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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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den Mantel über, nickt in die Runde und verlässt das Blue Corner .
    Blackmore schiebt den Stuhl zurück und stolpert zum Tresen. Morris glotzt wie ein Frosch, und andere Gäste gesellen sich zu ihm.
    » Was ist los? «
    » Hat er dich bedroht? «
    » Können wir helfen? «
    » Wie kann er es wagen, hierher zu kommen, nachdem, was er getan hat? «
    Blackmore sieht auf. » Ich habe mein Gut verspielt. Es ist nicht seine Schuld. «
    Sie starren ihn an, und Blackmore stellt das Pint auf die Holzbohle. Moody will nachschenken, doch Blackmore winkt ab. Er dreht sich um und geht zu seinem Sohn nach oben. Er will wissen, was wirklich geschah und wie es ihm geht. Niemand sieht, dass er Tränen in den Augen hat.
     
     
    Emily kehrt aus dem Wald zurück. Ihre Hände kleben vor Blut und sie friert, denn es regnet. Auf dem Sattel vor ihr liegt auf einer Decke ein Schenkel des Keilers. Sie steigt vom Pferd und wuchtet das Fleisch in die Küche. Dort schneidet sie das Fleisch in Scheiben. Sie weiß, dass das Fleisch abhängen muss, trotzdem heizt sie die Pfanne an. Ihr Gesicht ist hart und unbeweglich, und trotzig starrt sie auf den kleinen Schnitt am Finger, den sie sich zugezogen hat und nun aussaugt, um einer Entzündung vorzubeugen.
    Sie ist völlig verwirrt. Sie schneidet Zwiebeln und schöpft Entenfett in die Pfanne. Es duftet fein, und das Fleisch zischt im heißen Fett. Sie wird es braten, und dann wird sie es wegwerfen. Sie tut es, damit sie sich beschäftigt, sich ablenkt.
    Er hat mich geküsst und es war schön!
    Gald ist ein grausamer Mann. Um Haaresbreite hätte er ihren Bruder getötet. Er strotzt vor Kraft und nimmt sich, was er will.
    Nein, er war höflich!
    Alles, was man sich über Clifford Gald erzählt, gerät ins Wanken. Wenn sie in seine Augen blickt, sieht sie dunkle Seen, an dessen Boden Schlangen miteinander ringen. Was hat er erlebt, das ihn zu dem machte, der er ist? Warum ist er ihr gegenüber so verhalten, während er ihren Vater erbarmungslos auf die Straße setzte?
    Er ist anders, als alle Männer, die Emily bisher kannte. Nicht, dass sie Erfahrungen hätte, dafür ist sie zu jung. Außerdem ziemt es sich nicht, mehr zu tun, als Händchen zu halten. Schon ein Kuss überschreitet die Grenze der Intimität, die man sich zumuten darf, bevor man verheiratet ist. Es gab einige junge Männer, die ihr schöne Augen machten und stets war es Emily, die ihnen den Laufpass gab. Entweder stanken sie nach Schnaps oder sie waren zu ... einfach. Nur wenige Männer in Bluehaven können lesen, kaum jemand besitzt Bildung, und die wenigsten sehen annehmbar aus. In der Vergangenheit hatte es zu viel Inzucht in dieser Region gegeben und das zeigt sich jetzt. England ist eine Insel. Der Einfluss von außen fehlt und das schlägt sich vor allem im Äußeren der Männer nieder, wohingegen Frauen durchscheinend wirken wie Elfen.
    Emily merkt, dass sie sich in hektischer Betriebsamkeit verliert und möchte am liebsten die Pfanne und das Fleisch aus dem Fenster werfen, aber der Duft ist betäubend und erst jetzt merkt sie, wie hungrig sie ist.
    Soeben stellt sie einen Teller auf den Tisch, als sich die Tür hinter ihr öffnet. Zuerst möchte sie sich umdrehen, und ihren Vater begrüßen, der von der Arbeit zurückkehrt, doch das ist Vergangenheit.
    » Hätte ich das gewusst, wäre mir die Schöpskeule im Blue Corner erspart geblieben « , sagt Clifford Gald. Er füllt den Türrahmen aus. Seine braue Jacke ist feucht vom Nieselregen. Seine Haare glänzen nass. Von den Stiefeln tropft Schlamm. Er blinzelt freundlich. » Ich mache mehr Dreck, als würde der Keiler durchs Haus laufen, nicht wahr? «
    Emily kann nicht anders, sie lächelt.
    » Sie sind eine ganz besondere Frau « , sagt Gald.
    Emily zieht die Brauen hoch. » Deshalb überfallen Sie mich so einfach? Ich glaubte eher, Sie halten mich für eines dieser Mädchen, die einem Mann, der reich ist, ihre sogenannte Liebe schenken. «
    Er lächelt spöttisch. » Ein kleiner Kuss war das, junge Frau. Übertreiben Sie nicht. Nur ein kleiner Kuss. Und ich könnte mir mehr nehmen, wenn ich wollte. « Er nähert sich ihr und sie erstarrt. Er riecht nach nasser Wolle und Schweiß. » Ich könnte Sie erneut küssen. Sie sind eine bezaubernde Frau. Sie sind schwächer als ich, und ich bin der Herr des Hauses. «
    » Kommen Sie mir nicht zu nahe. «
    Er lacht leise. » Das lässt sich nicht vermeiden, wenn wir uns umarmen wollen, oder? «
    » Ich will sie nicht ... «
    » Nein? «

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