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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Gesicht in der dritten Reihe hängen. Der Junge hatte Gallaghers Augen, seine Wangenknochen und seinen Haaransatz. Aber er hatte einen Überbiss der unteren Frontzähne, und seine Schultern waren hochgezogen wie die Schulterblätter eines Straßenköters, der entschlossen ist, den Mann anzugreifen, der ihn schlägt. War das Danby?
    Das dritte Foto zeigte Monsignore McColl vor seiner Kirche im Dschungel von Guatemala. Gallagher sah sich ein älteres Mädchen genauer an, das neben dem Priester stand. Sie mochte vierzehn, vielleicht fünfzehn Jahre alt sein, war sehr hübsch und hatte etwas Trauriges an sich, das ihn an Andie erinnerte. Ob dieses Mädchen Angel war?
    Gallagher ließ den Kegel der Lampe von den Fotos weg über Tonschalen gleiten und schließlich auf den leeren Ständern ruhen, wo die beiden Male, als er sich im Büro des Priesters aufgehalten hatte, eine Machete ausgestellt gewesen war.
     
    Es war Viertel nach vier, als Gallagher zu seinem Wagen zurückkehrte. Das leere Grab, der Riss auf dem Bild, das Bergsteigerfoto und die fehlende Machete. McColl war der Killer, er war Charun. Die Beweise waren zu erdrückend, um Zufälle zu sein. Gallagher hielt an einer Telefonzelle neben einem Laden und wählte.
    »Hallo?«, antwortete eine schläfrige Stimme.
    »Pat Gallagher am Apparat. Mir wäre allerdings lieber, Sie würden meine Informationen als anonymen Hinweis betrachten.«
    Lieutenant Bowman stöhnte ins Telefon. »Wovon reden Sie? Es ist halb fünf Uhr morgens!«
    Er berichtete, was er außerhalb und innerhalb des Pfarrhauses gefunden hatte.
    »Sie gestehen hier einen Einbruch, Mr. Gallagher«, herrschte Lieutenant Bowman, jetzt ganz wach, ihn an. »Das ist ein schweres Vergehen.«
    »Das ist mir egal«, antwortete er. »Dieses kranke Schwein hat die Frau, die ich –«
    »Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?«, unterbrach ihn Bowman.
    »Lassen Sie ihn sofort steckbrieflich suchen. Stellen Sie das Pfarrhaus auf den Kopf. Lassen Sie jeden Polizisten im Staat Vermont nach ihm fahnden!«
    »Nun mal langsam! Was hätte er denn für ein Motiv?«
    Gallagher nahm den Telefonhörer ans andere Ohr. »Er vertuscht Pater D’Angelos Beteiligung am Tode von Sarah Many Horses, denn die tatsächliche Geschichte würde das Ende der Aussichten auf Heiligsprechung für D’Angelo bedeuten. Er spiegelt vor, ein psychotischer Serienmörder zu sein, um Sie davon abzulenken, was er wirklich ist: ein kaltblütiger, rationaler Killer. Er benutzt die Charun-Geschichte als Tarnung.«
    »Als Tarnung?«, meinte Bowman skeptisch. »Reicht das denn als Motiv aus?«
    »Ich glaube, es reicht für einen Fanatiker, dessen Tante von Pater D’Angelo gerettet wurde.«
    Lieutenant Bowman stimmte schließlich zu. Aber nur halbherzig. Sie würde noch mehr Beamte auf McColl ansetzen, und sie würde einen Richter bitten, einen Durchsuchungsbefehl für das Pfarrhaus auszustellen. Dann schärfte sie Gallagher ein, nicht noch in weitere Pfarrhäuser einzubrechen, und legte auf.
    Die Dämmerung zog herauf. Am Himmel brodelten von Osten her turmhohe Gewitterwolken gegen den Lawton Mountain. In dem Augenblick, in dem sie den Gipfel erreichten, trafen sie auf die aufgehende Sonne, und der Himmel verfärbte sich zu einem tiefen, beunruhigenden Rot.
    Gallagher fuhr im Schneckentempo Richtung Norden durch die erwachende Stadt und versuchte, in den Gesichtern der Bürger von Lawton eine Erklärung für das Gefühl zu finden, das ihm wie eine Schlinge den Hals abschnürte. In der fahlen Morgendämmerung hatten die verchromten Scheinwerfer auf dem hochgelegten Ford-Pick-up, den Bernie Chittenden auf den engen Parkplatz hinter dem Otterslide General Store lenkte, einen unheimlichen Glanz.
    Andies Schrotflinte schien wie von selbst in seine Hände zu gelangen, und bevor Gallagher überhaupt nachdenken konnte, war er aus dem Wagen heraus- und hinter Chittenden geglitten, während der mit dem Vorhängeschloss an der Hintertür des Ladens beschäftigt war. Der Lauf der Flinte berührte den Ladenbesitzer hinter dem linken Ohr, worauf der herumfuhr und direkt in die Flintenmündung blickte.
    »Was zum …«
    »Warum haben Sie versucht, Andie Nightingale und mich von der Gorm-Ridge-Straße abzudrängen?«, fragte Gallagher.
    »Sie sind ja verrückt!«
    »Ganz genau, das bin ich«, antwortete Gallagher und grinste, als sei er ausgeflippt. Er drückte Chittenden die Gewehrmündung an die Nasenspitze und legte den Sicherheitsbügel um. »Jetzt sagen Sie schon

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