Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
Hunter geführt. Zur Liebe. Zur Rebellion. Und schließlich in den Krieg.
Ich schließe die Augen und denke an Hunter und Kyle. Hoffentlich habe ich die richtige Entscheidung getroffen.
TEIL II
Schönheit liegt im Herzen des Betrachters.
H.G. Wells
12
Als ich am nächsten Morgen aufwache, steigt mir der Duft von gebratenem Speck in die Nase.
Es ist noch früh am Morgen. Die Digitalanzeige des Weckers auf meiner Kommode leuchtet: halb sechs. Im Bett neben mir liegt Ryah. Sie hat den Kopf in den Kissen vergraben und schläft tief und fest. Daneben schnarcht Shannon leise vor sich hin.
Am Fußende meines Bettes steht ein kleiner Holztisch mit einem silbernen Tablett, auf dem ein traumhaftes Frühstück angerichtet ist: zwei Spiegeleier – von beiden Seiten gebraten –, zwei Scheiben Speck – kross –, ein Glas Orangensaft mit Fruchtfleisch und eine Vase mit einer roten Rose.
Hunter steht darüber gebeugt und richtet gerade das Besteck.
»Hunter?«, flüstere ich.
Er blickt erschrocken auf und wirkt dabei wie ein Kind, das bei etwas Verbotenem erwischt wurde.
»Oh nein, jetzt habe ich dich geweckt«, sagt er. »Dabei sollte es doch eine Überraschung sein.«
Er kommt zu mir und setzt sich vorsichtig aufs Bett. Ich richte mich auf.
»Was machst du denn so früh schon hier?«, frage ich verschlafen.
Hunter streicht sich das Haar aus der Stirn. Selbst in der Morgendämmerung leuchten seine blauen Augen. Er ist frisch rasiert. Ich lege ihm eine Hand auf die glatte Wange und spüre sanfte mystische Energie in Fingern und Handfläche. Ich spüre, wie das Blut durch meinen Körper schießt.
»Wir haben Informationen über eine Basis der Fosters in der East Side«, erklärt er mir leise, um Ryah und Shannon nicht zu wecken. »Wir machen uns gleich auf den Weg, um rauszufinden, ob das stimmt. Aber zuerst wollte ich dich überraschen.«
»Danke«, flüstere ich und betrachte andächtig das Frühstück.
Er beugt sich vor, drückt seine Nase gegen meine und küsst mich sanft auf die Lippen, ehe er mich in seine starken Arme zieht. Ich rutsche zur Seite und mache ihm Platz; er legt den Kopf neben meinen auf das Kissen. Sein Atem wärmt meinen Hals, und in seinen Armen fühle ich mich sicher und geborgen.
»Ich habe dich vermisst«, sagt er.
Einen Moment lang vergesse ich die Entfremdung zwischen uns, vergesse, dass wir beide nicht ganz ehrlich zueinander waren, verdränge all meine Fragen: wie es mit uns weitergehen soll, mit den Rebellen und mit der Stadt und wie dieser Krieg enden wird. Komplizierte Fragen, die jeden normalen Menschen in den Wahnsinn treiben würden.
Stattdessen konzentriere ich mich auf einfache und doch so wunderbare Dinge: auf Hunters Hand, die meinen Bauch wärmt, auf unseren gleichmäßigen Atem, auf seine Brust an meinem Rücken, auf den zarten Geruch nach Zitronenshampoo, auf die flüchtigen Küsse, die er mir auf die Schultern haucht.
»Ich habe dich auch vermisst«, sage ich. »So sehr.«
»Wirklich?«, fragt er leise. »Obwohl ich dich in letzter Zeit so oft von mir gestoßen habe? Bitte, vertrau mir. Ich verspreche dir, dass am Ende alles gut wird.«
Vertrau mir. Diese Worte bohren sich in mein Herz wie giftige Widerhaken.
Turk hat gesagt, ich solle Hunter Zeit geben. Und vielleicht hat Hunter ja Recht. Vielleicht wird am Ende doch alles gut.
»Ich muss los«, sagt er. Das Laken raschelt, als er aufsteht und mir auf jede Wange einen Kuss drückt. »Ich liebe dich. Bis bald.«
Ich setze mich auf und schaue ihm hinterher. Was bleibt, ist sein Zitronenduft. Und das Frühstück auf dem Silbertablett.
Der Speck war knusprig, so wie ich ihn am liebsten mag. Nach dem guten Essen habe ich erst recht ein schlechtes Gewissen, wenn ich daran denke, was ich vorhabe.
Die passende Kleidung für meinen heimlichen Ausflug habe ich bereits am Abend zuvor ausgesucht und unter dem Bett versteckt: schwarze Leggings und ein nachtblaues Shirt. Ich ziehe meine Sneakers an und setze eine unscheinbare graue Baseballkappe auf. Dann stopfe ich mir einen Beutel mit Münzen in die Tasche, nehme eine Sonnenbrille von Ryahs Kommode, setze sie auf und betrachte mich im Spiegel. Ich bin kaum wiederzuerkennen. Mein Gegenüber könnte irgendwer sein. Dann benachrichtige ich Turk über den TouchMe, dass ich aufbreche. Wir haben ausgemacht, nicht zusammen loszugehen, für den Fall, dass ich verfolgt werde. Hoffentlich kommt er mir nach und zieht nicht am Ende doch lieber mit Hunter los, um die Fosters
Weitere Kostenlose Bücher