts von der Skyline zu sehen – nur ein paar vereinzelte Gebäude in der Nachbarschaft, die schmalen Kanäle und das Brachland auf beiden Seiten unseres Hauses. In der Ferne erkenne ich ein paar leere, halb eingestürzte Speichertürme. Die Rebellen haben sie zerstört, um die Bewohner der Horste daran zu erinnern, wie sehr sie auf mystische Energie angewiesen sind.
Folge den Lichtern, hat mir die Mystikerin Tabitha einmal gesagt. Und die Lichter der Türme haben mich zu
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