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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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Blicken. Ihre Gesichter waren leer, hatten aber einen sonderbar glücklichen Ausdruck.
    »Was, was wollen Sie von mir?«, stammelte Grace. Sie hatte das Badetuch bis zum Kinn hochgezogen.
    Das Paar antwortete nicht.
    Grace warf das Handtuch weg, schwang die Beine zur Seite und sprang aus dem Stuhl. Sie stieß sich den Hinterkopf am Sonnenschirm. Sie fluchte und trat vor die Badetasche. Das Paar blieb bewegungslos. Sie kauerten vor Graces Liegestuhl wie Kaninchen. Nun hoben sich die Köpfe. Wie Flammenwerfer sondierten ihre Blicke Grace. Quietschende und rutschende Geräusche ließen Grace herumfahren. Einige der anderen Reisenden erhoben sich langsam und wie in Trance aus ihren Liegestühlen und krochen unter den schützenden Schirmen hervor. Sie stellten sich aufrecht und blieben dort regungslos, wo sie waren.
    Sie alle schienen nur ein Interesse zu haben.
    Sie musterten Grace neugierig.
    Alle zeigten denselben zufriedenen Gesichtsausdruck.
    Den meisten Gästen lief Schweiß vom Körper. Einige, die den schützenden Schatten ignoriert hatten, zeigten erste Anzeichen eines Sonnenbrandes. Es waren durchweg Männer und Frauen zwischen dreißig und sechzig Jahren.
    Grace zog ihre Schultern hoch und richtete sich kerzengerade auf. Mom hatte ihr einmal erklärt, eine aufrechte Körperhaltung würde das Selbstbewusstsein stärken. Also hob sie ihren Kopf. Sie griff die Badetasche, die nach dem Tritt ein wenig zur Seite gekullert war, nahm das Badehandtuch und warf es sich über die Schulter. Es war an der Zeit, einmal so richtig cool zu sein.
    Sie setzte Schritt vor Schritt. Ein dicklicher Mann vertrat ihr den Weg. Unbeirrt ging Grace weiter. Sie ließ den Pool zu ihrer Rechten liegen und schritt dem schwitzenden Mann entgegen.
    Soeben wollte Grace ihn bitten, den Weg freizugeben, als er in letzter Sekunde zur Seite trat. Während Grace an ihm vorbei schritt, hätte sie um Haaresbreite die Badetasche aus den rutschigen Fingern gleiten lassen. Der Mann hatte ein leichte Verbeugung angedeutet. Ebenso nickten ihr die anderen Touristen zu.
    Was ist geschehen? Bin ich - ohne es zu wissen - über Nacht berühmt geworden?
    Sie spazierte über das Deck in Richtung Bar. In ihr rumorte eine seltsame Mischung aus Faszination und Grusel. Sie verharrte einen Moment und blickte zurück. Der dickliche Mann lächelte sie strahlend an. Seine Lippen formten ein Wort. Er wiederholte es. Grace spitzte die Ohren. Sie konnte nichts verstehen. Auch die anderen starrenden Mitreisenden bewegten nun ihre Münder. Sie alle bewegten ihre Lippen wie im Gleichtakt. Sehr leise und wispernd formulierten sie immer wieder dieselben Buchstaben.
    War es der Wind, der das Flügelschlagen eines Reihers herübertrug? War es das wischende Geräusch eines Taues, das die Segel der Feluke reffte? Waren es die Wellen, die sich am Rumpf des Nilschiffes brachen? Waren es die raschelnden Gräser, die sich in der milden Brise bogen? Oder waren es Stimmen, die immer wieder dasselbe Worte flüsterten, unhörbar eigentlich und doch schwingend wie ein geheimnisvoller Harfenton, der die Nacht zum weinen bringt?
    Grace war sich nicht sicher.
    Aber sie hörte.
    »Sephrete - Sephrete – Sephrete ...«

 
    Zuerst traute Linda ihren Augen nicht.
    Wenn ich jetzt schreie, wird Brad mich vollends für verrückt erklären!
    Also schwieg sie und sah hilflos zu, wie sich an jeder Schulterseite erst drei, dann vier, dann fünf Finger bereit machten, Brad zu greifen. Sie krümmten sich, um den Mann nach hinten aus dem Fenster zu ziehen. Und Brad stand dort, ahnte nichts und sah sie traurig und nachdenklich an. Greif ihn dir, Maskenwesen! Dann wird er mir glauben! , dachte Linda trotzig. Im selben Moment erkannte sie, wie blödsinnig dieser Gedanke war.
    Brad war in großer Gefahr.
    Sie öffnete ihren Mund, wollte etwas sagen, wollte ihm zu Hilfe eilen ... und stand wie angewurzelt in der Kabine.
    Brad, dem aufgefallen war, dass mit ihr etwas nicht stimmte, trat einen, dann noch einen Schritt auf sie zu. Seine Hände legten sich auf ihre Schultern. Gott sei Dank war er weg vom Fenster.
    Wieder versuchte Linda, Worte zu formen, doch es kam nicht viel mehr als ein unartikuliertes Stöhnen über ihre Lippen. Zum ersten Mal in ihrem Leben erkannte sie, was es bedeutete, vor Angst wie versteinert zu sein.
    Dieser Zustand besserte sich nicht, als sie begriff, was nun geschah. Wieder war da die goldene Maske mit den schwarzen Augen. Nur diesmal war kein schützendes Glas zwischen ihnen. Das

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