Mystic
in den Bodenraum, und sie erinnerte sich dunkel daran, hochgetragen worden zu sein. Wolken von Moskitos umsummten sie im Dämmerlicht. Schwarze Fliegen hingen um ihre Augen, krochen ihr in die Nase und bissen sie. Sie stöhnte, schnupfte und rollte sich auf den Rücken, um sie loszuwerden.
Der Dachfirst war an mehreren Stellen eingebrochen und ließ bemooste Schindeln sehen. Darüber ballten sich Gewitterwolken zusammen.
Mit einiger Anstrengung schaffte Andie es, sich aufzusetzen und mit dem Rücken gegen einen der Pfosten zu lehnen, die das Dach trugen. Sie beugte sich vor und versuchte, über die Kante des Bodens in den Raum darunter zu sehen. Große blaue Stoffbahnen hingen vor den Fenstern. Ein narkotisierender Rauch, pilzähnlich säuerlich, waberte in den Schatten.
»Es wird Sommer, und du bist wieder unter den Lebenden, Persephone«, raunte eine tiefe Stimme direkt hinter ihrer Schulter.
Andie schrie in ihren Knebel hinein. Er kroch um sie herum in ihr Blickfeld, und sie schrie erneut.
Sein Oberkörper war nackt, dunkelbraun gebrannt und rasiert. Ringe waren durch seine Brustwarzen gepierct. Verschmiertes Blut von Insektenstichen bedeckte seine verschwitzte Haut und die hervorstehenden Muskelpartien. Er trug weite Tarnhosen und die Stoffhaube, die seinen Kopf bis auf die Schultern bedeckte wie die Kapuze eines Henkers. Durch die Schlitze in der Haube glänzten seine Augen wie Muschelschalen in einem roten Meer. Seine Lippen wirkten bläulich und grausam.
»So sehr lebendig«, sagte er mit einer rauen, unbekannten Stimme. »Doch bald werde auch ich wiedergeboren werden. Ich kann mit dir gehen, Angel. Ich verfüge jetzt über die Zeremonien der Squaw! Der Alte hat mich nicht angelogen. Vater hat auch nicht gelogen. Wir bringen es jetzt zu Ende und gehen zusammen ans andere Ufer, süße Persephone!«
Seine Hand glitt zwischen seine Beine, und seine Lippen verzogen sich zu einem lustvollen, entzückten Lächeln. »Erinnerst du dich noch? Du und ich, Angel! Ganz so wie früher! Aber diesmal werde ich auch mit den Geistern tanzen. Es gibt noch einen anderen Weg! Ich hab dir ja gesagt, dass es wahr ist.«
Andie erschauerte und schluckte. Sie rang sich einen Blick voller Sympathie und Verständnis ab und richtete ihn auf das Monster. Seine Augen flackerten, blieben aber fest auf die ihren gerichtet. Er presste seine Hand hart gegen sein Geschlecht.
Mit einer zarten Bewegung ihres Kinns gab sie ihm zu verstehen, dass er ihr den Knebel aus dem Mund nehmen sollte. Er zögerte, glitt dann neben sie, und sie sah den Tomahawk dicht vor sich. Er bewegte ihn vor ihren Augen hin und her, eine Klinge aus geschärftem Obsidian, die in die gespaltenen Beinknochen eines Tieres geklemmt und mit Sehnen festgeschnürt worden war. Ein primitives Beil. Eine Indianerwaffe.
»Niemand wird dich hören, wenn du schreist«, sagte er heiser. »Verstehst du?«
Andie nickte und versuchte, dankbar zu erscheinen. Seine freie Hand stieß auf sie herunter wie eine Schlange und riss ihr mit einer einzigen brutalen Bewegung das Klebeband ab und den Knebel aus dem Mund. Er glitt mehrere Schritte zurück und setzte sich auf japanische Art auf seine Waden nieder. Andie befühlte ihren schmerzenden Kiefer, dann krächzte sie: »Wasser.«
Eine lange Zeit verging, ohne dass er sich rührte. »Bitte, Charun«, krächzte sie. »Deine Angel braucht Wasser.«
Er legte den Kopf schief und sah sie aufmerksam an. Dann langte er hinter sich und holte eine schmutziggrüne Wasserflasche aus dem Schatten. Ein zweites Mal glitt er auf sie zu, griff mit der Hand in ihr Haar und riss ihren Kopf nach hinten. Das Wasser rann in ihre Kehle. Sie verschluckte sich, hustete und schluckte wieder.
Als sie genug getrunken hatte, ließ er den Flaschenhals einen Zollbreit unter ihre Unterlippe sinken und bewegte den Strahl von rechts nach links über ihr Kinn. Das Wasser lief über ihren Hals hinunter und tränkte die gelbe Bluse über ihren Brüsten. Seine Augen verschlangen sie.
Sie holte tief Luft, als wollte sie von einem hohen Felsen in einen Abgrund springen, und schob ihre Brust nach vorn auf ihn zu. »Gefallen dir Angels Brüste?«, flüsterte sie.
Die toten Augen sprangen von ihrem Gesicht zu ihrer Brust und wieder zurück. Er stellte die Wasserflasche nieder, und seine Hand kam näher und wog das Gewicht ihrer linken Brust. Sein Atem ging keuchend und erregt. Seine Hüfte schob sich vor und presste sich gegen ihren Arm. Vor ihren Augen begann sich alles
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