Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Keiler mit bloßen Händen. Als ich ihn fragte, woher er so viel Kraft habe, schlug er auf mich ein, und Emily entkam ihm nur, indem sie sich auf ihr Pferd schwang und davonritt. Ich hoffe, sie hat sich in ihre Kammer gesperrt. «
    » Mit bloßen Händen? «
    » Einen ausgewachsenen Keiler? «
    » Das gibt es nicht! «
    » Er ist des Teufels! «
    Richard langt unten an, und man reicht ihm ein Bier. Mit einer Hand hält er sich am Geländer fest, mit der anderen Hand trinkt er das Pint in einem Zug leer. Er leckt sich die Lippen und sagt: » Während er den Keiler erwürgte, murmelte er Worte in einer fremden Sprache. Sie klang wie teuflischer Singsang. «
    » Wir müssen Emily befreien! «
    » Bei Gott, was ist, wenn er auch sie verhext? «
    » Wir müssen zum Gut. Wir sind Viele, er ist alleine! «
    Die Tür öffnet sich und alle erstarren. Ehrfürchtige Stille macht sich breit. Nicht wenige seufzen, und manches Glas wird auf der Stelle geleert. Man kann die Kerzen knistern hören und den schweren Atem der Erregten. In der Tür steht Clifford Gald. Er nickt, und seine Augen suchen den Raum ab. Er findet einen kleinen Tisch und setzt sich. Er winkt und bestellt eine Schöpskeule, Brot und Bier.
    Noch immer starren ihn alle an, dann beginnt man vereinzelt zu flüstern, hier erzählt jemand einen Witz, dort wird das Spielchen wieder aufgenommen, und schließlich herrscht der normale Lärm einer Schenke.
    Tom Morris bedient seinen Gast mit ausgesuchter Höflichkeit, und Richard stielt sich gebückt die Treppe hinauf, zurück in seine Kammer, wo Nora ihn weiter pflegen wird, oder das tun, was er mag.
    Blackmore blinzelt mit verhangenem Blick zu Gald und beugt sich über sein Bier.
    Gald isst und wirkt behaglich. Er konzentriert sich auf seine Mahlzeit, nur selten blickt er auf. Die dunklen Haare fallen ihm in die Stirn, und seine Schultern werfen einen breiten Schatten. Nachdem er die Knochen abgenagt hat, lehnt er sich zurück und zündet sich eine schmale Zigarre an. Nichts deutet mehr auf die kleine Verschwörung hin, die noch vor einer Stunde im Blue Corner ausheckt wurde. Gald hebt die Hand und winkt Blackmore zu sich. Der zögert, doch dann strafft er sich und geht zu Galds Tisch.
    » Bitte setzen Sie sich « , sagt der große Mann und lächelt.
    Blackmore zieht den Stuhl zurück und folgt der Bitte. Sein Blick schweift durch den Schankraum, und er ahnt, welches Bild er vermittelt. Er sitzt bei seinem Feind. Vermutlich glaubt man ihn unter Galds Bann.
    » Ich habe heute intensiv nachgedacht, Mr Blackmore « , sagt Clifford Gald. » Obwohl ich glaube, dass Sie über stille finanzielle Reserven verfügen, werden diese bei Ihrem Lebenswandel bald aufgebraucht sein. «
    Blackmore grunzt und schweigt.
    » Auch wenn man mir anderes nachsagt, bin ich kein Unmensch « , sagt Gald.
    Blackmore sieht ihn erstaunt an. Viele schielen zu ihnen hin, manche tuscheln.
    » Sie haben verdient, was mit Ihnen geschieht, Blackmore. Sie tragen Verantwortung für Ihre Kinder. Anstatt sich um sie zu kümmern, versaufen Sie Ihren Verstand, was den Tod Ihrer Frau auch nicht ungeschehen macht. «
    » Woher wissen sie ... «
    Gald winkt ab. » Glauben Sie mir, die Trauer hat die Eigenart, sich selbst zu verzehren. Sie verhungert, Mr Blackmore, aber diese Gelegenheit müssen Sie ihr geben. Entziehen Sie ihr die Nahrung. Deshalb gebe ich Ihnen eine letzte Chance. Ich benötige Ihr Gut noch für eine paar Tage, danach können Sie es wiederhaben. «
    Blackmore starrt den großen Mann an, als träume er.
    » Es steht Ihnen nicht zu, denn Sie haben es verspielt. Ich möchte jedoch nicht, dass Ihr Sohn zu einem Verbrecher wird und Ihre Tochter eine einsame, verhärmte Frau. Geben Sie mir noch drei oder vier Tage, dann kehren Sie zurück. Ich werde nicht mehr da sein. Machen Sie das Beste aus Ihrem zweiten Leben. Arbeiten Sie hart und, verdammt, kümmern Sie sich um Ihre Kinder. Sie werden Sie bald genug verlassen und ihr eigenes Leben führen. Das Erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte wonach er die Hand ausstreckt, das Kostbarste, was er im Leben besitzt, ist die Familie. Werfen Sie das nicht weg. Hören Sie auf zu saufen. Werden sie wachsam, und genießen Sie den klaren Verstand. «
    Blackmores Mund schnappt auf und zu. Die Maßregelung missfällt ihm, andererseits kann er kaum etwas sagen, denn Galds Angebot ist nicht nur großzügig, sondern schier unglaublich.
    Der Mann legt eine Goldmünze, viel zu viel, auf den Tisch, wirft sich