Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
gefährlich«, unterbrach mich Hunter, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und weg war er.
Nun sitzen Turk, Ryah und ich alleine beim Abendessen. Es gibt Nudeln mit gegrilltem Gemüse. Ryah versucht uns aufzuheitern und erzählt, wie sie versehentlich ihre roten BH s zusammen mit Jareks weißen Unterhosen gewaschen hat, die jetzt alle rosa sind. »Rosa!«, sagt sie. »Unfassbar, was?«
»Ja«, erwidere ich. »Echt unfassbar.«
Ich muss ständig an die Gefahr denken, in der Hunter und die anderen schweben. Vor lauter Aufregung bringe ich keinen Bissen herunter. Turk schweigt eisern und das kann nur eins bedeuten: Er macht sich ebenfalls Sorgen.
Nach dem Essen dusche ich, um den Schmutz der Tiefe von meinem Körper zu waschen. Ein Vorteil meines neuen Looks ist, dass ich keine Zeit mehr für die Haarpflege aufwenden muss. Ich rubbele mir einfach mit dem Handtuch über den Kopf und bin fertig.
Ryah schläft schon, als ich mir ein Baumwollnachthemd aus Shannons Kommode hole und unter meine Decke krieche. Es ist kaum zu glauben: Ich habe mit Kyle gesprochen, aber mit meinen Eltern seit einem Monat nicht mehr. Ich denke ein Jahr, zwei Jahre und fünf Jahre zurück. Damals hat mir meine Mutter am Abend noch die Kleidung für den nächsten Tag herausgelegt. Damals habe ich mich noch bemüht, ihr zu gefallen. Meinen Vater hielt ich für den stärksten Mann der Welt. Ich war fest davon überzeugt, dass Kyle und ich für alle Zeiten auf derselben Seite stehen würden – auf der unserer Familie.
Selbst wenn ich es wollte – in diese Zeit führt kein Weg zurück. Meine Eltern haben mich belogen, mir meine Erinnerungen gestohlen und mich fast umgebracht. Kyle hat mich verraten. Hunter ist jetzt meine Familie und die Rebellen sind meine Freunde. Ich sollte glücklich sein … und trotzdem weine ich. Ich habe so viel verloren, und die Zukunft, die ich mir ausgemalt habe, wird es so niemals geben.
Nachdem ich eine Stunde wach gelegen habe, beginnt mein Magen zu knurren. Ich steige aus dem Bett, schleiche aus dem Zimmer und schließe leise die Tür hinter mir. Shannons Bett ist leer, sie und Landon sind also noch mit Hunter unterwegs. Ich mache mich auf den Weg in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen.
Im Erdgeschoss ist alles dunkel. Nur aus dem Wohnzimmer dringt Lampenschein in den Flur. In der Speisekammer finde ich Müsli, aus dem Schrank nehme ich mir eine Schüssel. Auf dem Weg zurück nach oben höre ich Stimmen im zweiten Stock. Da ist jemand in der Bibliothek.
Ich schleiche die Treppen hoch, darauf bedacht, möglichst kein Geräusch zu machen. Die Tür zur Bibliothek steht einen Spaltbreit offen. Ein Streifen Licht fällt in den dunklen Flur und malt merkwürdig geformte Schatten auf den Boden und die gegenüberliegende Wand. Ich kann zwei Stimmen ausmachen – die eines Mannes und die einer Frau. Ich spähe durch den Spalt.
Am Ende des langen Konferenztisches sitzen zwei Personen. Eine davon ist Shannon. Die andere kann ich nicht sehen, aber ich erkenne ihre Stimme. Hunter.
»Wie viele Mystiker müssen noch sterben – oder knapp dem Tod entrinnen –, nur wegen ihr?«, sagt Shannon. »Warum ist sie so wichtig?«
Ihre Worte machen mich wütend. Gut, sie mag mich nicht besonders, das ist klar. Aber was habe ich getan, dass sie mich derart hasst?
»Das Warum spielt keine Rolle«, erwidert Hunter leise. »Sie ist eben wichtig. Außerdem kannst du dir sicher sein, dass ich nicht noch mehr Leben in Gefahr bringen will. Bei unserem … Projekt wird nicht ein einziger Mystiker zu Schaden kommen. Vertrau mir.«
Welches Projekt? Worüber reden die beiden?
Ich beuge mich vor, um ihn besser verstehen zu können, als sich eine warme Hand über meinen Mund legt.
11
Mystische Energie strömt durch meinen Körper und mein Puls schießt in die Höhe. Ich umklammere die Müslischüssel so fest, dass ich befürchte, sie könnte zerbrechen.
»Pst«, sagt jemand und zieht mich von der offenen Tür zurück.
Ich fahre herum und kann nur mühsam einen Schrei unterdrücken. Es ist Turk.
Im Dämmerlicht sieht er unheimlich aus. Fast bedrohlich. Ein Ohrring glitzert silbrig, sein Gesicht kann ich kaum erkennen.
»Lauscher sind nicht sehr beliebt«, flüstert er.
»Ich habe ein Recht zu lauschen«, erwidere ich und spüre, wie ich wieder ruhiger werde. »Immerhin ist Hunter mein Freund. Von was für einem Projekt ist da die Rede?«
Turk schüttelt den Kopf. »Keine Ahnung. Ich bin nicht in alle seine Pläne
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