Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Er schlingt seine langen Arme um sie. Sie drückt ihre Handflächen gegen seine Brust.
» Du bist wunderbar « , flüstert er.
» Bitte nicht ... «
Er will sie küssen, doch sie dreht den Kopf weg. Liebe Güte, was geschieht hier?
» Du bist mutig, stark und wunderschön, Emily. «
Langsam sucht sie seinen Blick. Sein Gesicht ist ganz ernst. Vergeblich sucht sie nach Spott oder grausamer Überlegenheit.
Er küsst sie, und dieses Mal lässt sie es nicht nur geschehen, sondern öffnet ganz langsam die Lippen, spürt seine Zunge, dann drückt sie sich an ihn, stöhnt leise, und seine Finger streicheln über ihren Rücken. Der Kuss scheint unendlich zu dauern, bis Clifford sich von ihr löst und eine schwarze Locke aus der Stirn streicht. Seine Finger tasten über ihre Wangen, eine Geste, die Emily erschauern lässt. Er könnte mehr machen, jetzt und hier ... viel mehr, aber es sieht nicht aus, als wolle er das. Warum nicht?, fragt sie sich verwegen. Stattdessen nimmt er ihr Gesicht zwischen seine Handflächen und küsst sie erneut. Sie schließt die Augen und überlässt sich seiner Zärtlichkeit. Sie drückt sich an ihn und spürt seine Lust.
» Du bist die erste Frau seit sechzig Jahren, die mein Herz erobert « , sagt er rau.
Was meint er damit? Hat sie sich verhört? Sechzig Jahre? Er selbst ist nicht älter als vielleicht dreißig.
» Ich habe mich dagegen gewehrt und wollte dich und deinen Bruder schlecht behandeln, wollte, dass ihr für euren Vater büßt, denn die Schuld endet nicht mit dem Tod oder mit der Abwesenheit eines Schwachen. Doch vom ersten Augenblick an hast du mich betört, schöne Emily. Du erinnerst mich an Elaine, meine Mutter, oder an Morgaine oder Gwnhwyfar. Starke, schöne Frauen – wie du. «
Sie begreift nicht, was er meint, und legt ihren Kopf an seine Brust. Selbstbewusstsein paart sich mit Lust, ihm zu unterliegen. Soll er ihr seine Kraft zeigen, soll er sie nehmen, denn genau das will er, spürt sie. Sie hat lange genug auf den Richtigen gewartet. Nun muss es geschehen, denn sie will nicht als Jungfer enden. Sie drückt ihn von sich und sieht ihn an. Auf seiner Stirn schimmern feine Schweißtropfen. Mutig knöpft sie sein Hemd auf und legt ihm die Handfläche auf die Brust neben das Amulett. Er seufzt, und sein Atem geht schneller.
» Nimm mich « , flüstert sie und traut ihren eigenen Ohren nicht.
» Aber ... «
» Sage nichts, Clifford. Ich will dich. « Sie greift hinter sich und zieht die Pfanne von der Flamme, damit das Fleisch nicht anbrennt.
» Nicht hier « , sagt er, nimmt sie auf seine starken Arme und trägt sie durch den Flur in seine Kammer.
» Nein! « , ruft sie und erstarrt in seinem Arm. » Hier hat mein Vater geschlafen! «
Verdutzt starrt er sie an. » Bett ist Bett. «
» Es riecht nach ihm, denn hier hat er seinen Rausch ausgeschlafen. Das will ich nicht. «
Clifford lässt sie runter, und sie ordnet ihren Rock und dann die Haare.
» Dann gehe wir zu dir, in deine Kammer « , sagt er.
» Ich glaube, das geht mir zu schnell « , seufzt sie, während ihr Atem schneller geht. » Wir kennen uns kaum und ich weiß nicht, was du mir sagen wolltest. Du hast über Frauen gesprochen und darüber, dass ich die erste Frau bin, die dein Herz nach ... sechzig Jahren erreicht. Das klingt unheimlich. Nach sechzig Jahren? Du machst dich über mich lustig, nimmst mich nicht ernst, so, wie du gar nichts ernst nimmst. « Emily hätte sich am liebsten geohrfeigt. Alles in ihr brennt vor Sehnsucht, und am liebsten würde sie sich das Kleid vom Leib reißen lassen. Sie will ihn fühlen, will endlich wissen, wie das ist, worüber man hinter vorgehaltener Hand tuschelt, weshalb manche Frauen beglückt und viele Frauen unglücklich sind.
Clifford macht einen Schritt zurück. Traurigkeit überzieht sein Gesicht. » Ich habe meine Worte nicht überlegt. Es ist ein Geheimnis, von dem du nichts wissen solltest. «
» Dann teile es mit mir, wenn du auch anderes teilen willst « , sagt sie energisch, und erinnert sich an einen Satz, den ihr hochgeschätzter Shakespeare zur Liebe schrieb: Weise sein und lieben vermag kein Mensch!
» Du hast dich immer in der Gewalt, nicht wahr? « , fragt Clifford. Es klingt wie eine Maßregelung.
» Wenn du das nicht begreifst, lass mich gehen. « Sie dreht sich um, und er fasst sie an die Schulter. Er dreht sie zu sich, zieht sie an seine Brust und drückt sie zärtlich. Er atmet in ihr Haar und murmelt: » Du bist eine
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