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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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zu ihren Arbeitsplätzen: Dienstmädchen oder Frühstücksköche. Eine von ihnen, eine junge Frau, sah Gallagher vorbeifahren. Als er sein Tempo verlangsamte, flog ihre Hand vor den Mund, und sie lief in die andere Richtung davon. Beide Verkäufer der Nachtschicht im Lawton-Minimart, wo er auf einen Kaffee hielt, hatten Pistolen in ihren Gürteln stecken. Es war, als habe ein böser Geist das Provinzstädtchen zu Angst und Misstrauen verdammt. Drüben an der Whelton Lane erhellte gelbes Scheinwerferlicht die Fassade und den Turm der St.-Edwards-Kirche. Gallagher parkte in einer Seitenstraße des Pfarrhauses, schlich hinter die Kirche und kletterte über die Gartenmauer. Der Geruch nach frisch umgegrabener Erde lag in der Luft, als er sich auf Monsignore McColls Wohnhaus zubewegte. Das Vogelbecken mit der kleinen Pferdestatue lag umgestürzt neben einem gähnenden Loch im Boden.
    Gallagher schlug das Herz bis zum Hals, als er neben dem Loch kniete. Er machte die Kopflampe an, die er normalerweise benutzte, wenn er nachts Braunforellen angelte. Sie hatte eine rote Linse, die die fressenden Fische nicht störte. Die Grube war ungefähr zwei Meter lang, einen Meter breit und zwei Meter tief. Ein Grab.
    Unter der Veranda gab es eine Tür zum Keller. Ein leichter Schlag auf eine gesprungene Scheibe am Türfenster, und Gallaghers Hand war durch und am Türgriff. Spinnweben wehten und legten sich auf seine Wange, als er an der Heizung vorbei auf acht hohe Aktenschränke zuging. Zehn der Schubladen waren Pater D’Angelo gewidmet. Alle waren verschlossen.
    Er überlegte, ob er sie aufbrechen sollte, entschloss sich jedoch dagegen; er hatte keine Zeit, nach Anhaltspunkten für Many Horses’ Tod zu suchen. Sarah war offensichtlich kurz vor ihrem Tod mit D’Angelo zusammengetroffen und hatte ihm von Joshua Danbys Drohung erzählt, sie umzubringen, wenn sie dem Scharlatan-Spiritisten nicht beibrachte, wie man mit den Toten in Kontakt trat. Charuns Morde standen mit dem Mord an Sarah vor einem Jahrhundert in Verbindung, da war Gallagher sich jetzt ganz sicher. Doch konnte es Tage dauern, sich durch die Schubladen von Material zu arbeiten, um die Beweise zu finden.
    Andie hatte nicht tagelang Zeit. Sie hatte höchstens ein paar Stunden, wenn nicht weniger.
    Außerdem musste Gallagher andere, schneller verifizierbare Verdachtsmomente überprüfen. Er schlüpfte die Treppe zum Korridor im Erdgeschoss hinauf. Der Strahl seiner Lampe fiel auf das beschädigte Gemälde von Pater D’Angelo. Mit ein wenig Anstrengung gelang es ihm, das schwere Bild von der Wand zu heben. Der Riss in der Leinwand an der Hüfte des Priesters hatte nicht aufgehört, ihn zu beschäftigen, seit er erfahren hatte, dass Pater D’Angelo Sarah Many Horses gekannt haben musste. Vielleicht war das Loch im Bild weder ein Unfall noch ein zufälliger Akt von Vandalismus. Vielleicht war er bewusst in das Gemälde gerissen worden.
    Was tragen Priester an der Hüfte?, fragte sich Gallagher, während er den rückwärtigen Schutz des Bildes abzog, um mit der Lampe von hinten das Loch anzuleuchten.
    »Ich hab’s doch gewusst!«, flüsterte er. Die Leinwand war nicht mit einem Messer aufgeschlitzt worden, wie Monsignore McColl angedeutet hatte, sondern war mit einem schmalen, stumpfen Gegenstand wie der Spitze eines Stocks oder einem Besenstiel durchstoßen worden. Steife Leinwandfetzen hingen, nach innen gebogen, vom Loch weg. Er bog die Leinwandfetzen vorsichtig zusammen, drehte das Bild wieder um, stellte es gegen die Wand und bückte sich, um es genau zu betrachten. Die Perlen eines Rosenkranzes hingen von einem Gurt an des Priesters Hüfte. Am Ende des Rosenkranzes war ein kleines goldenes Kruzifix befestigt, verziert mit einem roten Edelstein.
    »Pater D’Angelo hatte einen Teil des Tagebuchs«, flüsterte Gallagher. »Das heißt, auch Monsignore McColl hat einen Teil des Tagebuchs.«
    Jetzt schlich Gallagher den Gang hinunter zum Arbeitszimmer des Priesters. Quietschend öffnete sich die Tür. Der Strahl der Kopflampe glitt über die Bilder an der Wand hinter seinem Schreibtisch und blieb auf dem Foto des Priesters beim Bergsteigen in den Anden hängen. Er trug darauf ein Bergsteigerseil über der Schulter und Bergsteigerhaken wie die, die sie an David Nyrens Fenster gesehen hatten.
    Er ließ den Strahl der Lampe über ein anderes Foto gleiten, das Bild mit den Waisen aus Hennessy House. Reihenweise Jungengesichter. Zum zweiten Mal blieb Gallaghers Blick an einem

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