Mystik des Herzens
aufnehmen wollen, dann suchen wir zuerst die Stille auf, eine Klausur, eine Klause, die auch unser Zimmer sein kann oder ein ruhiger Ort draußen in der Natur, und werden selber still. Wir lassen uns in dieser Zeit, die nicht zu kurz sein soll, durch nichts ablenken, von nichts, was »draußen« los ist, stören oder umtreiben, sondern versuchen in der Stille zu bleiben, bis wir wirklich »da« sind, präsent sind, bis wir uns selber spüren. Von da an können wir uns allmählich immer mehr tragen lassen, getragen und umfangen fühlen von einem größeren Leben. Ich spüre dieses größere Leben in mir, das ich nicht selbst steuern muss, indem ich auf meinen Herzschlag, den Atem, den Puls achte. Hier lebt das Leben in mir, ohne dass ich etwas dazu oder dagegen tun kann, ich bin umfangen von einem größeren Leben. Dieses größere Leben erfahre ich auch um mich herum: im Wind, im Licht, in den lebendigen Stimmen der Vögel, der Tiere und der Menschen, die ich um mich höre. Hieraus kann eine Erfahrung von Zugehörigkeit kommen, von Geborgenheit, auch von größerer Freiheit.
Mit Teresa können wir aus solchen Zeiten der Stille, denen sie eine gewisse Regelmäßigkeit wünscht, eine große Kraft zum Handeln und Wirken in der Außenwelt gewinnen, dazu den »Geschmack am vollen Leben«. Wenn Stilledem Fasten entspricht, dann das Wirken in der Welt dem Rebhuhn als köstliche Speise.
Teresa wiederum hat, wie wir hörten, auch die Freiheit, in hingegebener Arbeit im Alltag, sei es mit den Kochtöpfen oder mit Menschen, die Chance solcher Ganzheitserfahrung gesehen: Sie zwingt keinem die Erfahrung der Stille als lebensnotwendig auf, sie weist nur darauf hin, wie groß die Chance ist, in der Stille ganz Neues zu erfahren.
Zweite Übung:
Teresas bildhafte Vorstellung, einen inneren Garten, einen »Seelengarten« gleichsam anzulegen, eignet sich besonders gut zum ersten Einsteigen in solche spirituelle Imagination und kann doch bald in große Tiefen der Erfahrung führen.
Zuerst also stelle ich mir vor, einen Garten anzulegen. Dabei merke ich vielleicht sogar, dass er schon in mir angelegt ist und dass ich ihn nur bewusster betreten und bearbeiten kann.
Gleich stellt sich die Frage der Bewässerung, ein Garten muss ja regelmäßig begossen werden, besprüht, besprengt, damit er Wachstum hervorbringen kann.
Da Garten und Bewässerung beide symbolisch für einen Raum und einen Vorgang in meinem Innern stehen, reicht es bereits, mir die »Bewässerung« meines »Gartens« genauer auszumalen und vorzustellen, um auch innerlich etwas in Bewegung zu bringen. Ich kann das entweder mit Hilfe von Notizen oder auch mit Hilfe bildnerischer Gestaltungsmittel tun, indem ich diesen Garten und alles, was zu ihm gehört, was ich anpflanzen und verändern möchte, male.
Als zweiten Schritt regt Teresa an, Eimer um Eimer voll Wasser aus dem Brunnen zu ziehen und das, was bereits wächst, zu begießen, Gießkanne um Gießkanne. Das istanfangs mühsam und ungewohnt, aber unabdingbar. Durch Weiternotieren und Weitermalen, und indem ich mir klarmache, welche Vorgänge das Begießen der einzelnen Pflanzen psychisch und spirituell bedeuten mögen, begieße ich gleichsam meine inneren Möglichkeiten und rege das weitere Wachstum an.
Im Laufe der Zeit muss ich nicht mehr jeden Eimer einzeln aus dem Brunnen schöpfen, aus der Tiefe der Seele oder aus dem »Brunnenquell aller Gnaden«, sondern ich gewinne eine gewisse Übung im Bewässern und komme, mit Teresa, auf die Idee, mir ein Schöpfrad anzuschaffen, das viele Eimer zugleich aus der Tiefe holen kann. Ich imaginiere und male solch ein Schöpfrad, verbinde es mit der Wasserquelle, dem Wasserbehälter und kann nun schon reicher bewässern, besser bewässern. Ich stelle mir vor, wie das im einzelnen geht. Ich stelle mir jetzt auch vor, was solch ein Schöpfrad in meinem inneren Leben wäre, ob es regelmäßiger Besuch eines Kurses, das Erlernen einer bestimmten Methode, das Kennenlernen, eines meditativen Meisters ist, noch immer trage ich die Gießkanne zu jeder Pflanze, aber ich weiß nun schon, wo ich immer wieder Wasser bekommen kann.
Schließlich gewinne ich mit Teresa so große Erfahrung mit der Bewässerungsmöglichkeit meines Seelengartens, dass ich die nahen Bäche, die da überhaupt schon fließen, in meinen Garten leite und jetzt ein hochwirksames Bewässerungs-System mit vielen Kanälen gewinne, die an das lebendige Wasser der größeren Natur angeschlossen sind. Jetzt
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