Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Mann, mit dem sie jetzt Mitleid empfand.
Das Vibrieren wurde immer stärker, schüttelte ihren Körper und drang in jeden ihrer Knochen, stellte ihre Kopfhaare auf, als sei sie elektrisch geladen und ließ die Fackeln wild flackern. Niemand rührte sich, niemand kümmerte sich um dieses Phänomen.
Als habe jemand ein Tischfeuerwerk entfacht, zischten abermals feurige Tropfen vom Kristall hoch und formten sich zu einer weißen Wolke, die sich emporhob und in Richtung Rita schwebte, ein faszinierender Anblick, der Rita für einen Herzschlag vergessen ließ, dass sie sterben würde.
Es war gespenstisch, nein, fantastisch beschrieb es besser.
Die Hitze in Ritas Körper wurde immer stärker. Sie fror und schwitzte erbärmlich. Noch schmerzte es nicht, noch war es nur ... seltsam, aber wie lange noch?
Sie versuchte abermals, sich aufzubäumen und diesmal gelang es ihr, einen Arm vom Tisch zu heben. Das Vibrieren verstärkte sich , und ihr Arm wurde wie von einer unsichtbaren Hand auf den Tisch zurückgedrückt.
Rita versuchte es wieder und nun konnte sie ein Bein bewegen, den anderen Arm und den Oberkörper etwas. Im selben Moment verstärkte sich die Vibration, die nun so stark war, dass sie den Tisch durchschüttelte und Eissplitter von der Decke platzen, die klirrend niederregneten, ohne Rita oder Peter zu treffen.
Die Zuschauer keuchten, als hätten sie allesamt einen anstrengenden Wettlauf absolviert.
Peter bestrich mit den Fingerspitzen ihren Körper, berührte sie nun, und Schweiß tropfte ihm von der Stirn. Was tat er? Warum lebte sie noch? Hatte er nicht zu ihr hingeschaut? Hatte er nicht ermutigend genickt?
Um Rita verschwamm alles , und sie hatte nur noch einen Wunsch. Sie wollte aufstehen, sie wollte es diesen Narren zeigen, sie wollte stärker sein! Sie wollte diese Ungeheuer vernichten und zuerst diesen fetten, glatzköpfigen Dragus!
Ihre Kräfte kehrten zurück und mit ihnen der Überlebenswille.
Im selben Moment, in dem sie aufzustehen versuchte, steigerte sich das Grummeln der unhörbaren Bassklänge , und sie fühlte sich zurückgedrängt und auf den Tisch gedrückt.
Nun begriff Rita, dass sie kämpfte.
Sie kämpfte gegen die mentale Macht der Sekte, die sich über den Kristall auflöste und im Verhältnis zu ihrer erwachenden Stärke in Vibrationen umsetzte.
Die weiße Wolke schwebte nun in etwa einem Meter Abstand über Rita, senkte sich und umschloss sie mitsamt dem zitternden Tisch. Es sah aus, als lege Peter eine weiche , schwebende Daunendecke über Rita, eine zärtliche Geste, und tatsächlich flutete Ruhe durch Rita, der sie sich für einen Moment der Wärme überließ.
Nun gab es keinen Zweifel mehr. Peter hatte nicht nur genickt, er lächelte auch und nun - blinzelte er! Ja, er blinzelte aufmunternd.
Nur ihr Kopf schaute noch aus der Wolke heraus. Sie schrie. Schrie so laut, wie sie konnte, so laut, dass Gläser zersprungen wären, hätten sich welche in der Nähe befunden , und dieser Schrei vermehrte ihre Kraft. Sie schleuderte ihren Kopf herum und sah vier Dutzend wie angenagelt stehende Menschen, die mit geschlossenen Augen ihre Kräfte gegen Rita donnerten, regelrechte Breitseiten auf sie feuerten und zur anderen Seite hin ein selig lächelnder Dragus, von dessen Stirn eimerweise Schweiß troff, ein Mann, der den Kampf aufgenommen hatte und ihn zu genießen schien.
Sie alle wirkten wie Marionetten, die ein müder Puppenspieler an Haken gehängt hatte. Was sie ausmachte, waren ihre Gedanken, die Schwingungen, die sie in den Kristall sandten und die dieser in Form von höllischen Vibrationen reflektierte. Der Kristall war ein Spiegel ihrer Stärke , und gleichzeitig hatte er die Wolke geformt, die sich über Rita gelegt hatte.
Merkte denn niemand, was vor sich ging? Peter tötete sie nicht, vielmehr lud er sie auf wie eine Batterie.
Rita sammelte alle Kraft und stemmte sich auf den Ellenbogen hoch. Wieder wurde sie zurückgedrängt. Ihr Körper fühlte sich gesund an und stark! Sie war voller Energie, und als die Wolke endlich verwehte, wusste sie, dass Peter ihr seine Macht gegeben hatte, sie mit ihr geteilt hatte, auf eine sonderbare Art etwas mit ihr angestellt hatte, das sie befähigte, gegen Dragus zu kämpfen.
Peter sprang zurück, seine Arme über den Kopf gehoben , und Rita war frei. Sie schwang ihre Beine vom Tisch, taumelte, so sehr schwang der Boden unter ihren Füßen und sah erschrocken, wie sich tiefe Risse durch die Eiswände zogen und die Decke über ihr
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