Mystik des Herzens
Karmel-Kloster der Niederlande und dann, als auch dies sich als gefährlich erwies, Zuflucht in der Schweiz zu finden.
Auch für uns kann es eine Übung sein, uns um unseren eigenen Schutz zu bemühen, uns nicht Gefahren auszusetzen, die uns umbringen können und doch die Dinge, denen wir dienen wollen, nicht unbedingt voranbringen würden.
Zweite Übung:
»Doch nicht wie ich will, sondern wie Du«, so betete Jesus in Gethsemane. Es kann geschehen, dass das Schwere unvermeidbar, unentrinnbar wird, schicksalhaft. In der Vorstellung eines »Schicksals« steckt auch heute noch, dass einem da etwas »geschickt« wird. Von wem aber? Es vermag einen aufzufangen wie nichts anderes, wenn einem – wie noch Edith Stein – eine personale Vorstellung von Gott, eine personale Beziehung zu Gott gegeben ist. »Nicht wie ich will, sondern wie Du«, kann man da sagen, und das Schicksal als »Kelch« aus größeren Händen entgegennehmen als aus denen der Menschen, die es einem in Hass bereiten, wie zum Beispiel die Schergen eines Terrorsystems.Bei dem Versuch, das Schicksal aus den Händen eines göttlichen Du entgegenzunehmen, gewinnen wir eine unüberwindliche Freiheit. Auch bei a-personaler und transpersonaler Vorstellung des Lebenszusammenhangs wie im Buddhismus, die der Weltsicht vieler Menschen heute entspricht, könnte es möglich sein, das persönliche Lebensund Leidensschicksal über die direkten Verursacher hinauszuheben und in einen größeren Lebenszusammenhang zu stellen, um es von dort her anzunehmen zu versuchen. Nur Angenommenes, und sei es noch so schwer, kann verwandelt werden. Und um Verwandlung des Schicksals als persönlichen Beitrag zur Verwandlung der Welt ist solche »Kreuzeswissenschaft« zu sehen. Da es unabdingbar ist, die großen und tragischen Dimensionen des Lebensschicksals der Edith Stein nicht zu verwischen, kann es für uns nicht um eine Identifizierung, sondern allenfalls um eine analoge Einstellung zu unserem eigenen Schicksal gehen: es annehmen zu lernen aus den größeren Händen des Lebens selbst, das uns umfasst und dem inneren Ziel entgegenträgt, auf das wir angelegt sind. Nur was angenommen wird, kann uns verwandeln. Damit wird dieses Schicksal, welches es auch sei, selbst gewandelt.
Versuchen wir im Sinne des großen jüdischen Philosophen Spinoza eine Übung im »amor fati« , in der »Liebe zum Schicksal« zu gewinnen. Zuvor gilt es zu erkennen, wo in meinem Leben das Schicksalhafte, das unabweisbare Leiden liegt. Es wäre niederzuschreiben oder auch als Bild zu gestalten, finden wir die eine oder andere Farbe dafür, sprechen wir mit diesem Schicksal wie mit einem Du und schreiben wir diesen Dialog nieder.
Zu Dorothee Sölle:
Wenn ich Dorothee Sölles Gedanken mitvollziehe, dass »das Leben selbst«, dass »Gott« mich »geträumt« haben könnte: Wie könnte sein »Traum von mir« ausgesehen haben?
Ich versuche, Gottes Traum von mir, soweit ich ihn erahne, von dem, was ich sein und werden könnte, mir vorzustellen und niederzuschreiben.
Ich füge hinzu, was ich von »Gottes Traum« vielleicht in meinem Leben schon verwirklichen konnte und was ich noch verwirklichen möchte.
Ich versuche, »Gottes Traum« von mir weiter zu träumen, weiter zu imaginieren.
Erste Übung:
Um Dorothee Sölles weitere Vorstellung, dass ich »Gottes Baum« sei, »gepflanzt an den Wasserbächen des Lebens«, nachzuvollziehen, kann ich versuchen, mich als »Gottes Baum« zu malen, der nahe an Bächen voll lebendigem, strömenden und sprudelnden Wassers steht und von ihnen gespeist wird. Beim Imaginieren und Malen kann ich mich selbst als dieser Baum fühlen, der von den Kräften »des Lebens selbst« erfrischt, ernährt und zu immer neuem Wachstum angeregt wird. Ich fühle, wie dieser Baum seine Wurzeln ausstreckt und die Säfte und Kräfte des Lebens aus dem Boden saugt, hinauf in Stamm und Äste, Zweige und Blätter. Er kann und wird, wie es in Psalm 1 heißt, »Frucht tragen zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht«. – Ich versuche, diesen Gedanken des Psalms auf mein Leben anzuwenden.
Ich vollziehe Dorothee Sölles Gedicht nach, in dem sie mit einem Baum spricht, über die Jahreszeiten der Natur und des darin eingebetteten Menschenlebens, spreche mit ihm über sein Baumleben und über mein Menschenlebenmit Blüte, Fruchtbarkeit, Herbststürmen und Vergänglichkeit. Auch ich versuche ein Gespräch mit einem Baum, der mich dazu einlädt, weil er mich irgendwie anspricht durch
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